Bergedorf. Sonne-Regen-Mix tut den meisten Pflanzen gut: Raps und Winterweizen werden früher als sonst geerntet. Trotzdem gibt es Probleme.

Die Landwirte sind mit ihren schweren Fahrzeugen auf den Feldern, ernten derzeit vor allem Raps und (im Herbst ausgesäten) Winterweizen – drei Wochen früher als in den vergangenen Jahren. „Die Natur ist früher dran als sonst“, sagt Martin Lüdeke, Rinderhalter und Präsident des Hamburger Bauernverbandes, und fügt hinzu: „Das liegt auch daran, dass wir keinen richtigen Winter hatten, es zu mild war.“

Es habe in den vergangenen Monaten beim Wachstum der verschiedenen Kulturen „keine großen Verzögerungen“ durch Nässe und Trockenheit gegeben, weiß Lüdeke. „Wir haben einen kontinuierlichen Mix aus Regen und Sonne gehabt.“ Zwar war es Anfang März überdurchschnittlich warm, sodass die Vegetation in Gange war wie sonst im April, aber ansonsten habe es überdurchschnittlich viel geregnet, weiß der 59-Jährige: „Betrachtet man die vergangenen zwölf Monate, fiel rund ein Drittel mehr Regenwasser als in den Vergleichszeiträumen zuvor.“

Bauernpräsident Martin Lüdeke: „Die Natur ist in diesem Jahr stets ihrer Zeit voraus“

Dabei könnten die Landwirte und Gärtner in den Vier- und Marschlanden von Glück reden, dass sie von Starkregen und schweren Gewittern weitgehend verschont geblieben sind, betont Lüdeke. Anderswo in Deutschland und auch in Hamburg habe es Unwetter gegeben, im grünen Garten Hamburgs jedoch nicht. Dort seien die Landwirte unterm Strich gut davongekommen. „Das waren ja sehr lokale Wetterereignisse. So hat es vor Kurzem in Ochsenwerder kurzzeitig heftig geregnet, gingen kräftige Gewitter runter, während es in Altengamme trocken blieb.“

Auf Regen sei im Laufe der Wochen und Monate immer wieder Hitze gefolgt, in kurzen Perioden von oft drei bis vier Tagen und auch mit Temperaturen von um die 30 Grad Celsius. Der Hitze-Regen-Mix über einen längeren Zeitraum habe etwa das Grünland mehrfach hervorschießen lassen: „Einige Berufskollegen machen in diesem Jahr zwischen Mai und Oktober vier oder fünf Schnitte. Sonst sind es drei.“ Aus dem trockenen Gras wird Heu gemacht, ist es nur halbtrocken, wird es zu Silage verarbeitet.

Zwischen den Regengüssen immer wieder drei, vier trockene Tage: Für Silage-Ernte sind Bedingungen „top“

Für die Silage-Ernte seien die Wetterbedingungen „top“, weil die Bauern zwischen den Regengüssen immer wieder drei, vier trockene Tage haben. „Dafür hatten die Pflanzen optimale Feuchtigkeit und Wärme. Auch der Mais ist unter diesen Bedingungen gut gewachsen“, sagt Lüdeke. Die Landwirte kommen auch gut auf die Felder, um mit Gülle neu zu düngen. „Für die Heuernte sind diese Trockenphasen allerdings eher knapp.“

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In der ersten Augusthälfte werde mit der Ernte von Sommergerste und Hafer begonnen, sagt Lüdeke. Diese im Frühjahr ausgesäten Kulturen seien ebenfalls früher erntereif als im Vorjahresvergleich, „auch das Obst“. Insgesamt sei die Natur in diesem Jahr „stets vor der Zeit“, betont der Bauernpräsident. „Deshalb ist damit zu rechnen, dass auch der Herbst früher einsetzt.“

Landwirte in Sorge: Getreidepreise im Keller und zu wenig Personal

Sorgen bereiten den Bauern die Getreidepreise: „Sie sind im Keller, weil auf dem Weltmarkt viel Getreide angeboten wird.“ So komme viel Getreide etwa aus der Ukraine, gebe es bei Gerste sogar noch einen Überhang von 2023. Auch ein Mangel an Arbeitskräften sei ein Problem: „Personal ist knapp und teuer, gerade wenn es um Sonderkulturen geht, die per Hand geerntet werden müssen.“ Darunter fielen etwa Salate, Frühkartoffeln, Erdbeeren und Spargel. Einige Landwirte reduzierten ihre Gemüseanbauflächen, weil sie nicht genug Manpower haben. Manche hören frustriert ganz auf mit dem Anbau arbeitsaufwendiger Kulturen, weiß Lüdeke. „Wiederum andere setzen dort, wo es geht, auf moderne Technik, die den Menschen ersetzen kann.“