Hamburg. Haus wird geschlossen, neues Baugrundstück wurde bereits geprüft. Wie Eltern und Mitarbeiter für den Erhalt der Einrichtung kämpfen.

Die Eltern der 108 Kinder, die die evangelische Kindertagesstätte Ochsenwerder besuchen, und die 18 Mitarbeiter der Einrichtung kämpfen für den Erhalt ihrer Kita an einem neuen Standort. Sie haben Kontakt zur Politik aufgenommen, Flyer verteilt und Plakate aufgehängt, um die Suche nach einem geeigneten Baugrundstück in Ochsenwerder zu forcieren – mit Erfolg: Eine geeignete Fläche scheint bereits gefunden worden zu sein, am Ochsenwerder Landscheideweg.

Die Zeit drängt: Bis zum Jahresende muss klar sein, ob es die 55 Jahre alte kirchliche Dorf-Kita weiterhin geben wird. Ansonsten werden die Betreuungsplätze gekündigt. Denn eines ist klar: Der Betrieb am jetzigen Standort, der Graumanntwiete 5, muss zum 31. Juli 2025 eingestellt werden. Das denkmalgeschützte Gebäude ist marode, eine Sanierung würde knapp vier Millionen Euro kosten – zu viel für die Kirchengemeinde als Eigentümerin und für den Kirchengemeindeverband als Träger.

Evangelische Kita Ochsenwerder: Rettung ist in Sicht

„Wir Eltern waren geschockt, als wir erfahren haben, dass das Haus an der Graumanntwiete geschlossen wird“, sagt Jessica Wegener, Mutter von drei Kindern, von denen zwei die Kita besuchen. Doch nach dem Schock sei sehr schnell eine Dynamik entstanden: „Wir haben eine WhatsApp-Gruppe gegründet, in der fast 90 Eltern und Mitarbeiter sind. Knapp eine Woche später gab es den ersten Workshop, zu dem etwa 30 Betroffene erschienen sind. Dort wurde entschieden, wer was tun kann“, sagt die Mutter. Bei den 14-tägigen Treffen werden nun erste Ergebnisse ausgetauscht, wird das weitere Vorgehen besprochen.

Die Arbeitsgruppe hat im Dorf rumgefragt und eine Liste mit möglichen Baugrundstücken erstellt – zehn stehen aktuell darauf –, Kontakt zu Politik, Kirchengemeinde und Kirchengemeindeverband aufgenommen, bei einem Fest der Kirchengemeinde einen Infostand aufgebaut. Sie ist gut vernetzt und nutzt ihre Kontakte. Gesucht wird ein 1800 bis 2000 Quadratmeter großes, bebaubares Grundstück zum marktüblichen Preis für Kauf oder Pacht.

Zwei Grundstücke sind geeignet

Die vorgeschlagenen Grundstücke werden von der Gruppe in Augenschein genommen. „Wir prüfen, ob eine kurzfristige Bebauung überhaupt möglich ist. Leider ist dies meist nicht der Fall“, Björn Schwemm-Schiffler, Ehemann von Mareike Schiffler. Zwei Kinder des Paares werden ebenfalls an der Graumanntwiete betreut. Für rund die Hälfte der Flächen auf der Vorschlagsliste müsste ein Bebauungsplan erstellt werden – aber das würde zu lange dauern.

Immerhin: Zwei der Grundstücke auf der Vorschläge-Liste seien für das Bauvorhaben grundsätzlich geeignet, sagt CDU-Politiker Jörg Froh. Er unterstützt das Projekt gemeinsam mit seinem Parteikollegen Karl Woller sowie den Sozialdemokraten Paul Veit und Heinz Jarchow – Politiker, die sich mit dem Baurecht im Landgebiet gut auskennen.

Die evangelische Kita Ochsenwerder an der Graumanntwiete 5: Das denkmalgeschützte Haus ist marode, eine Sanierung kann sich die Kirche nicht leisten.
Die evangelische Kita Ochsenwerder an der Graumanntwiete 5: Das denkmalgeschützte Haus ist marode, eine Sanierung kann sich die Kirche nicht leisten. © Thomas Heyen | Thomas Heyen

Bezirksamt prüft Eignung vom Wunschgrundstück

Froh ist voll des Lobes für das Bezirksamt: Die Verwaltung habe das Wunschgrundstück an der Ochsenwerder Landstraße, eine der beiden grundsätzlich geeigneten Flächen, „innerhalb einer Woche geprüft“, betont der Christdemokrat.

