Hamburg. Für viele ist es ein Lebenstraum, ein eigenes Buch zu verfassen, am liebsten einen Krimi. Doch ein paar Dinge sollte man kennen.
Jüngst jährte sich der Todestag des schwedischen Krimi-Autors Stieg Larsson zum 20. Mal. Der Schöpfer der Millenium-Trilogie – „Verblendung“, „Verdammnis“, „Vergebung“ – erlag am 9. November 2004 mit nur 50 Jahren einem Herzinfarkt. Es war der Preis für ein Leben als Workaholic. Tagsüber arbeitete Larsson als Reporter einer Tageszeitung, nachts schrieb er an seinen Büchern. Dabei rauchte er bis zu 60 selbst gedrehte Zigaretten am Tag. Mit seinen drei Romanen erreichte Larsson weltweit Bekanntheit. In Schweden verkauften sich seine Bücher besser als die Harry-Potter-Reihe.
In unserem Bergedorfer Blog „Volkers Welt“ geht es heute um Krimis. Viele Hobby-Autoren träumen davon, ein Buch zu veröffentlichen und einen ähnlichen Erfolg damit zu haben wie Stieg Larsson. Der Kriminalroman ist ein typisches Einsteigergenre. Denn hier können sich die Autoren in spe des Leserinteresses sicher sein. Zwei Drittel der Deutschen lesen gerne Krimis. Sie haben zu jeder Zeit die Wahl zwischen rund 20.000 lieferbaren Büchern dieses Genres. Vor allem Frauen zwischen 50 und 60 Jahren haben eine Schwäche für Mordgeschichten.
Krimi: Was künftige Bestseller-Autoren wissen müssen
Etwa 80 Prozent seiner Leserschaft sei weiblich, schätzte der Erfolgsautor Sebastian Fitzek 2017 gegenüber dem „Stern“. Von seiner Lektorin habe Fitzek schon früh den Merksatz mit auf den Weg bekommen: „Je härter, desto Frau!“ Das Lesen von Krimis helfe dabei, sei ein Weg, sich zwischen zwei Buchdeckeln mit seiner alltäglichen Angst und Wut auseinander zu setzen, argumentierte die Psychotherapeutin Sabine Schwachula gegenüber dem „Stern“.
Wer sich selbst an einer Kriminalgeschichte versuchen möchte, sollte ein paar zentrale Begriffe kennen. Was ist das eigentlich, ein Krimi? Die Literaturwissenschaft tut sich überraschend schwer, darauf eine Antwort zu geben. Der Duden unterscheidet zwischen dem Krimi als Abkürzung für Kriminalroman oder Kriminalfilm, in denen es um ein Verbrechen und dessen Aufklärung geht, und dem Krimi in der übertragenen Bedeutung als Begriff für etwas besonders Spannendes („Das Fußballspiel war ein Krimi“). So weit, so nachvollziehbar.
Was ist das eigentlich, ein Krimi? Die Antwort ist überraschend kompliziert
Verbrechen, Aufklärung und Spannung sind also drei zentrale Begriffe des Krimis. Doch bei einer genaueren Definition sind sich die Literaturwissenschaftler uneins. Verschiedene Forscher verwenden das Vokabular in einer exakt gegensätzlichen Bedeutung. So unterscheidet Peter Nusser zwischen Verbrechensliteratur und Kriminalliteratur.
Bei der Verbrechensliteratur steht nach seiner Definition das Verbrechen im Vordergrund, bei der Kriminalliteratur die Aufklärung des Verbrechens. Richard Alewyn hingegen argumentiert genau andersherum: „Der Kriminalroman erzählt die Geschichte eines Verbrechens, der Detektivroman die Geschichte der Aufklärung eines Verbrechens.“ Ein Kriminalroman dreht sich also bei Alewyn um ein Verbrechen, bei Nusser hingegen um dessen Aufklärung.
