Hamburg. Vor allem ungeimpfte Senioren im Bezirk Bergedorf erkranken. Und es gibt zu wenig Möglichkeiten für Impfen ohne Termin.

Corona hat Bergedorf wieder fest im Griff: Das Gesundheitsamt meldet für die vergangene Woche 170 Neuinfektionen. Das sind so viele, wie seit Ende März nicht mehr. Damit liegt die Inzidenz im Bezirk Bergedorf jetzt bei 130,5. Nach dem Bezirk Mitte mit 141,6 ist das der zweithöchste Wert in Hamburg, es folgt Harburg mit 122. Vor einer Woche lag die Inzidenz in Bergedorf noch bei 88.

„Wir fahren langsam wieder im Pandemie-Modus“, sagt auch Matthias Gerwien, Sprecher des Agaplesion Bethesda Krankenhauses. Die Bergedorfer Klinik am Glindersweg behandelte gestern fünf Corona-Patienten, darunter zwei Frauen auf der Intensivstation. Eine musste künstlich beatmet werden. Alle sind zwischen 70 und Mitte 80 Jahre alt.

Die Corona-Pandemie breitet sich im Bezirk Bergedorf rasant aus

„Vier sind ungeimpft, eine Frau hatte gerade ihre erste Impfung erhalten“, sagt Gerwien. „Die vierte Corona-Welle hat Bergedorf jetzt eindeutig erreicht. Und es wird die der Ungeimpften.“ Schwere Verläufe würden besonders bei Senioren erwartet, auch wenn das Bethesda in den vergangenen Wochen mehrere jüngere Patienten behandeln musste. Die konnten mittlerweile alle wieder entlassen werden.

Die wichtigsten Varianten des Coronavirus im Überblick

Nach Anregung der Weltgesundheitsorganisation WHO werden die Varianten des Coronavirus seit Mai 2021 nicht mehr nach den Staaten benannt, in denen sie zuerst nachgewiesen wurden, sondern nach den Buchstaben des griechischen Alphabets. So soll eine Stigmatisierung beispielsweise von Ländern verhindert werden, in denen besonders ansteckende Virusmutationen zuerst nachgewiesen wurden.

Derzeit gelten fünf Formen des Coronavirus als besorgniserregend ("Variants of Concern"):

  • Alpha: Die im September 2020 zuerst in Großbritannien nachgewiesene Variante B.1.1.7, die das ursprüngliche Coronavirus fast vollständig verdrängt hatte, bevor sie ihrerseits von der Delta-Variante verdrängt wurde
  • Beta: Eine Form des Coronavirus, die im Mai 2020 in Südafrika entdeckt wurde, wissenschaftliche Bezeichung: B.1.351, B.1.351.2, B.1.351.3
  • Gamma: Die zunächst in Brasilien im November 2020 nachgewiesene Mutation P.1 und ihre Subformen P.1.1 und P.1.2
  • Delta: Die Corona-Variante B.1.617.2 (und ihre Subformen AY.1, AY.2, AY.3), zuerst im Oktober 2020 in Indien gefunden
  • Omikron: Die Corona-Variante B.1.1.529 wurde im November 2021 in mehreren afrikanischen Ländern nachgewiesen und verbreitet sich

Außerdem beobachtet die WHO weitere vier Mutationen als bedeutsame "Variants of Interest" :

  • Lambda: C.37, im Dezember 2020 in Peru entdeckt
  • Mu: B.1.621, im Januar 2021 erstmals in Kolumbien nachgewiesen

„Auch von den jungen Patienten war kein einziger geimpft“, sagt Gerwien, der mit Sorge auf die Nachwirkungen der gerade erfolgten Schließung des Hamburger Impfzentrums in den Messehallen blickt: „Ausgerechnet jetzt die Impfangebote zu reduzieren, ist das falsche Signal. Es geht doch darum, alle jene Menschen zu erreichen, die sich bisher nicht aktiv um einen Termin bemüht haben.“ Sie bräuchten Angebote ohne lästige Reservierungen. Vielleicht solche, die auf dem täglichen Weg zur Arbeit liegen.

Kritik an der Schließung des Hamburger Impfzentrums

Wie groß der Bedarf ist, zeigt die Resonanz auf die Impfangebote im Bethesda Krankenhaus: „Wir impfen immer mittwochs ab 15.30 Uhr rund 100 Menschen ohne vorherige Terminabsprache. Aber es kommen stets weit mehr“, sagt Gerwien. „Zudem haben wir gerade sämtliche 250 festen Termine für den September im Netz freigeschaltet. Und auch die waren in wenigen Stunden komplett vergeben.“

Gleichzeitig stoppen nach Informationen unserer Zeitung viele niedergelassenen Ärzte ihre Impfungen. Gründe: Die Termine belasten den Praxisalltag, die Vergütung ist zu gering oder Impfdosen verfallen mangels Nachfrage. „Wohin sollen wir Menschen schicken, die wir bei unserem Impfen ohne Termin nicht mehr schaffen?“, fragt Matthias Gerwien.