Hamburg. Mythos Mercedes: Vor 180 Jahren wurde der Erfinder des Automobils geboren. Seinen Durchbruch verdankt er seiner entschlossenen Ehefrau.

Er ist der Mann, dem wir alle das Autofahren verdanken: Carl Benz (1844-1927). Vor 180 Jahren, am 25. November 1844, wurde der Erfinder des Automobils in Mühlburg geboren, um den es heute in unserem Bergedorfer Blog „Volkers Welt“ gehen soll. Es ist eine Welt des wirtschaftlichen Wandels, in der er aufwächst. Die aufkommende Industrialisierung sorgt für eine Verelendung ganzer Bevölkerungsschichten, beispielsweise der Weber. Handarbeit lohnt sich nicht mehr. Selbst Familien, bei denen alle Kinder mitarbeiten, schaffen es kaum über das Existenzminimum.

Der junge Carl kommt mit allen denkbaren Nachteilen auf die Welt. Er ist das uneheliche Kind der Dienstmagd Josephine Vaillant (1804-1870) und des Lokomotivführers Johann Benz (1809-1846). Nur weil der Dienstherr der Magd – vermutlich handelte es sich dabei um den Gastwirt Michael Kramer – der schwangeren Frau weiter Quartier gewährt, haben Mutter und Sohn bei seiner Geburt überhaupt ein Dach über den Kopf.

Mythos Mercedes: Carl Benz – Der Mann, dem die Frau das Auto wegnahm

Und doch sollte es gerade dieser Junge sein, dessen Erfindung unser aller Leben bis heute verändern würde. Am 29. Januar 1886 meldet er das bedeutendste Patent der deutschen Industriegeschichte an: Es handelt sich um das Patent Nummer 37435 über den Benz Patent-Motorwagen Nummer eins – das erste Automobil mit Verbrennungsmotor. Jeder, der heute in ein Auto steigt, hat es Carl Benz (1844-1929) zu verdanken, dass unsere Welt dichter zusammengerückt ist.

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Der Mercedes-Benz W 123 ist der große Klassiker der Sternenflotte. Er ist bei Oldtimer-Fans vor allem als Kombi gefragt. © picture alliance / dpa-mag | Daimler

Doch der Autopionier hat seinen Erfolg nicht nur seinem Einfallsreichtum zu verdanken, sondern auch der Unterstützung durch zahlreiche Menschen, begonnen mit besagtem Gastwirt Michael Kramer. Eineinhalb Jahrhunderte lang war es unklar, wo Benz eigentlich genau geboren wurde, bis Peter Pretsch, der Leiter des Karlsruher Stadtmuseums, zum 125-jährigen Jubiläum der Erfindung des Autos 2011 nachwies, dass es wohl in dem ehemaligen Gasthaus „Stadt Karlsruhe“ gewesen sein muss. Das Gebäude wurde Ende der 1950er-Jahre abgerissen, an dem Standort in der Rheinstraße 22 ist heute ein Woolworth-Markt beheimatet.

Seine spätere Ehefrau Bertha ist 22 Jahre alt, als sie ihr ganzes Geld auf seine Karriere setzt

Jener Michael Kramer ist im Jahr 1845 Trauzeuge, als die Eltern heiraten. Aus Karl Vaillant wird Karl Benz. Später bevorzugt er die Schreibweise „Carl“. Bevor das Kind zwei Jahre alt ist, stirbt der Vater. Carl Benz wächst also als Kind einer alleinerziehenden Mutter auf, die es aber schafft, genug Geld aufzubringen, um ihn auf die Schule zu schicken, indem sie Zimmer an Studenten vermietet. Mit 15 besteht der junge Carl die Aufnahmeprüfung am Polytechnikum Karlsruhe und nimmt ein Studium des Maschinenbaus auf, das er erfolgreich abschließt.

Produktion des Mercedes-Benz 300 SL
Im Jahr 1954 nahm Mercedes Benz in Sindelfingen die Serienproduktion des Sportwagens vom Typ 300 SL auf. Mit seinen markanten Flügeltüren verkörpert der 300 SL wie kein anderes Modell den Mythos Mercedes. © picture-alliance / dpa | Fotoreport DaimlerChrysler

Damit ist die Grundlage gelegt, was es nun noch braucht, um Weltruhm zu erlangen, ist die Entschlossenheit einer Frau. Bertha Ringer (1849-1945) ist gerade mal 22 Jahre alt, als sie alles auf eine Karte setzt. Sie lässt sich ihre Mitgift auszahlen, um sie in die neu gegründete Maschinenfabrik ihres künftiges Mannes Carl Benz zu investieren. Ein Jahr später, am 20. Juli 1872, heiraten sie, und aus Bertha Ringer wird Bertha Benz.

