Bergedorf. Der Bergedorfer Luftbildfotograf sorgt für ein Motiv aus Lübeck in der Serie “Deutschland von oben“. Sein Heimatflughafen ist Boberg.
Manchmal braucht es Distanz, um wirklich zu erkennen, ob etwas Zukunft hat. Das gilt für manche Beziehung ebenso wie für die große Politik - und eben auch für die Formen menschlichen Zusammenlebens. Das sagt jedenfalls Holger Weitzel. Und er muss es wissen, denn der 63-jährige Neuallermöher ist seit fast 50 Jahren begeisterter Segelflieger und fast ebenso lange passionierter Luftbildfotograf. Spezialgebiet: menschliche Siedlungsformen und moderne Stadtentwicklung.
"Von oben kann ich erkennen, ob es den Menschen da unten gut geht", sagt der Vermessungsingenieur, der so auch einen kritischen Blick auf seinen Berufsstand pflegt. "Längst nicht jedem Städtebau gelingt der richtige Mix aus guter Nachbarschaft, persönlichem Freiraum und ausreichend Platz für die Erholung der späteren Bewohner. Aus der Vogelperspektive ist das nicht zu übersehen."
Eigene 60-Cent-Briefmarke in Deutschland-Serie
Ein aus Weitzels Sicht besonders gelungenes Beispiel hat es jetzt sogar zum Briefmarkenmotiv gebracht. Am Donnerstag, 7. Januar, erscheint sein Luftbild vom Lübecker Neubaugebiet Bornkamp als Sonderpostwertzeichen der Serie "Deutschland von oben" in Form einer 60-Cent-Doppelmarke. Wie kleine Haufendörfer an einer Perlenkette ziehen sich die in Kreisen angeordneten Einzelhaussiedlungen, jeweils benannt nach Ostseeinseln, an ihrer geschwungenen Verbindungsstraße mit dem Namen Kadetrinne entlang.
"Das ist den alten Rundlingsdörfern im Wendland nachempfunden. Für mich eine der schönsten Siedlungsformen", lobt Holger Weitzel die Lübecker Planer für den 2012 bezogenen Stadtteil. Sie hatten die Einbindung der Siedlung in die Landschaft zur Maxime erklärt, um so einerseits Flora und Fauna zu schützen, andererseits Naherholung und Naturerleben in unmittelbarer Wohnumgebung zu bieten.
Fundstücke wie diese gibt es viele auf Holger Weitzels Homepage www.aufwind-luftbilder.de, wo neben einigen Auftragsarbeiten vor allem echte Fundstücke seiner zahllosen Flüge zu sehen sind. "Ich bin immer auf Entdeckungsreise", sagt der Mann mit Heimat(flug)hafen Boberg. "Bei jedem Blick aus dem Cockpit bin ich auf der Suche nach besonderen Motiven."
Früher Mitglied der Nationalmannschaft im Segelfliegen
Nach fliegerischen Erfolgen als Mitglied der Segelflug-Nationalmannschaft und mehreren Europameisterschaftsteilnahmen hat sich Holger Weitzel schon seit vielen Jahren ganz der Unabhängigkeit des motorlosen Dahingleitens verschrieben. Dazu gehören 1000 Kilometer lange Nonstop-Trips oder spontane Flüge Richtung Hannover, Berlin, Rügen oder über die Grenze in Deutschlands Nachbarlänger. "Ich bin Europa-Fan. Ich genieße unsere vor 30 Jahren errungene Freizügigkeit bis heute an jedem einzelnen Tag in der Luft."
Neben Luftbild-Eindrücken aus der Ferne spielt natürlich auch der Bezirk Bergedorf in seinem Werk eine große Rolle. Schließlich gibt es hier Beispiele für sein Steckenpferd Städtebau aus fast jedem der vergangenen sechs Jahrzehnte: In den 1960er-Jahren entstand Lohbrügge-Nord, anschließend folgte Bergedorf-West. In den 80er-Jahren wurde dann Neuallermöhe-Ost gebaut, bevor im nächsten Jahrzehnt Neuallermöhe-West entstand und ab 2000 schließlich der Dorfanger Boberg.