Das im sogenannten Innenbereich gelegene Grundstück entspreche nach heutigem Kenntnisstand allen Anforderungen für einen Kita-Neubau. Nun müsse der Träger schnell aktiv werden und einen Bauvorbescheid für eine eingehende Prüfung einreichen und sich mit dem Grundeigentümer einigen. „Das sieht alles gut aus“, sagt Froh.

Kindern, Eltern und Mitarbeitern liegt die Kita Ochsenwerder am Herzen

„Uns liegt auch das Team der Kita am Herzen. So eine tolle Einrichtung gibt es selten“, sagt Mareike Schiffler. Sie betont, dass dort ausschließlich Fachkräfte tätig sind, bei denen sich die Kleinen pudelwohl fühlen. „Es geht nicht um das Gebäude, sondern um das Gesamtgefüge“, ergänzt Viola Polnik, stellvertretende Kita-Leiterin.

Sollte in Ochsenwerder keine neue Kita gebaut werden – geplant ist eine modulare Bauweise aus Stahl, Holz und Kunststoff innerhalb weniger Monate, ähnlich einem hochwertigen Fertighaus –, würden die Mitarbeiter in andere bestehende Kitas des Kirchengemeindeverbandes versetzt.

„Es gibt eine wahnsinnig große Solidarität. Ehemalige, inzwischen erwachsene Besucher unserer Kita sprechen ihre Eltern auf Freiflächen an“, weiß Erzieherin Susann Peper. Die Kita sei im Dorf sehr etabliert – und genieße auch unter den vielen jungen Familien, die erst vor wenigen Jahren nach Ochsenwerder gezogen sind, hohes Ansehen. Die Einrichtung sei im Laufe der Jahrzehnte stetig gewachsen, „mit den Bewohnern und ihren Bedürfnissen“, betont Susann Peper.

So habe es noch vor 20 Jahren nur eine Betreuung am Vormittag gegeben. Doch als immer mehr Eltern auch nachmittags keine Zeit für ihre Kinder hatten, habe man reagiert. „Wir sind zusammen mit dem Dorf gewachsen“, sagt die Erzieherin. Das ist ein bisschen wie in Bullerbü“, sagt Mareike Schiffler mit einem Augenzwinkern.

„Hier auf dem Dorf herrscht ein anderes Arbeitsklima als in der Stadt“

Deshalb vermutlich halten die Eltern der Kirchen-Kita die Treue: „Bisher gab es noch keine Kündigung eines Betreuungsplatzes aufgrund der bevorstehenden Schließung des Hauses“, sagt Kita-Leiter Dierk Smit und fügt hinzu: „Auch die Elternschaft ist optimistisch, dass die Bemühungen um einen neuen Standort erfolgreich sein werden.“ Der Träger zieht mit: Er hat bereits einen Architekten mit der allgemeinen Planung – wie eine neue Kita aussehen könnte – beauftragt, berichtet Smit.

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Maren Pünjer, Sozialpädagogische Assistentin, möchte nicht zwangsläufig versetzt werden: „Hier auf dem Dorf herrscht ein ganz anderes Arbeitsklima als in der Stadt, funktioniert die Zusammenarbeit mit den Eltern viel besser“, sagt sie. Dafür nehme die Lohbrüggerin auch gern die tägliche 20-minütige Anreise mit dem Auto in Kauf. „Unser gesamtes Team würde gern ins seiner jetzigen Besetzung weitermachen“, sagt Smit. Schließlich würden sich auch die Mitarbeiter in der aktuellen Gemeinschaft sehr wohl fühlen.

Eltern hoffen auf Verlängerung am jetzigen Standort bis zum Umzug

Das neue Haus soll, wie auch die aktuelle Kita, Platz für 110 Kinder bieten, die es in maximal 20 Minuten Fußweg erreichen können. Sollte eine neue Kita gebaut werden, aber noch nicht zum 1. August bezugsfertig sein, sei das kein Drama, meinen die Eltern und Mitarbeiter: „Dann wird voraussichtlich eine Verlängerung am alten Standort möglich sein, hoffentlich bis zu sechs Monate“, sagt Björn-Schwemm-Schiffler.

In ihrer evangelischen Kita sei jedes Kind willkommen, egal welcher Glaubensrichtung seine Familie angehöre, auch Atheisten, betonen die Mitarbeiter. „Natürlich gibt es bei uns entsprechend auch verschiedene Essen“, sagt Viola Ponik. Trotzdem beschere die Kita der Kirche „die Gemeinde von morgen“, betont Schwemm-Schiffler und fügt hinzu: „Die Kinder bekommen schließlich über die Kita einen Zugang in die Kirchengemeinde.“