Ein Benz Motorwagen kostet so viel wie drei Jahreseinkommen eines Volksschullehrers

Ihr Mann schafft es, einen Motor zu entwickeln, der nur 100 Kilogramm wiegt und ein dreirädriges Fahrzeug mit der Kraft von etwa einer Dreiviertel-Pferdestärke antreibt. Doch so revolutionär sein Patent-Motorwagen Nummer eins auch ist, er bleibt zunächst wirtschaftlich erfolglos, ebenso wie das Nachfolgemodell, der Motorwagen Nummer drei. Denn der Preis von 3000 Goldmark entspricht 1886 in etwa dem dreifachen Jahreseinkommen eines Volksschullehrers.

Techno Classica for Oldtimer and Youngtimer
Model Olaf und Model Vivien mit einem Mercedes-Benz C111 von 1970, einem experimentellen Sportwagen. © picture alliance/dpa | Marcel Kusch

Als der wirtschaftliche Erfolg ausblieb entschließt sich Bertha Benz im August 1888 mit ihren Söhnen Richard und Eugen zu einer Pionierleistung. Ohne Wissen ihres Mannes steuert sie den Patent-Motorwagen Nummer drei über 106 Kilometer von Mannheim nach Pforzheim und beweist damit die Praxistauglichkeit des Gefährts.

Carl Benz und Gottlieb Daimler sprechen zeitlebens kein einziges Wort miteinander

Einer der größten Konkurrenten von Carl Benz ist Gottlieb Daimler (1834-1900). Er stellte 1886 ebenfalls eine vierrädrige Motorkutsche vor. Mit Benz liegt er jahrelang im Rechtsstreit. Die beiden Männer lernen sich erst 1897 kennen, sprechen aber zeitlebens kein einziges Wort miteinander. Die Daimler Motoren-Gesellschaft ist breit aufgestellt, ihre Aggregate treiben Autos, Motorräder, Schiffe und Luftschiffe an. Um den Verkauf der Daimler-Autos anzukurbeln, entschließt sich der Auto-Großhändler Emil Jellinek (1853-1918) im Jahr 1899, sie bei Autorennen starten zu lassen. Dafür kreiert er nach dem Vornamen seiner damals zehnjährigen Tochter den Markennamen Mercedes. Kurios: Mercedes Jellinek, die schon 1929 im Alter von nur 40 Jahren an Krebs stirbt, hat selbst nie ein Auto besessen.

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Im Jahr 1926 schließen sich Daimler und Benz auf Anregung der Deutschen Bank zum Konzern Daimler-Benz zusammen. Der neue Markenname lautet nun Mercedes-Benz, das neue Logo zeigt einen Stern, der von einem Ring mit dem Schriftzug „Mercedes Benz“ eingefasst ist. Der Konzern Daimler-Benz entwickelt sich zu einem der großen Player auf dem internationalen Automarkt. Doch er übernimmt sich. Eine 1998 eingegangene Fusion mit dem US-Konzern Chrysler, vom damaligen Daimler-Chef Jürgen Schrempp euphorisch als „Hochzeit im Himmel“ bezeichnet, scheitert und kostet Milliarden.

Die „Hochzeit im Himmel“ wird für Daimler-Benz zum Albtraum

Im Jahr 2022 benennt sich der Konzern in Mercedes Benz Group um. Mit 2,5 Millionen produzierten Fahrzeugen pro Jahr ist er heute einer der größten Autohersteller der Welt, liegt aber weit hinter Toyota (11,2 Millionen), Volkswagen (9,2 Millionen) und Hyundai (7,3 Millionen). Der berühmte Mercedes-Stern wird im kommenden Jahr 100 Jahre alt. Der legendäre Carl Benz hat das Symbol noch gekannt. Er starb 1927 mit 84 Jahren auf seinem Alterssitz in Ladenburg an einer Lungenentzündung.