Hamburg. Hamburgweit ist die Zahl der Lehrstellen 2020 um fast 20 Prozent eingebrochen. In Bergedorf sieht’s noch schlechter aus.

Der Nachwuchsmangel im Handwerk hat sich in der Corona-Pandemie noch mal deutlich verstärkt: Hamburgweit ist die Zahl der Lehrstellen im Jahr 2020 um fast 20 Prozent auf 1168 eingebrochen und hat sich 2021 mit 1285 nur leicht erholt. Bergedorfs Zahlen sind sogar noch dramatischer: Hier schrumpften die Neuverträge im ersten Jahr der Pandemie um 28,5 Prozent auf 143 und wuchsen 2021 auch nur auf knapp 170.

Nachwuchsmangel in Hamburg: Immer weniger Auszubildende im Handwerk

„Wir hätten uns wenigstens das Niveau von 2019 erhofft. Aber davon sind wir leider noch weit entfernt“, sagte Stephanie Anders, Referentin für Bildungspolitik der Handwerkskammer, am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss der Bezirksversammlung. Immerhin zeige der Trend aber weiter nach oben, seien in Bergedorf doch aktuell schon 65 freie Lehrstellen für das neue Ausbildungsjahr gemeldet.

Hauptursache für die anhaltende Flaute ist nach den Worten von Bezirkshandwerksmeister Christian Hamburg der zusammengebrochene Praktikums-Markt: „Corona hat dazu geführt, dass im Bauhandwerk viele Betriebe aus Angst vor Infektionen keine dritte Person mehr in ihren Wagen zuließen. Außerdem strichen viele Schulen die Praktikumszeiten. Das hat unsere wichtigste Azubi-Quelle versiegen lassen.“ Das Handwerk müsse alles daran setzen, dass 2022 nicht zum dritten Lehrlingsmangel-Jahr in Folge werde. „Die Auftragsbücher sind schließlich rappelvoll.“

Viele Betriebe in Hamburg sind ohne wirtschaftliche Schwierigkeiten durchgekommen

Genau deshalb hat die Pandemie aber auch eine positive Seite für das Handwerk: „Die meisten Betriebe sind ohne wirtschaftliche Schwierigkeiten durchgekommen. Das haben viele der künftigen Schulabgänger und ihre Eltern nicht übersehen. Wir gelten mittlerweile als zukunftsfähige Branche“, sagt der Bezirkshandwerksmeister, der auch seinen Maler- und Raumausstatterbetrieb in Altengamme in den vergangenen zwei Jahren um sieben Mitarbeiter auf jetzt knapp 30 erweitert hat.

Damit 2022 möglichst viele Schulabgänger ins Handwerk kommen, hat die Kammer diverse Projekte gestartet. So wurde unter www.ausbildung-hamburg.de mit Unterstützung von Jugendlichen eine Job-Infoseite gestaltet, die viele Berufe samt Ausbildung vorstellt. Zudem gibt es unter anderem eine Ferienjobbörse, digitale Projektwochen – und in Bergedorf auch 2022 wieder den Lehrstellenatlas von der hiesigen Ausbildungsinitiative.

Was sind die beliebtesten Lehrberufe in Bergedorf?

Beliebteste Lehrberufe waren in Bergedorf 2021 der Anlagenmechaniker mit 33 Verträgen vor dem Kfz-Mechatroniker (31) und dem Elektroniker (18). „Darunter allerdings insgesamt nur zwei, die von jungen Frauen unterzeichnet wurden“, beklagte Stephanie Anders das zweite ganz große Problem des Handwerks: Nur zwei von zehn Azubis sind heute weiblich – Tendenz seit Jahren fallend.

Das umzukehren ist Thema einer Arbeitsgruppe der Handwerkskammer, die schon seit einigen Jahren immer wieder tagt. Ein erster Erfolg scheint ausgerechnet in der Pandemie gelungen: 2020 stieg der Frauenanteil unter den Azubis im Hamburger Handwerk erstmals seit 2008 an: von 19,1 auf 21,2 Prozent.