Hamburg. Gesundes aus der Region direkt ins Haus: Derzeit ist das gefragter denn je. Manche Anbieter im Landgebiet stoßen gar an Grenzen.
Einer der Fahrer des Milchhofs Reitbrook belädt auf dem weitläufigen Gelände am Vorderdeich einen Transporter mit Hunderten Joghurts, Milchflaschen und eingeschweißtem Käse. Wenige Meter entfernt, vor dem Kuhstall, rangiert ein großer Traktor, der Silage (Gärfutter) verlädt. Der Fahrer wird gleich zu einer vierstündigen Auslieferungstour starten. Nebenan, im 25-Quadratmeter-Büro im ersten Stockwerk, sitzt Jan-Hendrik Langeloh, der das Unternehmen mit Rainer Kohrs (58) führt. Langeloh muss die Auslieferungstouren für die kommenden Tage neu koordinieren: „Einer der Fahrer ist krank geworden.“ Diese Mehrarbeit kommt dem 44-Jährigen höchst ungelegen: Die Pandemie beschert ihm wachsenden Umsatz – aber auch mehr Arbeit.
In Zeiten von Corona sind Lieferdienste gefragter denn je. Viele Verbraucher lassen sich Nahrungsmittel ins Haus bringen, gern auch gesunde, sparen so den Gang durch den Supermarkt. Entsprechend sind die Zahlen der privaten Abonnenten bei Unternehmen wie dem Milchhof Reitbrook, Der Hoflieferant und Sannmann Gemüse-Abo in die Höhe geschossen.
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Boom der Lieferdienste: Milchhof Reitbrook setzt auf „gesunden Vertriebs-Mix“
Für die Belieferung von Schulen, Kitas, Restaurants und Cafés sei vor Corona rund die Hälfte der Produkte vom Milchhof Reitbrook (163 Kühe) verwendet worden, berichtet Langeloh. „Jetzt macht dieser Bereich nur noch etwa 20 Prozent aus.“ Etwa die gleiche Menge werde an die Molkerei verkauft, die vor der Pandemie nur etwa zehn Prozent der Milch erhielt. Der Verkauf von Milch, Joghurt und Käse an private Abonnenten habe sich von etwa 40 auf nun gut 60 Prozent Anteil gesteigert. Ihre Zahl wuchs innerhalb weniger Monate von rund 1000 auf 1400.
Der studierte Agrarökonom Langeloh freut sich über einen „gesunden Vertriebs-Mix“ und darüber, dass keine Milch weggekippt werden musste. Die Neustrukturierung des Vertriebs mit seinen 40 Mitarbeitern sei allerdings eine logistische Herausforderung gewesen: „Wir mussten die Touren umstrukturieren. Inzwischen hat sich alles eingependelt. Aber bei den nächsten gravierenden Veränderungen im Lockdown steht uns eine erneute Umstrukturierung bevor.“
Bleiben Neukunden auch nach der Pandemie treu?
Zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 habe der Betrieb „deutliche Einbußen“ verkraften müssen. „Doch dann sind viele Gastronomen auf to go umgeschwenkt und haben wieder unsere Produkte gekauft. Außerdem stieg schnell die Zahl der Abonnenten.“ Für Langeloh auch wichtig: „Die Bestandskunden bestellten plötzlich mehr.“ Inzwischen sei der Abo-Verkauf leicht rückläufig, weil die Kunden „ihre Bestellmengen wieder ein bisschen reduzieren“. Natürlich hoffe der 44-Jährige, dass die Neukunden seiner Firma auch nach pandemiebedingten Lockerungen treu bleiben – und dass die Zahl der Kunden weiter wächst. „Wir haben schließlich noch knapp 20 Prozent Luft“, sagt Langeloh mit Verweis auf den Anteil der Milchmenge, der derzeit an die Molkerei verkauft wird. Denn das Geschäft mit Abokunden und Gastronomen beschert ihm mehr Gewinn. „Falls notwendig, würden wir auch bei anderen Milchbauern zukaufen.“
149 Kühe würden täglich gemolken, 14 sind hochtragend. Etwa 10.000 Liter Milch produziert jede Kuh durchschnittlich im Jahr. Aus der gesamten Milchmenge werden jeden Monat unter anderem 10.000 Kilo Joghurt im Monat produziert. Beliefert werden Abonnenten in Bergedorf und Umgebung. Auch Haushalte in der Innenstadt können die Produkte beziehen: „Sie werden mithilfe von Kooperationspartnern wie Frischepost beliefert.“
Internet: www.milchhof-reitbrook.de.