Lohbrügge. Die Awo kündigt nach 22 Jahren die Trägerschaft, weil ihr Eigenanteil immer höher wird. Woran das liegt.
Die Überraschung war groß: Im nicht öffentlichen Teil sprach der Bergedorfer Jugendhilfe-Ausschuss über diese plötzliche Kündigung. Nach nunmehr 22 Jahren hat die Arbeiterwohlfahrt (Awo) ihre Trägerschaft für das Projekt Mobilo gekündigt. Zum 30. April soll es das mobile Kinderprojekt Lohbrügge nicht mehr geben – jedenfalls nicht unter den aktuellen finanziellen Voraussetzungen.
„Wir sehen uns bedauerlicherweise zu diesem Schritt gezwungen, denn von Jahr zu Jahr steigt unser Eigenanteil. Das kann ein Verband, der nicht gewinnorientiert arbeitet, irgendwann nicht mehr querfinanzieren“, begründet Awo-Sprecher Frank Krippner. Zuletzt hatte das Bezirksamt eine Zuwendung von jährlich 93.500 Euro vorgeschlagen – das reiche aber nicht aus, um die beiden Teilzeitkräfte und zwei Studenten auf Honorarbasis zu bezahlen, betont die Awo.
Aktionen mit dem Spielmobil zwischen den Hochhäusern
War das Projekt 1990 ursprünglich als Prävention gegen nationalsozialistisches Gedankengut bei Jugendlichen gedacht, ist das Spiele-Angebot längst zum Treff für Sechs- bis 14-Jährige geworden, die daheim nicht immer fürsorglich betreut werden. Und weil es in Lohbrügge zwar einen Jugendclub gibt, aber kein bezirkliches Spielhaus mehr.
Und so hält das Spielmobil wöchentlich an der Flüchtlingsunterkunft Am Bünt sowie auf den Spielplätzen an der Korachstraße und am Otto-Schumann-Weg – hinter den Hochhäusern eben. Nach Awo-Angaben kommen im Winter jeweils bis zu 15, im Sommer sogar bis 50 Kinder vorbei. „Diese Betreuung ist eine staatliche Aufgabe, die eigentlich vollfinanziert werden müsste“, sagt auch Andreas Pilot aus dem Betriebsrat des Wohlfahrtsverbandes – und hofft, dass man sich mit dem Bezirksamt noch einigen werde: „Das Projekt muss unbedingt weitergehen, aber anders finanziert werden.“
Amt will noch Gespräch mit der Awo führen
Unterdessen gibt sich Bergedorfs Jugend- und Sozialdezernentin schmallippig, die Kündigung sei ja noch „recht frisch“, man werde zunächst den formalen Vorgang bearbeiten: „Das Mobilo ist ja nicht gleich morgen zu, wir werden noch einmal ein Gespräch mit der Awo führen“, sagt Sabine Steffen.
Sie diskutierte mit den Jugendhilfe-Politikern auch darüber, ob eine inhaltliche Neuausrichtung des Angebotes notwendig sei – und ob die Mitarbeiter tatsächlich eine gute, pädagogische Grundlage haben. Denn deren Qualifikation ist nicht unbedingt eine studierte – „ist doch auch klar, wenn wir die Stelle immer nur auf ein Jahr befristet anbieten können und das Personal jedes Mal zittern muss“, sagt Frank Krippner: „Wichtige Projekte bleiben leider zuwendungsfinanziert, das ist uns ein Dorn im Auge.“
Auch Jungentreff Plus wünscht eine Regelfinanzierung
Ein solches Projekt ist auch der Jungentreff Plus der Awo, der seit 2017 von Eike Möller geleitet wird, die sich am Billebogen um geflüchtete junge Männer kümmert: „Wir haben durchschnittlich 50 Stammnutzer zwischen 16 und 25 Jahren. Erst waren es Syrer und Kurden, heute sind es vorwiegend Afghanen, die sich inzwischen gut integriert haben“, sagte sie im Jugendhilfe-Ausschuss – und wünscht sich endlich auch hier eine Regelfinanzierung.
Grünen-Politiker Heribert Krönker pflichtet ihr bei: „Das ist eine Erfolgsstory von Integration. Leider tut sich die Sozialbehörde mit einer Verstetigung sehr schwer.“ Dezernentin Sabine Steffen winkt ab: „An eine grundsätzliche Verstetigung ist nicht gedacht. Aber bis 2024 sollten solche Projekte soweit gesichert sein.“ stri