Hamburg. Das Offene Atelier wird bis Ende des Jahres verlängert. Unter Kulturschaffenden ist das Projekt im Einkaufszentrum CCB ein Renner.
Kultur und Kunst mitten im Einkaufscenter – passt das zusammen? Am 15. Dezember 2021 unterschrieb Anke Noppen den zunächst auf sechs Monate befristeten Mietvertrag für die ehemalige Fläche von Fahrrad Marcks im ersten Stock des CCB in Bergedorf. Ein halbes Jahr später, das zeigt das Interesse und der Zuspruch beim Publikum, ist dieses Offene Atelier, gefördert von der Hamburger Kreativgesellschaft, ein Erfolg mit Fortsetzung.
„Das Offene Atelier darf noch ein halbes Jahr länger bleiben“, verkündete Anke Noppen am Donnerstagabend beim „Come together“ mit Gleichgesinnten. Die Leitung des CCB stimmte zu, und auch die Kreativgesellschaft unterstützt das Projekt weiter bis Jahresende. Kunst und Kultur im Einkaufscenter – da wollen profilierte Werkschaffende genauso wie blutige Anfänger zeigen, was sie können.
Offenes Atelier im CCB: Auch Malschule für Kinder fand Anklang
Etwa 40 Künstler haben das seit Jahresende 2021 getan, darunter so illustre Namen wie Jo Eagle (alias Achim Sperber), Karin Lieschke und auch Hans-Gerhard Meyer. Aber nicht nur lokale Größen gastierten, sondern auch international bekannte wie der Filmemacher Mohammed Alsheik oder das Model-Influencerinnen-Mutter-Tochter-Doppel Aneta Pahl und Julia Modzelewski. „Viele also, für die Kunst längst mehr als ein Hobby geworden ist“, urteilt Anke Noppen, „alle zwei Wochen hieß es: Vernissage, Midissage, Finissage.“
Doch auch andere Angebote fanden Anklang. Wie die Malschule für Kinder. Dabei wurde festgestellt, dass sich die junge Generation vermehrt für das Zeichnen von Comics und Mangas begeistert. Dazu gab es regelmäßige Arbeitsangebote im Atelier wie die Papiermetamorphosen, Bastelworkshops, auch mal ein Fotostudio oder das aktuell laufende „Intuitive Malen für Frauen“, das immer montags angeboten wird.
CCB: Auch Diskussionen, Lesungen oder Filmevents möglich
Es überrascht wenig, dass das kommende halbe Jahr im Offenen Atelier gut gebucht ist. Noppen kündigt Themenausstellungen an, „wir planen in Kooperation mit dem CCB auch Abendveranstaltungen wie Diskussionen, Lesungen oder Filmevents“. Oder wie wäre es zum Beispiel mit einer nigerianisch-ghanaischen Modenschau?
Schon sehr bald beschreitet Noppen eine Art Reise in die eigene Vergangenheit, wird sie doch von der Fotografin Sandra Doneck die „Klimaaktivist*innen-Ausstellung“ darbieten. „Ich bin ja früher auch mal von der Polizei von der Straße weggeholt worden“, erinnert sich die 55-Jährige an wildere Jahre.
Viele Stadtzentren stecken im Umbruch
Das Offene Atelier ist also eine gelungene Umsetzung des Senatsprogramms „Frei_Fläche“, in dem Kunst und Kultur prominenten Orten aufgrund von Leerständen neue Lebensenergie einhauchen. Zu den Fürsprechern genau solcher Lösungen gehört Christel Oldenburg, Bürgerschaftsabgeordnete für die SPD aus Bergedorf. „Kulturelle Angebote sind der richtige Weg für die Entwicklung zeitgemäßer Innenstädte“, findet sie.
Viele Stadtzentren steckten im Umbruch – wie auch Bergedorf nach dem Karstadt-Ende im Sachsentor. Oldenburg ist aber überzeugt, dass „Wohnungsbau allein das Problem der Leerstände nicht lösen könne“.
„Leerstand ist für mich ein gefundenes Fressen“
Trotz Vorfreude über die Mini-Kunst-Enklave im CCB bleibt aber bei der SPD-Politikerin auch Enttäuschung über eine verpasste Chance. Denn Künstler und die Kreativgemeinschaft hatten auch das Karstadt-Haus im Sachsentor als temporären Projektort ins Auge gefasst, der Immobilienverwalter anfangs auch Interesse bekundet, dann aber die Projektwilligen nur noch vertröstet. „Jetzt ist es zu spät, das Programm wird nicht mehr weitergeführt“, sagt Oldenburg.
Das gilt dann auch für das Offene Atelier am Ende dieses Jahres – zumindest im CCB. Gern fällt im Zusammenhang mit der 277 Quadratmeter großen Fläche die Vokabel des „Leerstandsmanagements“. Anke Noppen sagt nur: „Leerstand ist für mich ein gefundenes Fressen. Den muss man füllen und nicht managen.“ Und dies könne, wenn nicht mehr im CCB, auch an anderer Stelle geschehen.