Suspense-Roman und Whodunit – Wie sich die Krimi-Genres unterscheiden
Eine weitere zentrale Unterscheidung, die angehende Krimiautoren kennen sollten, ist die der beiden zentralen Techniken Suspense und Whodunit. Die Unterscheidung wurde von den Filmregisseuren François Truffaut (1932-1984) und Alfred Hitchcock (1899-1980) populär gemacht. Truffaut führte 1966 ein 50-stündiges Interview mit Hitchcock, in dem er den Briten eingehend zu seinen Filmen befragte und insbesondere dazu, wie man in einem Kriminalfilm Spannung erzeugt. Das daraus resultierende Buch „Wie haben Sie das gemacht, Mr. Hitchcock?“ gilt bis heute als Klassiker der Filmwissenschaft.
Der Whodunit – das ist eine Kurzform für die Frage „Who has done it?“ - „Wer hat es getan?“ – ist der Begriff für die klassische Detektivgeschichte. Ein Verbrechen ist vorgefallen, und die Geschichte beschäftigt sich nun mit dessen Aufklärung. Die Spannung entsteht dabei vor allem aus der Frage, wer das Verbrechen verübt hat. Der Autor oder die Autorin versucht dabei, die Leserschaft mit einer möglichst kunstvollen und überraschenden Auflösung in Erstaunen zu versetzen.
Agatha Christie, die Großmeisterin des Kriminalromans
Nach diesem Muster funktionieren sämtliche Sherlock-Holmes-Geschichten von Arthur Conan Doyle (1859-1930) sowie die Romane der erfolgreichsten Krimi-Autorin aller Zeiten, Agatha Christie (1890-1976). Die hatte eigentlich Musik studiert, während des Ersten Weltkriegs dann aber als Krankenschwester gearbeitet, wodurch sie viel über Giftstoffe lernte, was ihr beim Schreiben ihrer Bücher sehr hilfreich war. Mit 26 Jahren schrieb sie 1916 ihren ersten Roman „Das fehlende Glied in der Kette“, in dem sie den belgischen Detektiv Hercule Poirot einführt, zu dem sich später mit Miss Marple noch eine weibliche Detektivfigur gesellen sollte.
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Mit ihrem sechsten Poirot-Roman „Alibi“, der auch unter dem Titel „Roger Ackroyd und sein Mörder“ erschien, schaffte Christie 1926 den Durchbruch. Hier sind bereits alle Bestandteile einer klassischen Whodunit-Geschichte versammelt: ein rätselhafter Mord an einem abgeschlossenen Ort mit einer überschaubaren Anzahl von Verdächtigen. In diesem Fall ist es ein Mord in einem abgelegenen Dorf, in dem Christie nach und nach sämtliche Bewohner verdächtig macht, bevor sie die Auflösung präsentiert.
Wie Spannung entsteht, obwohl man weiß, wer der Mörder ist
Davon zu unterscheiden ist der Suspense-Krimi, bei dem häufig von Anfang an klar ist, wer das Verbrechen begangen hat. Die eigentliche Erzählung widmet sich dann dem Katz-und-Maus-Spiel zwischen Verbrecher und Ermittler. Klassische Beispiele für Suspense-Geschichten sind die bekannten Columbo-Krimis. Bei der Suspense-Geschichte steht häufig nicht das Endergebnis im Vordergrund, sondern die psychologische Entwicklung der Figuren. Die Spannung entsteht durch unvorhersehbare Wendungen der Handlung.
Auch bei dem Erstlingswerk von Larsson, „Verblendung“, das 2005 posthum erschien und weltweit über 31 Millionen Mal verkauft wurde, steht die Entwicklung der beiden Hauptfiguren im Mittelpunkt, auch wenn eine Weile unklar bleibt, wer der Mörder ist. In den Folgeromanen „Verdammnis“ und „Vergebung“ konzentriert sich Larsson stärker auf die Vorgeschichte seiner weiblichen Hauptfigur Lisbeth Salander. Insgesamt hatte Stieg Larsson die Millenium-Reihe auf zehn Bücher ausgelegt. Doch dazu kam es nach seinem viel zu frühen Tod dann nicht mehr.