Frankfurt am Main/Hamburg. 95-Jähriger aus Tennessee soll in einem Außenlager des KZ Neuengamme tätig gewesen sein. Es liegt ein Vernehmungsauftrag vor.
Die USA haben einen ehemaligen KZ-Wächter nach Deutschland ausgewiesen. Der 95 Jahre alte Friedrich Karl B. landete am Sonnabend auf dem Frankfurter Flughafen, wie ein Sprecher der Bundespolizei bestätigte. Zuvor hatte „Der Spiegel“ über die bevorstehende Ankunft berichtet.
B. kam den Angaben zufolge am späten Vormittag mit einem Ambulanzflugzeug in Frankfurt an. Die Bundespolizei übergab ihn dem hessischen Landeskriminalamt. Ein LKA-Sprecher sagte, es liege ein Vernehmungsauftrag der Generalstaatsanwaltschaft Celle vor. Der Vorwurf laute Beihilfe zum Mord.
Nach Angaben von US-Behörden hat B. gestanden, als Wachmann in einem Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme nahe dem niedersächsischen Meppen Gefangene bewacht zu haben. Er lebte zuletzt im US-Bundesstaat Tennessee. Im Februar 2020 hatte ein Richter in den USA die Abschiebung angeordnet, im November 2020 lehnte eine Berufungsinstanz den Einwand von B. ab. Er sei „aktiver Teilnehmer in einem der dunkelsten Kapitel der Geschichte der Menschheit“ gewesen, erklärte ein Vertreter der Einwanderungsbehörde. Die USA böten „Kriegsverbrechern“ keinen Schutz.
Die Verfahrenseinstellung ist „nicht in Stein gemeißelt“
In der Begründung des Urteils vom Februar hieß es, in dem Außenlager seien unter anderem Juden, Polen, Russen, Dänen, Niederländer, Franzosen und politische Gefangene inhaftiert gewesen. Sie seien im Winter 1945 unter „grauenhaften“ Bedingungen interniert gewesen und hätten „bis zur Erschöpfung und zum Tod“ arbeiten müssen. Dabei seien „unter unmenschlichen Bedingungen“ rund 70 Häftlinge ums Leben gekommen.
Im September 2020 hatte die Generalstaatsanwaltschaft Celle die Ermittlungen übernommen, im Dezember aber „mangels hinreichenden Tatverdachts“ wieder eingestellt. Die eingeräumte Bewachung von Gefangenen in einem Konzentrationslager, das nicht der systematischen Tötung der Gefangenen diente, reicht als solche für einen Tatnachweis nicht aus, hieß es damals zur Begründung. Die Ermittlungen hätten den Mann „nicht mit einer konkreten Tötungshandlung in Verbindung gebracht“.
Zunächst soll die Aussagebereitschaft des Mannes geklärt werden
Nun teilte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Celle mit, es gehe zunächst darum, die Aussagebereitschaft des Mannes zu klären. Die Verfahrenseinstellung sei „nicht in Stein gemeißelt“: Sollte B. bereit sein, sich zu äußern, könne das Verfahren jederzeit wieder aufgenommen werden.
Laut „Spiegel“ war B. 1959 nach Tennessee gezogen und hatte dort viele Jahre unerkannt gelebt. Erst der Fund von Karteikarten aus der „Thielbek“ führte die Ermittler auf seine Spur. Das Frachtschiff wurde 1945 von Alliierten in der Ostsee bombardiert und versenkt, weil sie es für einen Truppentransporter gehalten hatten. An Bord befanden sich jedoch Tausende KZ-Häftlinge, die zu Tode kamen.
B. habe seine Rolle als Wächter in seiner Zeit in den USA zwar eingeräumt, allerdings habe er damals nur die Befehle seiner Vorgesetzten ausgeführt.