Hamburg. Bezirk will Abriss der Hornkate am Altengammer Hauptdeich unbedingt verhindern – und setzt nun auf die teuerste Variante zur Rettung.
Die Planung zur Verschiebung der alten Hornkate am Altengammer Hauptdeich 130 hat begonnen. Nun werde geprüft, wie exakt vorgegangen werden kann, berichtet Clais von Mirbach. Der 46-Jährige ist als Fachbereichsleiter Sturmflutschutz im für Deichsicherheit zuständigen Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) der Mann für die Planung der Hochwasserschutzmaßnahmen in Hamburg.
Die alte Kate steht im Deichgrund und gefährdet die Deichsicherheit, wurde deshalb von der Stadt gekauft und muss weichen. Bergedorfs Politik will einen Abriss des denkmalgeschützten Gebäudes unbedingt vermeiden. Alternativen wären ein Ab- und Wiederaufbau oder ein Verschieben des Gebäudes.
Immobilien: Komplette denkmalgeschützte Kate soll verschoben werden
Denn auch ein Verschieben sei grundsätzlich möglich, habe ein Gutachter festgestellt. Diese Methode könnte weniger Bauteilverluste bedeuten. „Bei einem Abbau würde etwa Mörtel verloren gehen. Dadurch würde ein Stückchen mehr von der Struktur des Hauses zerstört“, sagt Clais von Mirbach. Deshalb plant der LSBG nun das Verschieben. Erklärtes Ziel: So wenige Schäden wie möglich zu erzeugen.
Bei der sogenannten Translozierung wird das Gebäude auf Stahlschienen gesetzt und im Schneckentempo um wenige Meter verschoben. Doch es gebe verschiedene Varianten des Verfahrens, betont von Mirbach: Ob die Translozierung en bloc, also Verschiebung des Gebäudes in einem Stück möglich ist, werde jetzt geprüft.
Deichsicherheit: Eine Flutschutzwand vor der Kate kommt nicht in Frage
Denkbar sei auch ein „Zwischenschritt“, betont der Experte: Das Bewegen größerer Bauteile. Grundsätzlich sei es komplizierter, ein Gebäude mit vielen Anbauten zu bewegen als ein kompaktes Haus. „Deshalb müssen wir erst einmal die Bausubstanz untersuchen und uns die Zusammenhänge anschauen.“
Dann könnte es darauf hinauslaufen, die Kate zu trennen und einzelne, kompakte Bereiche zu verschieben, während andere Elemente ab- und aufgebaut werden müssten. „Die Idee ist jedoch, möglichst wenig kleinteilig zu arbeiten, weil das besser für das Haus ist.“
Der Idee, die Kate gar nicht anzutasten und davor wasserseitig eine Flutschutzmauer zu errichten, kann von Mirbach nichts abgewinnen: „Diese Flutschutzwand würde den Deich komplett ersetzen. Sie müsste einen Meter höher als der heutige Deich sein und würde sich vermutlich nicht besser ins Gelände einfügen als ein versetztes Haus mit dem Deich davor.“
Kate soll "mit deutlichem Blick in die Zukunft" erhalten werden
Die Flutmauer wäre nicht nur eine Erhöhung der bereits existierenden Schutzwand, die den Deich stützt, betont der diplomierte Bauingenieur: „Denn eine Kombination aus Deich und Wand bietet keinen optimalen Hochwasserschutz, zumal Beton irgendwann abgängig ist.“
Schutzwände würden in der Innenstadt Sinn haben, wo sie eine „scharfe Begrenzung zur Elbe“ darstellten. „In den Vier- und Marschlanden haben wir aber ein anderes Landschaftsbild.“ Die existierende, stützende Schutzwand vor der Altengammer Kate sei – unter dem Eindruck der schweren Sturmfluten 1962 und 1976 – gebaut worden, als „unter hohem Zeitdruck in den 1970er- bis 90er-Jahren die Deiche erhöht wurden“. Damals sei „an Problemstellen die schnellste Lösung“ gewählt worden. Die Vorgehensweise habe sich gründlich geändert: „Nun arbeiten wir mit deutlichem Blick für die Zukunft an der Deichsicherheit.“
Kate muss um bis zu 30 Meter ins Landesinnere verschoben werden
Die alte Kate müsse um 25 bis 30 Meter ins Landesinnere verschoben werden. Ein Gutachter ist mit dem Projekt beauftragt worden. Je nach Ergebnis des Gutachtens sollen verschiedene Untersuchungen vorgenommen werden. Schritt für Schritt werde alles konkreter: „Wir werden wohl Mitte 2022 wissen, welche Variante angewendet werden kann.“
Zunächst müsse ein Plangenehmigungsantrag gestellt werden, dann gibt es eine Ausschreibung. Nur wenige Firmen böten diese Technik überhaupt an, heißt es aus dem LSBG. Im kommenden Jahr sollen Genehmigungen beantragt und die Planung vorangetrieben werden. Von Mirbach geht davon aus, dass 2023 die praktischen Arbeiten durchgeführt werden können. Die Kosten würden sich vermutlich „in Richtung siebenstellig“ bewegen, seien schwer abzuschätzen.
Eine Translozierung eines Gebäudes en bloc wäre in Hamburg eine Premiere, weiß von Mirbach: „Bisher sind alte Gebäude – zumindest in Teilen – Stein um Stein abgetragen und an anderer Stelle wieder aufgestellt worden.“ Dass ein Verschieben die teuerste Variante zur Rettung des denkmalgeschützten Hauses nahe der alten Altengammer Mühle ist, spiele keine Rolle: „Wir nehmen Denkmalschutz ernst.“