Hamburg. Die chinadeutsche Autorin Hilke Veth widmet sich mit ihrem Buch „Abschied von Shanghai? Maskee!“ auch der eigenen Familiengeschichte
Als der junge Deutsche Wilhelm Wendt 1899 in Hongkong an Land geht, weiß er nicht, was ihn erwartet und wie sehr China sein Leben und später auch das seiner Kinder prägen wird. Die Geschichte von Wendt und seinen Nachfahren bildet die Handlung des Buches „Abschied von Shanghai? Maskee!“, den die in Kirchwerder lebende Autorin Hilke Veth verfasst hat. Ein Roman, der viele Parallelen zur Lebensgeschichte der 1946 in Shanghai geborenen Autorin zeigt.
Hilke Veth ist die Tochter von sogenannten Chinadeutschen. „Mein Großvater war Kaufmann, hatte dort eine Handelsfirma“, sagt die 78-Jährige. Als sie ein Jahr alt war, kehrte ihre Familie mit ihr nach Deutschland zurück. Über Köln kam Hilke Veth später nach Hamburg. Sie studierte in Hamburg, Berlin und in den USA Vergleichende Literaturwissenschaft und Soziologie. Seit 2005 lebt Hilke Veth gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Fotografen Achim Sperber, in Kirchwerder.
In dem ersten Roman von Achim Sperbers Frau Hilke Veth steckt viel Persönliches
Schreiben hat Hilke Veth gelernt. Die Rentnerin hat früher als Redakteurin in der Hörspiel-Redaktion des NDR gearbeitet, schreibt heute für den Vierländer Boten. Seit Jahrzehnten beschäftigt sie sich mit der Geschichte und Gegenwart ihres Geburtslandes China. Vor ihrem Erstlings-Roman hat sie gemeinsam mit ihrer Freundin Martina Bölck ein Sachbuch über deutschsprachige Frauen in China verfasst, das 2023 erschienen ist. „An beiden Büchern habe ich lange gearbeitet“, sagt Hilke Veth. Für den Roman habe sie Jahre gebraucht.
Das „Maskee“ im Titel des Buches ist ein Wort aus der Kolonialsprache, sogenanntes Pidgin-Englisch, verrät Hilke Veth. „Ins Deutsche übersetzt heißt das ‚Macht nichts‘.“
Die Geschichte handelt von fünf Mitgliedern einer Familie, spielt im Jahre 1999
Hilke Veth hat ihren Roman im Jahr 1999 angesiedelt. Sie handelt von fünf Mitgliedern einer Familie, wird aus der Ich-Perspektive der Hauptfigur Kim, einer Chinadeutschen, geschildert. Kim lebt längst in Hamburg, ihr Bruder Ray in Shanghai, wo er mit Stahl handelt. Eines Tages schiebt Kim, mittlerweile Ende 40, ihre Vorbehalte gegenüber ihrem Geburtsland beiseite und reist zu ihrem Bruder nach Shanghai. Begleitet wird sie von ihrem Freund, dem Fotografen Anton.
„In Shanghai hat Kim dann das Gefühl, sie sei in ihrer Heimat“, sagt Hilke Veth. Aus diesem Grund recherchiert Kim, als sie nach Hamburg zurückgekehrt ist, ihre Familiengeschichte. „Das Ganze hat einen autobiografischen Rahmen“, sagt die Autorin, die auch fast 50 Jahre alt war, als sie das erste Mal in ihr Geburtsland zurückkehrte und deren Familie ebenfalls Handel in China betrieb.
Die Autorin wollte nie in ihr Geburtsland zurückkehren
Wie die Hauptfigur in ihrem Buch, wollte auch Hilke Veth eigentlich nie in ihr Geburtsland zurückkehren. Schließlich betrachte sie die Kolonialgeschichte kritisch. „Deutschland war von 1897 bis 1918 Kolonialmacht in Tsingtau, einem winzigen Gebiet in der Provinz Shandong. Damals lebten dort rund 2000 Deutsche. Andere, stärkere europäische Kolonialmächte in China waren England und Frankreich“, sagt die Seniorin. Heute heißt Tsingtau Qingdao und sei eine riesige Stadt, in der es noch viele Bauten der deutschen Kolonialzeit gebe.
„Die europäischen Kolonialmächte haben dem alten China eine Modernisierung aufgezwungen“, sagt Hilke Veth. Kolonialismus habe allerdings nicht nur Unterdrückung bedeutet, sondern auch verstärktes Treiben von Handel, Errichten von Schulen, Universitäten und Krankenhäusern und Eisenbahnbau, betont die Chinadeutsche. „Es war eine Zeit des Umbruchs.“
In dem Roman geht es auch um ein Familiengeheimnis, berichtet die Autorin
Viele Deutsche würden aber die gemeinsame Geschichte von Deutschland und China nicht kennen. „Dabei waren schon am kaiserlichen Hof im 16. und 17. Jahrhundert deutsche Jesuiten-Mönche, um sich über das Land, seine Kultur und Gebräuche zu informieren. Viel Wissen der späteren Aufklärer stammte aus dieser Zeit.“ Davon einmal abgesehen, sei das Buch auch „spannend zu lesen“, versichert die Autorin. „Es geht auch um ein Familiengeheimnis.“
Hilke Veth arbeitet derzeit an ihrem nächsten Roman. „Er spielt unter anderem Anfang der 1970er-Jahre in Berkeley in Kalifornien.“ Dort hat die Autorin als junge Frau studiert. Deshalb dürfte auch ihr nächstes Werk autobiografische Züge tragen.
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Lesung im Literaturhotel Wedina mit Frühstück
Der 341 Seiten starke, im Pirmoni-Verlag erschienene Roman kostet 18,90 Euro und ist im Buchhandel erhältlich. In dem Buch sind fünf Fotografien abgebildet, historische China-Bilder und eines, das Achim Sperber geschossen hat. Das Buch kann auch direkt bei der am Kirchwerder Elbdeich lebenden Autorin erworben und abgeholt werden – Signatur inklusive. Erreichbar ist sie unter Telefon 0170/903 54 25.
Am Sonnabend, 7. September, 12 Uhr, liest Hilke Veth im Literaturhotel Wedina an der Gurlittstraße 23 in Hamburg aus ihrem Roman. Die Besucher haben die Möglichkeit, von 11 Uhr an ein Frühstück zu genießen. Für Frühstück und Lesung werden 25 Euro verlangt. Wer nur die Lesung besuchen möchte, der ist mit 6 Euro dabei. In jedem Fall wird um Anmeldung bis zum 5. September gebeten: Telefon 040/20769037, E-Mail: lit@lit-hamburg.de.