Hamburg. Viele Pflegekräfte gingen leer aus, sagt Sharon Uhlemann aus dem Bethesda Krankenhaus. Warum sie nun eine Petition startet.
Auf Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist die Pflegedienst-Chefin der Notaufnahme im Bethesda Krankenhaus derzeit gar nicht gut zu sprechen: „Er hat zwar im Kabinett eine Corona-Prämie für Pflegekräfte durchgesetzt“, sagt Sharon Uhlemann. „Aber der Gesetzentwurf ist so unfair, dass er aus uns Pflegenden in den Kliniken in eine Zweiklassengesellschaft macht.“
Damit den sogenannten Pflegebonus von bis zu 2500 Euro im Sommer nicht nur ein kleiner und aus Uhlemanns Sicht zudem sehr merkwürdig ausgesuchter Kreis bekommt, hat die 30-Jährige eine Petition gestartet. „Keine Spaltung der Pflege – Faire Verteilung der Corona-Prämie“ lautet der Titel. Sonntag hatten knapp 5000 Menschen online bei change.org unterzeichnet.
Corona-Prämie: Initiatorin hofft auf 100.000 Unterstützer
Bis Ende Mai hofft die Initiatorin auf 100.000 Unterstützer. „Das würde uns großes Gewicht geben und wäre noch rechtzeitig vor der Verabschiedung des Gesetzes. Vielleicht hört sich Lauterbach dann unsere Argumente an.“
Sie selbst stehe jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung, um den Schock in den Kliniken angesichts des bisherigen Gesetzentwurfs zu beschreiben: „Die Pandemie hat uns im Bethesda über alle Stationen zusammengeschweißt. Nur so ist die Arbeit überhaupt zu schaffen.“
Pflegenotstand: Seit zwei Jahren arbeiten alle am Limit
Zwar arbeiteten alle seit zwei Jahren am Limit oder eigentlich längst darüber. „Doch gemeinsam meistern wir diesen Dauerstress, springen überall ein, damit jeder einzelne Patient gut versorgt wird. Jetzt aber sollen bloß die dreijährig examinierten Gesundheits- und Krankenpfleger auf bettenführenden Stationen die Prämie bekommen, auf der Intensivstation sogar den anderthalbfachen Satz. Alle anderen gehen leer aus.“ Alle anderen sind etwa Pflegehelfer, Altenpfleger, Hebammen, Notfallsanitäter, Physiotherapeuten sowie Anästhesie- und OP-Assistenten. Und nebenbei auch alle Kollegen in der Notaufnahme des Bethesda, weil sie nicht als bettenführende Station gilt.
„Irgendjemand in Lauterbachs Ministerium scheint zu glauben, dass ein Corona-Patient vom Rettungswagen direkt in die Intensivstation gefahren wird. Dabei geht er erst durch die Notaufnahme, vielleicht den OP-Bereich und falls Corona erst später erkannt wird durch diverse andere Bereiche“, sagt die Chefin von 30 Mitarbeitern in der Notaufnahme des Bethesda. „Mit Corona-Patienten hat hier jeder zu tun. Seit zwei Jahren.“
Zwei Drittel aller Pflegenden bekommen die Corona-Prämie
Für den Pflegebonus sieht Lauterbachs Gesetzentwurf der eine Milliarde Euro vor, die sich Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen je zur Hälfte teilen. Für den Klinikbereich wird geschätzt, dass etwa 230.000 Pflegekräfte in den Genuss der Corona-Prämie kommen, das wären etwa 66 Prozent. Selbst dann ist sind die Zuwendungen allerdings sehr unterschiedlich. Sie reichen von 550 bis 2500 Euro steuerfrei.
„Ich frage mich, wer ihn bei diesem Gesetz beraten hat“, sagt Sharon Uhlemann, die um den Teamgeist in den Kliniken fürchtet. Alle Details zu ihren Argumenten finden sich in ihrer Petition auf change.org.