Hamburg. Bergedorfer erhalten viele Anfragen aus Nachbarorten, weil dort Kita-Plätze zunehmend fehlen. Wartelisten werden immer länger.
Bald ist das Haus fertig, will die junge Familie von Farmsen in das Neubaugebiet im Geesthachter Stadtteil Besenhorst ziehen, aber einen Kita-Platz für den dreijährigen Sohn zu finden, scheint das Schwierigste am Umzug zu sein: „In Geesthacht stehen mindestens 500 Kinder auf den Wartelisten, da gibt es kaum eine Chance auf einen Platz“, sagt die Mutter, die im Juni ihr zweites Kind erwartet – und anonym bleiben will, denn „mit ganz viel Glück kommt unser Sohn nun in Bergedorf unter“.
Auch das aber habe viel Mühe gekostet: „Oft hieß es am Telefon, es würden viele Eltern aus Geesthacht anrufen, man müsse sich ja aber vor dem Hamburger Jugendamt verantworten“, sagt die junge Mutter. Zuletzt hörte sie, die Warteliste sei schon voll mit Bergedorfer Kindern, da nehme man „bestimmt keine von außerhalb“ auf.
Weil Kita-Plätze fehlen: Geesthachter Eltern melden Kinder in Bergedorf an
Man sei halt an der Landesgrenze: „Da liegen wir für die Geesthachter oft auf dem Arbeitsweg, deshalb fragen sie schon mal bei uns an“, sagt Nancy Knochenhauer-Avila, Leiterin der „Kita Schmusebacke“ am Curslacker Heerweg. „Bei uns gibt es viele Anfragen aus Geesthacht, auch aus Reinbek und Wentorf. Das liegt aber wohl an unserem Konzept“, meinen die Pädagogen der Awo-Wald-Kita an der Rothenhauschaussee.
„Wir haben schon drei Geesthachter Kinder aufgenommen und fünf auf der Warteliste“, meint Tina Modler von den „Schilfparkkindern“ des IB an der Bergedorfer Autobahnausfahrt: „Allerdings brauchen wir erst mehr Personal, um weitere Kinder aufnehmen zu können.“
Grundsätzlich aber ist der Nachwuchs in einem Kindergarten nahe dem Wohnort besser aufgehoben, da lassen sich dann besser Freundschaften knüpfen, um sich auch an Wochenenden zu treffen. „Bei uns in Besenhorst gibt es 100 neue Wohneinheiten. Ich verstehe nicht, warum sich die Stadt Geesthacht nicht ein Vorkaufsrecht gesichert hat für ein Kita-Grundstück“, sagt die junge Mutter verärgert.
Bezirksamtsleiter: „Gemeinden da draußen sind selbst dafür verantwortlich“
Auch Bergedorfs Bezirksamtsleiter Arne Dornquast meint, ein wachsendes Geesthacht müsse die Folge-Infrastruktur mitbedenken: „Die Gemeinden da draußen sind selbst dafür verantwortlich, Kita-Plätze anzubieten. Bei uns in Bergedorf ist die Situation schon angespannt genug, wir suchen dringend neue Flächen.“ Auch die Idee der Betriebs-Kita, wie sie in Allermöhe am Rungedamm gebaut wurde, sei schwierig: „Da ist der Zugang für Eltern aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein oder gar Mecklenburg-Vorpommern sehr umständlich.“ Daher sei eine ,Kita auf halbem Weg’ nur „sehr mäßig beliebt“.
Etwa ein Viertel ihrer Anmeldungen kämen aus Schleswig-Holstein, „weil Eltern da keinen Platz für ihre Kinder finden. Aber bei uns sind sie willkommen, wir schließen keinen aus“, sagt Sandra Bruch, Geschäftsführerin der neuen Kita „Foxini“ am Brookdeich 68 a. Wo derzeit noch Baustelle ist, im Erdgeschoss Baumwurzeln, im zweiten Stock schon große und kräftige Blätter an die Wände gemalt werden, wird im Juni Eröffnung gefeiert.
Es gibt eine Dachterrasse und eine Außenfläche mit Matschanlage
Auf 600 Quadratmetern dürfen bald 135 Kinder toben, die Kinderküche nutzen, eine Bibliothek und den „Raum der Künste“ samt kleiner Bühne und einer Wand zum Anmalen. Dazu gibt es eine 100 Quadratmeter große Dachterrasse (mit Hochbeeten) und eine 300 Quadratmeter große Außenfläche (mit Matschanlage).
„Wir werden altershomogene Gruppen haben und hoffentlich viel Kinderlachen im Haus“, sagt Erzieherin Nicole Büsching (48), die den Kindergarten leiten wird. Jeweils drei Pädagogen begleiten als feste Bezugspersonen die vier Krippengruppen mit jeweils zwölf Kindern, dazu kommen im ersten Stock die Elementargruppen (Drei- bis Sechsjährige), dazu wird im Obergeschoss zum Sommer 2022 ein Vorschulraum eingerichtet.
Teilzeit-System entwickelt: Zwei Kinder teilen sich einen Platz
Denn die neue Kita lässt sich ein bisschen Zeit, startet mit zwei Krippen- und einer Elementargruppe – trotz großer Nachfrage: „Die Krippe ist schon voll bis Mitte 2022. Und für Elementarkinder sind nur noch ganz wenige Plätze frei“, sagt Sandra Bruch, die Wirtschaftspsychologie studierte, eine Ausbildung zur Erzieherin draufsattelte.
Die 27-Jährige nimmt gern auch Fünf-Stunden-Gutscheine an: „Da haben wir eine Art Teilzeit-System für die Vor- und Nachmittage. So teilen sich quasi zwei Kinder einen Platz.“ Das sei gut für Eltern im Schichtdienst oder auch für die Eltern der Flüchtlingsunterkunft an der Brookkehre.