Hamburg. Lange Schlangen vor den Impfzentren - auch in Bergedorf. 2021 beeindruckt als Jahr der persönlichen Verantwortung gegen Corona.

Dieses Coronavirus macht Angst. Leider hat Corona auch das Jahr 2021 wieder in seinen Bann gezogen. Begonnen haben wir mit einem Lockdown, der die Innenstädte leer fegte. Mit dem Frühling keimte dann zwar vorsichtige Hoffnung auf, die viele erstaunlich schnell zu einem Sommer der Normalität übergehen ließ. Aber dann, im Herbst, der Hammer: Erst die Delta-Welle und nun Omikron. Also alles wieder auf Null? Geht bald wirklich nichts mehr?

Vielleicht muss das sein. Aber verdient haben wir das nicht. Mich habe die langen Schlangen vor den leider lange Zeit zu wenigen Impfzentren beeindruckt. Hunderte Bergedorfer, die teils Stunden geduldig warteten, um sich und andere vor einer Ansteckung zu schützen.

Jahresrückblick 2021: Bergedorfer Ärzte haben das Virus in Schach gehalten

Bei aller berechtigten Kritik an verschleppten Entscheidungen der Politik, an manchem Organisationschaos und deutschen Paragrafenreitern, die es fertigbrachten, Impfwillige nach Hause zu schicken, nur weil sie sich zwei Tage zu früh boostern lassen wollten: Unsere Bergedorfer Ärzte, allen voran das Bethesda Krankenhaus, haben das Virus in Schach gehalten. Das ist ganz großer Einsatz! Und hinten raus sogar Vorbild, denn Anfang Dezember hat endlich auch die Gesundheitsbehörde erkannt, dass wir 130.000 Bergedorfer ein Impfzentrum in unserer City brauchen.

Leider aber haben alle, die still in der Schlange Stehenden, diese unendlich vielen Verantwortungsbewussten, lautstarke Gegenspieler. Zwar gering in der Zahl, aber mit prominenten Auftritten. Auch mitten in Bergedorf – etwa immer montags, wenn es dunkel wird, als Demonstrationszug durch unsere Fußgängerzonen.

Einen erneuten Lockdown würden viele Geschäfte nicht überleben

Ulf Peter Busse, Chefreporter
Ulf Peter Busse, Chefreporter © NEWS & ART | Carsten Neff

Welcher Freiheitsgedanke sie reitet bei der kategorischen Ablehnung einer Impfung, bleibt mir schleierhaft. Gerade das Sachsentor und die Alte Holstenstraße, durch die sie mit ihren Parolen und Plakaten voll niedergeschriebener Hirngespinste marschieren, leiden besonders unter den Folgen der Pandemie. Einen erneuten Lockdown, maßgeblich ausgelöst durch die noch immer viel zu vielen Ungeimpften, werden viele Geschäfte hier nicht überleben. Und ganz ähnlich wird es der gesamten Kulturbranche gehen, auch den Restaurants, den Kneipen und Diskotheken. Selbst manchem Sportverein.

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Darüber wäre ich stinksauer. Da bin ich überzeugter Egoist. Zu gern sitze ich etwa in der Lola-Bar, kaufe im Sachsentor ein, treffe alte Freunde im „Olivo“ oder einfach beim Tennis. Ich habe auch großes Verständnis für die 2021er-Abiturienten des Luisen-Gymnasiums, die sich im Frühjahr aus Frust über die coronabedingt abgesagte Abi-Party „heimlich“ im benachbarten Bergedorfer Gehölz trafen, um sich dort dann eine filmreife Verfolgungsjagd mit der Polizei zu liefern.

Mit Querdenkertum hat das alles nichts zu tun. Nur mit einer gesunden Lust aufs Leben. Und genau dafür sollte unser Bergedorf stehen: Hier ist die Welt noch in Ordnung – weil jeder weiter denkt als nur an sich. Wenn es sein muss, stelle ich mich dafür auch jedes halbe Jahr wieder in eine dieser unendlichen Schlangen vorm Impfzentrum. Aber vielleicht kriegen wir ja auch das noch in den Griff. In Bergedorf sollte so etwas doch eigentlich möglich sein...