Kirchwerder. Die Eltern animieren den Storchennachwuchs zum Abheben. Doch das war gar nicht so einfach, wie Biologin Dr. Ute Meede weiß.

Die Entwicklung des Storchenpaares auf Hof Eggers in der Ohe (Kirchwerder) verlief kompliziert. Das Männchen kehrte am 19. Februar zurück aus seinem Winterquartier und das Weibchen folgte bereits am 24. Februar, erkennbar an der Beringung des Vorjahres. Die Begrüßung der beiden Störche war vertraut und alles schien einen günstigen Verlauf zu nehmen. Leider verschwand das Weibchen später und es war zu vermuten, dass es möglicherweise einen Unfall hatte.

Es kam zu einem blutigen Kampf zwischen den Weibchen

Nach zwei Wochen ohne Partnerin erschien ein neues Weibchen und nahm den Platz der Vorgängerin ein. Dann kehrte das beringte Weibchen zurück und es kam wohl zu einem Kampf zwischen den Weibchen, denn das neue Weibchen hatte eine blutige Stelle an ihrem Flügel. Die Nachfolgerin hatte sich zwischenzeitlich eingelebt und es kam Ende März zu mehrfachen Paarungen. Da dieses Weibchen offenbar noch jung war, gab es nur ein Storchenküken, das sich erstmals am 13. Juni sichtbar zeigte.

Die routinierten Storchenpaare aus Kirchwerder waren ebenfalls frühzeitig zurückgekehrt und zogen drei und vier Storchenküken groß. Der Nachwuchs der geübten Paare schlüpfte frühzeitig und fliegt bereits. Mehrere Jungstörche animieren sich gegenseitig zum Fliegen. Das Einzelküken von Hof Eggers hatte es hingegen nicht einfach, so zu reagieren, wie es das Elternpaar wünschte.

Altstorch versucht das Küken zum Fliegen zu animieren

Dr. Ute Meede ist Biologin.
Dr. Ute Meede ist Biologin. © Meede | meede

Frühzeitig, Anfang Juli erhielt es statt des erwarteten Futters ein Büschel Gras vom Kompost, denn es sollte fliegen lernen. Ein Altstorch war nachsichtig und kümmerte sich weiterhin mit gutem Futter wie vorverdaute Mäuse, Kleinsäuger, Frösche und auch Ringelnattern, das aus dem Kropf hervorgewürgt wurde. Nach der Fütterung flog der Altvogel in etwa einhundert Meter Entfernung auf den Schornstein des Haupthauses und versuchte durch intensives Klappern das Küken zum Fliegen zu animieren. Der junge Storch erkannte sehr schnell, dass er zum Fliegen gebracht werden sollte und zeigte durch Flügelschlagen und hochspringen, dass er es kann. Sobald die „Belohnung“ durch Futter von dem Altstorch auf dem Nest landete, verfiel das Küken sofort in wimmerndes Betteln und versuchte durch Schnäbeln mehr zu bekommen, häufig vergeblich.

Nun ließ sich auch der zweite Altstorch erneut blicken und beide versuchten dem Kleinen aufmunternd klappernd vom Haupthaus aus Mut zu machen. Über zehn Tage verlief dieses Verhalten zwischen den Eltern und dem Küken. Nun ist es endlich geschafft: Der erste, wenn auch kurze Flug ist dem Nachwuchs gelungen mit guter Rücklandung im Nest voller Erwartung auf Futter. Das kam eine halbe Stunde später. Es ist beruhigend, dass auch aus diesem Küken ein perfekter Storch werden wird.