Hamburg. Der „Bergedorfer Auslandsbrief“ war Teil einer großen Briefmarkenauktion am Sonnabend – die zum Bietergefecht ausartete.

Heute führt die Paniglgasse, benannt nach einem altansässigen Wiener Bürgergeschlecht, von der Karlskirche bis zur Technischen Universität. Wer indes das Fräulein Ferdinande Murjahn war, das einst dort bei Frau von Fellner wohnte, bleibt ein Geheimnis der Geschichte: „Darüber haben wir leider nichts herausfinden können, auch der Inhalt des Bergedorfer Absenders ist unbekannt“, sagt André Schneider.

Er ist der Marketingleiter des Wiesbadener Auktionshauses Heinrich Köhler, das sich auf Briefmarken spezialisiert hat – und einen besonderen Schatz aus Bergedorf angeboten hat – zum Startpreis von 20.000 Euro. Die Bergedorfer Korrespondenz mit Wien erzielte am Sonnabend sogar 7000 Euro mehr, und war mit diesem Preis trotzdem noch eines der vergleichsweise günstigeren Stücke bei der Auktion.

Eine Marke zu drei Schilling, eine schwarze Marke für einem Schilling

Das Briefkuvert schmückt – blau auf rosa – eine Marke zu drei Schilling sowie eine schwarze Marke zu einem Schilling – das war die Bergedorfer Währung, als das „Lübeck-Hamburgische Postamt in Bergedorf“ am 1. April 1847 eröffnet wurde. Postmeister des neuen beider-städtischen Postamtes wurde Franz Wilhelm Ludwig Paalzow, der bis dato dem preußischen Postamt in Bergedorf vorgestanden hatte und um den „posttäglichen Karten- und Briefbeutel-Wechsel“ warb.

Engagiert wie Paalzow war, erreichte er für das kleine 12.000-Einwohner-Städtchen 1856 sogar die Mitgliedschaft im Deutsch-Österreichischen Postverein. So war es möglich, eigene Bergedorfer Briefmarken auszugeben und in alle Länder des Postvereins zu verschicken. „Allerdings schrieben die Bergedorfer und Vierländer fast nur nach Hamburg.

Der Brief gehört zu den großen Raritäten der Altdeutschland-Philatelie

Dieser Auslandsbrief gehört zu den ganz großen Raritäten der Altdeutschland-Philatelie“, heißt es im Auktionshaus, das auf die Transit- und Ankunftsstempel verweist: „Wir haben nur drei weitere dieser Art registriert. Bergedorf-Marken gehören zu den seltensten, da sie eine nur sehr kleine Auflage hatten“, weiß André Schneider, der sich ein „hohes Potenzial“ verspricht – nicht zuletzt von heimatverbundenen Sammlern aus Norddeutschland.

Eine Briefmarke aus Baden hatte dem Auktionshaus einen neuen Rekord verschafft: Für 1,26 Millionen Euro kam das zackige Papierchen unter den Hammer. Das war im Juni 2019, als die fünfjährige Auktionsserie startete: „Wir haben über eine Erbengemeinschaft die Sammlung des Erivan Haub bekommen und werden nun 8000 Briefe und Marken versteigern“, sagt Schneider.

Startgebot für den Doppelbogen des Schwarzen Einsers: 200.000 Euro

Nicht nur altdeutsche Schätze, auch Marken aus Österreich, der Schweiz und den USA seien dabei: „Er hatte sehr viel Freude am Sammeln und bestimmt, dass er diese Freude an die nächsten Generationen weitergeben möchte.“

Dieter Michelson, geschäftsführender Gesellschafter bei Deutschlands ältestem Briefmarkenhaus, ist begeistert: „Die Stücke der Sammlung Erivan lassen selbst erfahrene Sammler ins Schwärmen geraten. Denn einige von ihnen waren seit 50 Jahren nicht mehr auf dem Markt.“ Dazu zählen ein Juwel der Bayern-Philatelie, ein Doppelbogen des Schwarzen Einsers (Startgebot: 200.000 Euro), ein Viererblock mit Sachsens erster Briefmarke (100.000 Euro), ein Bremer Brief nach Liverpool (30.000 Euro) und die sogenannten „Rebellenmarken“ aus Schleswig-Holstein (40.000 Euro).

Bietergefechte auf Briefmarken-Auktion sorgen für große Verzögerung

Letztere waren wegen ungeahnter Bietergefechte bis zum späten Nachmittag noch nicht versteigert – die engagierten Philatelisten hatten für eine Verzögerung von mehr als drei Stunden gesorgt: So wurde ein „Auslandsbrief nach Shanghai“ aus Hannover für 115.000 Euro versteigert. Das Startgebot lag bei 15.000 Euro.

Der Brief aus Hannover/Salzgitter wurde über Triest, Ägypten, mit Eseln und Kamelen durch die Sinai-Wüste und in Suez von britischen Postschiffen nach Shanghai befördert. Mit dieser bunten Fünffarbenfrankatur ist er den Angaben zufolge einer der bedeutendsten und seltensten Auslandsbriefe Hannovers.

Für 140.000 Euro wechselte ein „Brief an Deichgeschworene“ von 1861 – den Besitzer (Startgebot 30.000 Euro). Ein weiteres Unikat, das den Angaben zufolge zu großen Seltenheiten der Bremen-Philatelie gehört, wurde für 105.000 Euro versteigert. Der Startpreis lag bei 30.000 Euro.