Hamburg. Das Jubiläumsturnier des Reit- und Fahrvereins Vierlanden endet für Leonie Schelletter erfolgreich. Dabei hat ihre Stute ein Handicap.
Das große Sommerturnier des Reit- und Fahrverein Vierlanden von 1924 war in diesem Jahr ein ganz Besonderes. Denn der Verein feiert sein hundertjähriges Bestehen. Und so strömten am Wochenende viele Reiterinnen und Reiter aus dem norddeutschen Raum und reitsportbegeisterte Zuschauerinnen und Zuschauer auf den Turnierplatz am Neuengammer Hausdeich. Aber nicht nur für die meist im Mittelpunkt stehenden Springreiter, sondern auch für die Dressurreiterin Leonie Schelletter (28) wurde es ein erfolgreiches Turnier.
Bereits Stunden vor der Dressurreiterprüfung der Klasse M begann für sie und ihre neunjährige Stute Quavoni der Tag mit ausgiebigem Striegeln. „Wir sind beste Freunde“, betonte Leonie Schelletter. 2018 kaufte sie die damals Dreijährige „roh“ bei einem ihr bekannten Händler und erklärt: „Ich habe sie selbst ausgeritten.“ Inzwischen reitet sie ein Pferd mit Handicap, denn ihre Stute erlitt vor etwa einem Jahr eine bakterielle Augenentzündung: „Gott sei Dank haben wir das rechtzeitig entdeckt und zumindest auf dem linken Augen kann sie noch sehen.“
RuFV Vierlanden: Dressurreiterin Leonie Schelletter auf Quavoni am Start
Stunden vor dem großen Prüfungsritt, der immerhin fünf Minuten dauert, waren Stute und Reiterin noch entspannt. Im heimischen Stall, der nur von der Familie genutzt wird, war alles ruhig und für beide eine gewohnte Umgebung. Zumal beide hinter dem Stall, auf der Weide und dem Viereck, regelmäßig trainieren und auch den Ablauf der zu absolvierenden Prüfung eingeübt haben. „Ich brauche niemanden, der mir am Rande zuruft, was als Nächstes in der Prüfung drankommt, ich habe den Ablauf auswendig gelernt“, die 28-Jährige, die mit diesem Vorgehen die eigene Konzentration auf dem Platz hochhält.
Der jungen Frau, die beruflich das Büro eines KFZ-Gutachters am Laufen hält, bleibt für andere Hobbys als dem Reiten keine Zeit: „Ich reite eigentlich jeden Tag, das brauchen die Pferde“, sagt sie. Bereits als Dreijährige hat sie auf dem Pferd gesessen, damals entschieden ihre Eltern und der Bruder, mit dem Reiten zu beginnen. Eine große Passion, der die Eltern und Leonie treu geblieben sind. Bevor sie ihre Stute kaufte, hatte sie sich aufs Springen fokussiert, wie ihr Lebensgefährte.
Nicht nur die Reiterin putzt sich für das Turnier ganz besonders heraus
Nun aber widmet sie sich der Dressur: „Das Besondere dabei ist für mich die optische Leichtigkeit und das harmonische Bild zwischen Pferd und Reiter. Fast wie beim Tanzen oder Ballett“, sagt sie, während sie sanft durch die Mähne ihrer Stute streicht. Mit flinken Fingern teilt sie Haare in Strähnen, flechtet sie zu kleinen Zöpfen und steckt sie anschließend mit einer Haarnadel zu einem kleinen Kranz hoch. Das sei optisch eben auch wichtig für die Prüfung, erklärt sie, ebenso wie die Kleidung der Reiter mit heller Hose und dunklem Jackett, die Leistungs-Prüfungs-Ordnung (LPO) gibt entsprechende Regeln vor.
Und so kleidet sich Leonie Schelletter nach den Vorbereitungen mit einer engen hellen Hose, knielangen schwarzen Stiefeln und einem dunkelblauen Jackett mit ein Paar wenigen Glitzersteinen. Auch wenn beide in ihrer Körpergröße nicht besonders groß sind, sehen die Zuschauer ein schönes Paar: eine elegante junge Frau mit einer 1,60 Meter Stockmaß großen braunen Stute.
Starker Regen der Nacht hinterlässt auf dem Gelände deutliche Spuren
„Mir geht es beim Reiten in erster Linie um den Spaß und die Freude am Umgang mit den Pferden, nicht so sehr um die Siege und Auszeichnungen. Obgleich ich natürlich auch gern gewinne, aber das ist mit meiner Stute nicht leicht, denn sie ist auf dem Turnierplatz aufgeregt, wiehert herum, dabei klappt zu Hause meist alles wunderbar. Aber das macht mir nichts aus“, sagt die Reiterin.
Nach dem Aufsteigen auf Quavoni auf dem Turniergelände, sammelt sich die Dressurreiterin zusehends, wirkt fokussiert, und auch die sonst eher nervöse Stute scheint von dem Trubel um sie herum kaum etwas zu bemerken. Der Abreitplatz ist zwar leicht überschwemmt, die starken Regen- und Gewitterschauer der vorigen Nacht hatten am Sonntagmorgen deutliche Spuren auf dem gesamten Gelände hinterlassen.
Starterfeld deutlich geschrumpft: War der Regen Schuld?
Glücklicherweise hat der Prüfungsplatz einen Sandboden, der gut zu bereiten war. Es klickten die Kameras sowohl auf dem Springplatz, bei dem gerade das Jump and Run Turnier stattfand, aber auch bei den Dressurreitern wurde interessiert zugeschaut. Leonie Schelletter ist Mitglied im RFV und freut sich stets über die gute Stimmung, die dort herrscht, kein Neid, keine Sticheleien, sondern pure Freude am gemeinsamen Sport mit den Pferden.
Das scheint sich am Sonntag besonders auf das Paar auszuwirken, ohne größere Fehler absolvieren die beiden ihren Ritt, meist perfekt konzentriert. Von den ehemals mehr als 20 gemeldeten Dressurreitern für die Prüfung der Klasse M, wollen am Morgen noch zwölf starten, letztlich sind es, vermutlich wegen des Wetters der vorangegangenen Nacht und des anhaltenden Nieselregens, nur neun Reiter. Leonie Schelletter belegt am Ende mit der Startnummer 417 und 7,00 Punkten den dritten Platz.
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Auf Platz 1 landet Leonie Seufert vom RFV Stade mit Famous Franzi und 7,30 Punkten, Platz 2 erreichen Ann-Christin Graf vom Hasenthaler RV Geesthacht mit Fantastic Fury und 7,10 Punkten. Für Leonie Schelletter und ihren Lebensgefährten ein toller Abschluss des Wochenendes, bevor es in den Kurzurlaub nach Teneriffa geht.