Hamburg. Aus acht Varianten zur Aufbereitung des verseuchten Bodens im Naturschutzgebiet hat die Behörde die Radikallösung ausgewählt.
Der durch Dioxin verseuchte Boden im Naturschutzgebiet Boberger Niederung soll vollständig abgetragen und entsorgt werden. Das haben Vertreter der Hamburger Umweltbehörde am Dienstagabend während einer Informationsveranstaltung bekannt gegeben. Die Experten sind sich sicher, dass nach einem umfangreichen Bodenaustausch eine unbelastete Fläche entstehen wird, die künftig wieder uneingeschränkt genutzt werden könne.
Der Entscheidung war eine intensive Prüfung von acht Sanierungsvarianten durch die Abteilung Bodenschutz und Altlasten der Bukea gemeinsam mit dem Ingenieurbüro Melchior+Wittpohl vorausgegangen. Neben dem vollständigen Bodenaustausch standen dabei beispielsweise eine feste, dauerhafte Einzäunung und Abdeckung der kontaminierten Fläche oder etwa die Entfernung des Dioxin-Hotspots und der Bodenaustausch nur bis zu den Randbereichen in der Diskussion.
Naturschutzgebiet: Dioxin-verseuchter Boden in Boberg wird ausgetauscht
Die Wahl fiel auf Variante „S 6“: Per Punktesystem wurde das Verfahren herausgefiltert, das am effektivsten die Schadstoffe minimiert, die Nutzbarkeit der Fläche wiederherstellt sowie die verbundenen Kosten rechtfertigt und Risiken minimiert – zum Beispiel Gefahren für Baustellenarbeiter.
„S 6“ sieht nun den umfangreichen Austausch des Bodens vor, und die Perspektive sieht auch gut aus: „Man kann davon ausgehen, dass die Fläche wieder bewaldet werden kann“, so die Einschätzung von Bernd Steinert von Melchior+Wittpohl. Der Boden wird in dieser Variante ausgekoffert und bis zu einer Tiefe von 60 Zentimetern durch neuen ersetzt.
Sanierung der Boberger Niederung: "zielsicher die teuerste Variante ausgewählt"
Die Sanierung dürfte nach Planung, Genehmigung und Ausschreibung Anfang 2024 beginnen und Ende 2025 beendet sein. Kostenprognose: 4,4 Millionen Euro plus zwei Millionen Euro Untersuchungs- und Planungskosten. „Wir haben zielsicher die teuerste Variante ausgewählt“, sagt Nele Raddatz, Expertin für Flächenaufbereitung bei der Bukea – allerdings fallen so gut wie keine Folgekosten an.
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Die von der Behörde präferierte Lösung wurde am Dienstagabend in einer Online-Konferenz etwa 90 zugeschalteten Bürgern vorgestellt. Ihre Anregungen sollen in den weiteren Prozess einfließen. Dabei fand die präferierte Sanierungsmethode große Zustimmung im Plenum, vereinzelte Nachfragen gab es zur sicheren Verwahrung des Gifts aus dem Naturschutzgebiet sowie dessen Vernichtung. Dies soll näher in der Planungsphase eruiert werden.
Dioxin in Boberg war 2018 entdeckt worden – Boehringer übernimmt Teil der Kosten
Das Gift war bei einer Routinemessung der Bukea im Herbst 2018 auf einer etwa vier Hektar großen Fläche im Norden des Naturschutzgebietes zwischen den Parkplätzen Unterberg und An der Kreisbahn beim Walter-Hammer-Weg gefunden worden. Im November 2018 lagen erste alarmierende Ergebnisse vor: Demnach wurden im Erdreich bis zu 721 Mikrogramm pro Kilogramm Boden gefunden, bis dato die höchste Belastung mit einem krebserregenden Stoff auf Hamburger Boden. Weitere Analysen zeigten dann, dass die Belastung „nur“ im oberen Meter des Bodens zu finden war.
Schnell geriet der Pflanzenschutzmittelhersteller Boehringer als Verursacher ins Blickfeld – aufgrund eines „spezifischen chemischen Fingerabdrucks“. Zwar konnte dem Unternehmen das Umweltvergehen nie nachgewiesen werden, doch sagte Boehringer zu, sich mit 3,75 Millionen Euro an den Sanierungskosten zu beteiligen.