Dassendorf. Sie holten Meistertitel in Serie, haben die prominentesten Spieler der Oberliga. Doch jetzt hakt es plötzlich bei der TuS Dassendorf.

Wie sehr die Akteure der TuS Dassendorf einem Fußballspiel nach über achtmonatiger Pandemie-Pause entgegengesehnt hatten, war in ihrer Testpartie am 24. Juni beim SC Wentorf (7:1) deutlich zu sehen. Mit großer Laufbereitschaft und riesiger Spielfreude erteilte das Team von Coach Jean-Pierre Richter dem Bezirksligisten im ersten Abschnitt eine kostenlose Lehrstunde. Zur Pause führte der Gast gegen einen schwindelig gespielten Kontrahenten mit 4:0. Dann aber folgte ein zweiter Durchgang, in dem der TuS die Balance zwischen Kreativspiel und Kampf etwas abhanden kam. Ein paar Chancen für Wentorf und ein Gegentor waren die Folge davon, dass beim Dassendorfer Verteidigungsstil plötzlich etwas Laisser-faire Einzug gehalten hatte.

15 Gegentreffer in vier Testspielen. Was ist mit Dassendorf los?

Die mangelhafte Arbeit gegen den Ball war keine Momentaufnahme, sondern zog sich beinahe durch die komplette Vorbereitung. Gegen Landesligist Rahlstedter SC (3:2), die Regionalligisten Holstein Kiel II (2:6) und St. Pauli II (1:4) sowie den Bezirksligisten Hetlinger MTV (3:3) gab es für die in den Vorjahren defensiv so stabilen Dassendorfer viel zu viele Gegentreffer. „Einer allein wird das Tor nicht verteidigen können. Deswegen müssen wir am besten schon vorn damit beginnen“, fordert Richter daher von seinem Team. Die Defensive sei schließlich der „Grundstein für den Erfolg“, so der 34-Jährige.

Im Panikmodus ist Richter ob der holprigen Vorbereitung allerdings noch lange nicht. Schließlich sind seine Dassendorfer – sechsfacher Meister seit dem Aufstieg 2013 – in der Oberliga das Maß aller Dinge. „Nach acht Monaten ohne Wettkampf greift einfach noch nicht wieder ein Rädchen ins andere“, analysiert der Trainer. Er verweist auf den großen Umbruch im vergangenen Sommer, als neun Zugänge integriert werden mussten. Dieser Prozess fand wegen der Pandemie nach dem fünften Spieltag damals aber ein jähes Ende. Zumal die Saison später ganz abgebrochen wurde.

Mit Zhi-Gin Lam kam ein weiterer ehemaliger HSV-Profi

Und so geht die TuS Dassendorf nun praktisch mit einem Jahr Verspätung mit einer umformierten Mannschaft an den Start, die in Ex-HSV-Profi Zhi-Gin Lam, der zuvor in Hongkong aktiv war, sowie Torwart-Rückkehrer Christian Gruhne (VfL Lohbrügge) nur noch punktuell verstärkt wurde. „Wir sind absolut überzeugt vom Team, das sind alles gute Jungs“, erklärt Richter. Er hofft, rechtzeitig zum Saisonstart am 14. August gegen den Lokalrivalen VfL Lohbrügge mit dem „Finetuning“ fertig zu sein.

„Talent und Qualität ist das eine. Das Ganze dann umzusetzen ist die Kunst, um auch Titel zu gewinnen“, sagt Richter mit Blick auf seinen für Fünftliga-Verhältnisse fußballerisch überqualifizierten Kader. Denn in den Brüdern Kerim und Rinik Carolus, Marcel Lenz, Amando Aust, Maximilian Ahlschwede, Hendrik Dettmann, Len-Aike Strömer Mattia Maggio, Julian Barkmann und Kristof Kurczynski stehen zehn Spieler mit Dritt- oder Regionalliga-Erfahrung im Aufgebot. Hinzu kommen der frühere österreichische Nationalspieler Martin Harnik mit seinen 240 Bundesliga-Einsätzen sowie nun auch noch Lam, der immerhin 20 Partien für den HSV im deutschen Oberhaus bestritten hat.

Martin Harnik: „Wir starten nicht arrogant in die Saison“

Weil sich in dem 21-köpfigen Aufgebot (davon 19 Feldspieler) auch noch andere tolle Fußballer wie Offensiv-Allrounder Sven Möller oder das große Verteidiger-Talent Tom Muhlack tummeln, besteht die große Aufgabe von Richter darin, die Idealformation zu finden. „Die Frage ist ja immer, welcher Spielertyp hilft uns auf welcher Position am besten“, erklärt der 34-Jährige. Im Falle von Lam, der beim HSV einst auf dem Flügel wirbelte, wird dies das zentrale Mittelfeld sein. „Er hat eine immense Qualität und wird uns noch besser machen“, sagt Richter über den 30-Jährigen. Der aus Lohbrügge stammende Allrounder dürfte einen Stammplatz sicher haben. Auch Harnik, Maggio und Ahlschwede sind wohl gesetzt. Ansonsten aber ist das Gerangel um die Plätze in der Anfangsformation laut    dem Trainer noch in vollem Gange: „Es sind in jedem Fall noch Plätze für die erste Elf frei – mehr als ich mir gewünscht hätte.“

Richter spricht damit auf die wegen Impfungen, Urlaub und verletzungsbedingter Fehlzeiten teils komplizierte Vorbereitung an. „Ich hatte nicht einmal alle Mann an Bord“, klagt der 34-Jährige. Und dann wären da ja auch noch die vielen Gegentore in den Testspielen. Diese waren für alle ein großes Ärgernis, aber zugleich ein Wachrüttler, wie Harnik zu verstehen gibt. „Wir starten nicht arrogant, sondern eher demütig in die Saison. Wir sind etwas geerdet worden. Und das ist auch gut so“, sagt der Angreifer.