Hamburg. Sonja Schwabe, genannt Schwessi, hat Udo Lindenberg bei vielen Projekten geholfen. So revanchiert sich der Hamburger Musiker.

Sonja Schwabe wird von ihren Freunden Schwessi genannt. Den Spitznamen hat sie ihrem Bruder zu verdanken, der wohl zu faul war, das lange Wort Schwester auszusprechen. Schwessi ist inzwischen nicht nur ein Spitzname, sondern auch ein Künstlername. Denn die in Allermöhe an der Dove-Elbe lebende 45-Jährige ist seit drei Jahren Profimusikerin. Nachdem sie 2019 ein Minialbum veröffentlichte, will sie nun richtig durchstarten: Am Freitag, 15. Oktober, ist ihr erstes, selbst produziertes Album mit einer Startauflage von 1000 Exemplaren erschienen.

Für „Achtung Überlebensgefahr“ hat Schwessi zehn Deutsch-Pop-Songs eingespielt. Sie singt mit kratziger Stimme, spielt Gitarre, Keyboards und Melodica. Ihren Deutsch-Pop garniert sie mit Hip-Hop-Reggae- und Funk-Rhythmen.

Schwessi hat ihr erstes selbst produziertes Album veröffentlicht

Bei dem Lied „Wer ist das Volk“ sind Kinder aus dem Sonnenstimmen-Chor der Curslackerin Juliane Brachvogel zu hören. Schwessi arbeitet seit einiger Zeit mit dem Kinderchor und Musiktheater zusammen, schreibt Lieder für Musikstücke der Kleinen. „Wer ist das Volk“ und „Kannst du mich hören“ sind die ersten beiden Single-Auskopplungen. Zu den Liedern gibt es aufwendige, lustige Musikvideos. Sie sind im Internet abrufbar auf Youtube.com/Schwessi.

In ihren Liedern greift Schwessi meist politische und gesellschaftliche Themen auf- Sie berichtet aber auch aus ihrem eigenen Leben voller Höhen und Tiefen. So spiegeln sich ihre Erfahrungen als ledige, alleinerziehende Mutter eines elfjährigen Sohnes in einigen Songs wider, etwa in Albumtrack fünf mit dem Titel „Hallo Selbstmitleid“. Schwessi: „Wenn man die volle Verantwortung für alles hat, ist das eine Zerreißprobe. Das ist ein abgefucktes, aber auch geiles Leben.“

Schwessi lebt sein 14 Jahren in Hamburg

Sie sei lange rast- und ruhelos gewesen, auch im Ausland, berichtet die 45-Jährige, die aus dem kleinen Dorf Wohlmuthshüll in der Fränkischen Schweiz stammt und seit 14 Jahren in Hamburg lebt. „Ich habe eine ganze Zeit lang ein Nomadenleben geführt“, sagt die Musikerin mit den lila gefärbten Haaren.

Schwessi betont, dass sie Hamburg liebe, insbesondere Bergedorf. Dorthin zog sie, kurz nachdem sie Mutter geworden war, um in ruhigere Fahrwasser zu gelangen. „Ich war halt immer ein Landei“, sagt Schwessi grinsend. Der Bezirk sei mit seiner Natur, den Badeseen und Biohöfen perfekt, meint die Musikerin. „Und man ist in null Komma nix in der Stadt.“ Schwessi sang schon als 16-Jährige in einer Schülerband, spielte dort auch Gitarre. Auftritte als Rapperin einer Hip-Hop-Combo und mit einer Poppunk spielenden feministischen Frauenband folgten.

Sonja Schwabe arbeitet für Udo Lindenberg

2006 trat sie dann mit Max O. Menos im Duo auf, ihr Gesangspartner war auch Produzent, und die Ansprüche an die eigene Leistung stiegen. Deshalb bewarb sich Schwessi mit Erfolg an der Pop-Akademie in Mannheim, wurde gecoacht. „Dann wollte ich schon damals mein erstes Album aufnehmen. Doch ich wurde schwanger – und alles war plötzlich anders. Meine beruflichen Pläne lagen auf Eis.“ Erst neun Jahre später griff sie das Projekt wieder auf.

Bereits 2006, als sie „planlos durch Thailand reiste“, las sie von Udo Lindenbergs damals neuer Stiftung, mit der der Hamburger Sänger unter anderem junge Berufskollegen unterstützt. „Da wollte ich mitarbeiten, also schrieb ich eine E-Mail, die seine Freundin an ihn weiterleitete. Er hat noch in der gleichen Nacht geantwortet.“ Seitdem arbeitet Schwessi für den Nuschelrocker, der 2007 ein Comeback feierte. „Wir waren gleich connected“, sagt sie über ihr Idol aus Teenagertagen.

Musikerin kümmert sich um Social-Media-Kanäle von Lindenberg

Schwessi konzeptionierte die Homepage der Stiftung, schrieb Texte, betreute bald auch die Homepage des Sängers. „Das mache ich bis heute.“ Im Impressum wird sie als verantwortlich für die Texte geführt. Schwessi führte Lindenbergs Tourtagebuch, drehte Dokus, interviewte musikalische Gäste wie Helge Schneider, Clueso, Gentleman und Stefanie Heinzmann. Sie kümmert sich um die Social-Media-Kanäle, auch bei Büchern des Panikrockers schrieb sie mit, verfasste Texte für Bildbände. „Später, ab 2014, habe ich auch einige seiner Songs mitgeschrieben.“

Lindenberg hat sich revanchiert: Bei Schwessis neuem Lied „Alles geht“ wirkte er als Komponist mit. „Den Text habe ich erst geschrieben, als das Lied schon komponiert war. Normalerweise mache ich das aber selbst – und in umgekehrter Reihenfolge.“ Acht der zehn Lieder auf dem Album hat sie im Alleingang geschrieben und komponiert.

Schwessi spielt am 8. November ein Konzert in Bergedorf

Udo Lindenberg habe sie motiviert, endlich ihr erstes Album aufzunehmen. „Am Sonntagabend habe ich ihn besucht und ihm eine Ausgabe geschenkt.“ Die Songs kannte der Star allerdings schon: „Er hat sich von mir die Rohversionen schicken lassen – schließlich findet er meine Musik mega“, sagt Schwessi und grinst frech.

Die Arbeit für Lindenberg hat sie zurückgefahren, denn Schwessi will ihre eigene Karriere vorantreiben: „Ich möchte als Künstlerin sichtbar werden, muss deshalb mein eigenes Projekt pushen.“

Am Montag, 8. November, spielt Schwessi ihre Popsongs live im Kulturforum am Serrahn (Serrahnstraße 1). Die Uhrzeit steht noch nicht fest. Für den 19. März ist ein Konzert im Nochtspeicher in Hamburg geplant. Die CD „Achtung Überlebensgefahr“ ist überall im Fachhandel erhältlich. Wer sich über die Website www.schwessi.de an die Sängerin wendet, bekommt eine CD mit persönlicher Widmung und „Schwessigramm“.