Hamburg. Laut Polizei Hamburg haben Kriminelle in kurzer Zeit schon 200.000 Euro erbeutet. Auch eine Lohbrüggerin sollte Opfer werden.

Zuerst war es der Enkeltrick, es folgten Schockanrufe und falsche Polizisten – und nun warnt die Polizei Hamburg vor betrügerischen Anrufen angeblicher Mitarbeiter der Ermittlungsbehörden Europol oder Interpol. Die neue Masche wird seit seit Mitte März in Hamburg registriert. Mit ihr nehmen die Telefonbetrüger nun offenbar auch Menschen jüngeren Alters ins Visier.

Wie zuletzt eine Lohbrüggerin, die es aber richtig machte: Bei der 44-Jährigen klingelte das Telefon, eine Tonbandstimme berichtete auf englisch, dass Daten ihres Ausweises missbraucht worden seien. Nun sollte die Frau eine Taste auf ihrem Telefon drücken, um mit einem Ermittler einer europäischen Polizeibehörde verbunden zu werden. Doch sie durchschaute die Masche, legte auf. Noch bevor sie den Betrugsversuch beim Polizeikommissariat Bergedorf (PK 43) anzeigen konnte, erhielt sie zwei weitere derartige Anrufe.

Polizei Hamburg warnt vor neuer Masche der Telefonbetrüger

Wer bislang glaubte, dass Telefonbetrügerei sich nur auf Opfer im fortgeschrittenen Lebensalter beschränke, sieht sich getäuscht. Die jüngsten Opfer der Europol/Interpol-Masche sind nach Polizeiangaben gerade einmal Mitte 20. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Täter ein Computerprogramm benutzen, das die Nummer zufällig auswählt, und dann abwarten, bis irgendein Angerufener „anbeißt“.

Zum Einsatz kommen sogenannte Bots (Abkürzung für englisch „robots“, also Roboter), die reihenweise Telefonnummern durchlaufen. Wer annimmt, dem wird eine deutsche Mobilfunknummer oder die einer Hamburger Dienststelle angezeigt. Diese Nummer werde vermutlich über das sogenannte Caller ID-Spoofing, also eine für den Angerufenen vorgetäuschte Nummer zur Identitätsverschleierung, angezeigt.

In Hamburg bereits 200.000 Euro mit Europol-Masche ergaunert

Seit März hat es in Hamburg mehrere Hundert angebliche Europol-/Interpol-Anrufe gegeben. Mehr als 40 Mal waren die Täter erfolgreich. Sie erbeuteten dabei 200.000 Euro – eine noch relativ geringe Schadenssumme im Vergleich zu anderen Varianten des Telefonbetrugs: So wurden durch Schockanrufe und Co. dieses Jahr in Hamburg schon mehr als zwei Millionen Euro ergaunert.

Im Unterschied zu den anderen Telefonbetrugsarten kommt es bei der neuen Variante nie zu verabredeten Geldübergaben, Polizeisprecher Florian Abbenseth spricht von einem „reinen Telekommunikationsdelikt“. Dafür sollen die Angerufenen entweder Überweisungen tätigen, wahlweise auch Bitcoins oder Google Playcards kaufen.

Opfer über Stunden in Leitung gehalten – alles auf englisch

Die Ermittler berichten, dass die Telefongangster ihre Opfer über Stunden in der Leitung halten – alles auf englisch. Dabei werde geschickt Druck aufgebaut, bisweilen gar eine Haftstrafe angedroht, wenn Auskünfte über sensible Daten verweigert würden. „Die Fälle mit Schadenseintritt zeigen, über welche manipulative Fähigkeiten die Täter verfügen, wie professionell sie geschult sind“, so Abbenseth. „Sie schüren Ängste und nutzen Unsicherheiten hinterlistig aus.“

Abbenseth rät, schon beim Abspielen des Tonbands das Gespräch zu beenden, spätestens dann, wenn eine Nummer gedrückt werden soll: „Die Täter dürfen keinen Fuß in die Tür bekommen. Der erste Reflex muss sein, sofort aufzulegen.“

Andere Betrüger nutzen WhatsApp

Neben dieser Betrugsmasche nutzen Kriminelle inzwischen auch den weit verbreiteten Messengerdienst „WhatsApp“. Diesen Trend hat die Polizeidirektion Ratzeburg festgestellt. „Die Masche der Betrüger beginnt zumeist so: Die falschen Enkel oder angeblichen Angehörigen teilen den Geschädigten dabei von einer unbekannten Nummer mit, dass ihr eigenes Smartphone defekt oder verloren sei und sie dringend Geld benötigten“, erläutert Polizeisprecherin Sandra Kilian.  Die erfundenen Szenarien rund um die vermeintliche Notlage variieren und reichen von Rechnungen, die schnell per Echtzeitüberweisung bezahlt werden müssten, bis hin zu Probleme beim Online-Banking.

Häufig werden mehrere Tausend Euro gefordert. Los geht es oft mit dem Satz: „Hallo Mama, mein altes Handy ist kaputt, hier ist meine neue Nummer.“ Dann kommen noch ein paar allgemeine Fragen, bevor es zum eigentlichen Anliegen kommt. In der Regel bitten die unbekannten Betrüger ihre „Verwandten“ um Überweisungen auf Konten von Onlinebanken. Die Polizei rät dringend davon ab, diesen Anfragen nachzukommen.