Hamburg. Das ehemalige, pinkfarbene Hausboot „G.Unter“ war Kulisse für Sängerin Schwessi. Sie gehört zu Udo Lindenbergs Kreativteam.
Mette (7) und Linus (11) liefern sich eine Kissenschlacht, Popsängerin Schwessi ist mittendrin. Sie sitzt vor Panoramascheiben, die einen tollen Ausblick auf die Billwerder Bucht bieten. Das Trio wird mit mehreren Scheinwerfern beleuchtet und gefilmt. Mehrfach wird eine Szene wiederholt, in der Linus der 45-Jährigen ein Kissen um die Ohren haut. Die Kissenschlacht endet in einer Knuddel- und Kitzelorgie auf dem Sofa.
Schwessi, mit bürgerlichem Namen Sonja Schwabe, dreht gerade ein Musikvideo auf dem Hausboot „G.Unter“, das einst dem 2017 gestorbenen Country- und Schlagersänger Gunter Gabriel gehörte. Er lebte darauf lange im Harburger Hafen. Auf dem Boot, das nun in der Billwerder Bucht in Rothenburgsort liegt, hatte sich die Rockröhre drei Tage und zwei Nächte lang bis zum Freitag mit ihrem Team einquartiert.
Popsängerin Schwessi: Drittes Musikvideo zu den Songs aus dem Album
„Hallo Selbstmitleid“ ist die neue Singleauskopplung aus Schwessis Debütalbum „Achtung Überlebensgefahr“, das im Herbst 2021 erschienen ist. Das Hausboot-Video wird am Sonntag, 8. Mai (Muttertag), veröffentlicht. „Hallo Selbstmitleid“ ist bereits das dritte Musikvideo zu Songs aus dem Album. „Kannst du mich hören“ und „Wer ist das Volk“ sind auf Youtube.com/Schwessi zu finden.
Die Sängerin arbeitet seit 16 Jahren im Kreativteam von Udo Lindenberg. Unter anderem betreute Schwessi die Homepage des Sängers, führte Lindenbergs Tourtagebuch, drehte Dokus, interviewte musikalische Gäste wie Helge Schneider und Gentleman. „Später, ab 2014, habe ich auch einige seiner Songs mitgeschrieben.“
Lindenberg hat sich revanchiert: Bei Schwessis Lied „Alles geht“ wirkte er als Komponist mit. Acht der zehn Lieder auf dem Album hat sie im Alleingang geschrieben und komponiert. Udo Lindenberg habe sie motiviert, endlich ihr erstes Album aufzunehmen.
Schwessi schreibt Lieder mit ihren eigenen Erfahrungen
Für ihr Debütalbum hat Schwessi zehn Songs eingespielt. Sie singt mit kratziger Stimme, spielt Gitarre, Keyboard und Melodica. Ihren Deutsch-Pop garniert sie mit Hip-Hop-, Reggae- und Funk-Rhythmen. In ihren Liedern greift Schwessi meist politische und gesellschaftliche Themen auf.
Sie berichtet aber auch aus ihrem eigenen Leben voller Höhen und Tiefen. So spiegeln sich ihre Erfahrungen als alleinerziehende Mutter eines elfjährigen Sohnes in einigen Songs wider, etwa in „Hallo Selbstmitleid“.
Schwessi: „Wenn man die volle Verantwortung für alles hat, ist das eine Zerreißprobe. Das ist ein abgefucktes, aber auch geiles Leben.“ In dem neuen Single-Song setzt sich die Musikerin aber auch auf lustige Weise mit dem Leben alleinerziehender Mütter auseinander. Sie weiß, wovon sie spricht, zieht ihren Sohn ja solo auf.
Saniertes Hausboot wird zeitweise an Künstler vermietet
Das Hausboot „G.Unter“ gehört dem aus Hamburg stammenden und in Berlin lebenden Musiker Olli Schulz (48) und dem Webdesigner, Musiker und Youtube-Star Fynn Kliemann (34). Die beiden Künstler kauften das Boot vor vier Jahren für rund 30.000 Euro.
Die aufwendige Sanierung des früheren, maroden Gunter-Gabriel-Bootes dokumentierten Schulz und Kliemann in der 2021 veröffentlichten Netflix-Dokuserie „Das Hausboot“. Das Boot wird nun, nach der umfangreichen Instandsetzung, an andere Künstler vermietet, die dort beispielsweise an ihren Songs schreiben oder Videoclips drehen können.
Sängerin arbeitet mit lieber mit Frauen
Schwessi drehte die Kissenschlacht-Szene im Hausboot-Wohnzimmer, das gleichzeitig ein komplett eingerichtetes Aufnahme-Musikstudio ist. Neben Mette und Linus sind in anderen Szenen 18 weitere Kids zu sehen. Die Kinder stammen aus Schwessis Freundes- und Bekanntenkreis. Das Team hinter der Kamera – darunter Make-up-Artist André von der Heiden, Fotografin Tine Acke und Regisseurin und Kamerafrau Tini Lazar – besteht aus Freiberuflern, die schon häufiger mit Schwessi gearbeitet haben.
„Ich arbeite vor allem mit Frauen zusammen, möchte stets eine hohe Frauenquote erzielen“, sagt die Feministin. Ihre Band bestehe aus fünf Musikerinnen. Gerade bei Film- und Fernsehproduktionen seien sonst Männer in der deutlichen Überzahl.
Am 12. Mai feiert die Sängerin ein Release-Konzert mit Party
Die 45-Jährige möchte einen Kontrapunkt setzen, „gerade bei diesem Song“, der sich dem harten Alltag von Müttern widmet. Schwessi: „Jetzt, in der Pandemie, kehren leider viele Mütter in alte Rollenklischees zurück.“ Sie würden sich um die Kinder und den Haushalt kümmern, während der Mann das Geld verdient. „Deshalb sind viele Mütter überlastet. Sie benötigen viel Kraft und Optimismus. Mit meinem Song möchte ich das sichtbar machen.“
Auch sie selbst habe mal ein Hausboot gehabt. „Es lag nahe der Schiefen Brücke in Curslack“, sagt Schwessi. „Es war leider ein Schrotthaufen und nicht sicher genug, um mit einem kleinen Kind darauf zu leben.“
Album-Release-Konzert am 12. Mai
Am Donnerstag, 12. Mai, 20.30 Uhr, feiert die Allermöherin ein Album-Release-Konzert „mit vielen Überraschungsgästen, unter anderem befreundete Sängerinnen, Musiker und Comedians“ sowie eine After-Show-Party in der Nochtwache. Wegen coronabedingter Verzögerungen der Renovierungsarbeiten in der Nochtwache wurde das ursprünglich für den 18. März geplante Release-Konzert verschoben. Der Eintritt kostet 24,10 Euro.