Hamburg. 28 Hektar Grün- und Freiflächen, 14 Kitas und fünf Quartiere für bis zu 15.000 Menschen: Hamburgs neuer Stadtteil nimmt Gestalt an.
Die Arbeiten für Hamburgs geplanten neuen Stadtteil Oberbillwerder im Südosten der Hansestadt werden voraussichtlich 2023 beginnen. Dann sollen erste Erschließungsarbeiten starten, die ersten Häuser werden voraussichtlich ab 2026 gebaut, wie die städtische Quartiersentwicklungsgesellschaft IBA am Dienstag in ihrem Jahresbericht mitteilte.
Der Senat hatte vor rund zweieinhalb Jahren grünes Licht für das Projekt gegeben. Mittlerweile wurde der damals beschlossene Masterplan aktualisiert: Zum Beispiel wurden die Zuschnitte von Baugebieten und die Organisation von Grün- und Freiflächen, Lage und Größe der geplanten „Mobility Hubs“ für parkende Autos sowie Quartiersplätze und die Lage von Straßen festgelegt. „Damit wird aus der städtebaulichen Idee nun maßstäbliche Lebensraumqualität für die Bewohnerinnen und Bewohner“, sagte IBA-Geschäftsführerin Karen Pein.
Oberbillwerder wird der 105. Stadtteil von Hamburg
Oberbillwerder ist nach der Hafencity Hamburgs zweitgrößtes Stadtentwicklungsprojekt und wird der 105. Stadtteil der Hansestadt. In dem 118 Hektar großen Gebiet westlich von Bergedorf und nördlich von Allermöhe sollen einmal in fünf Quartieren bis zu 7000 Wohneinheiten für 13.000 bis 15.000 Menschen entstehen. Der neue Stadtteil gilt als ein wichtiger Baustein für die Selbstverpflichtung der Hansestadt, angesichts knappen Wohnraums und steigender Einwohnerzahl Jahr für Jahr 10.000 neue Wohnungen zu realisieren.
Der Plan ist vor Ort umstritten: So argumentiert eine Initiative, dass dort seltene und ungewöhnlich viele geschützte Tier- und Pflanzenarten ihren Lebensraum hätten. Sie hat für Ende September eine Demonstration unter dem Motto „Oberbillwerder stoppen“ angekündigt.
Viele verschiedene Vogelarten in Oberbillwerder
Auswertungen der bauverantwortliche Projektgesellschaft IBA Hamburg ergaben nach Auskunft von Lisa Brunnert (Projektmanagerin Freiraumplanung bei der IBA) in einem Radius von 20 Kilometern um die künftige Retorten-Stadt 165.955 Sichtungen von Tieren. Besonders häufig wurden verschiedene verschiedene Vogelarten, Schmetterlinge und Säugetiere inklusive Fledermäusen beobachtet.
Die Planer mussten zuletzt die Bergedorfer Koalitionsvereinbarung berücksichtigen, die besagt, dass Oberbillwerder insgesamt um fünf Prozent schrumpfen soll. Fünf Prozent bedeuten sechs Hektar weniger Gesamtfläche und 35.000 Quadratmeter weniger Wohnraum. „Das haben wir überwiegend am Saum abgezogen“, erläuterte Karin Pein das modifizierte Planungsareal. Gebietsgrenzen mussten verschoben, manche dreireihige Bebauung auf zwei Reihen reduziert, Straßenflächen optimiert, Quartiersplätze neu dimensioniert werden. Sehr wichtig: Die benachbarten Gebiete Bergedorf-West und Neuallermöhe sind durch Grünachsen mit Oberbillwerder verbunden.
Franz-Josef Höing überzeugt von Konzept
Oberbaudirektor Franz-Josef Höing ist vollkommen überzeugt vom „belastbaren robusten Stadtteilkonzept“ Oberbillwerders, dass sich weiterhin im Masterplan manifestiert: durch den „Grünen Loop“, der den Großteil der insgesamt 28 Hektar Grün- und Freiflächen bildet, die Einteilung in fünf Quartiere, viele Wohn- und Gebäudetypen sowie eine zentrale Achse ausgehend von der S-Bahnstation Allermöhe, die zu weiteren Quartiersplätzen führt.
Das Konzept gebe „einen stimmigen Rahmen“ für gemischte und kleinteilige Quartiere ab, die eine hohe Bandbreite an Wohnqualität bereithielten, so Höing. „Das Thema Freiraum wurde nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Klimawandels mit größter Sorgfalt bearbeitet.“
5000 Arbeitsplätze sollen geschaffen werden
Trotz fünf Prozent weniger Oberbillwerder bleiben die Dimensionen auf 118 Hektar gewaltig: Neben den Wohnungen sollen 5000 Arbeitsplätze insbesondere in den Branchen Ernährung, Gesundheit und Bewegung geschaffen werden.
Lesen Sie auch:
- Homeoffice in Behörden bremst Hamburgs Baustellen aus
- Baubeginn von Oberbillwerder ein Jahr später?
- Neues Buch wagt den Blick auf das Hamburg von morgen
Gesetzt sind auch vier Schulen, ein Schwimmbad, 14 Kitas und eben so viele soziale Einrichtungen. Und auch die Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) soll hier heimisch werden. „Es braucht keinen großen Campus, die HAW soll sich in den Stadtteil mit seiner Kleinteiligkeit einfädeln“, beschreibt Karen Pein.
Autos sollen in Mobility Hubs verschwinden
Zentrale Rollen spielen auch Mobilitäts- und Klimathemen. IBA-Chefin Pein betont ausdrücklich, „dass Oberbillwerder kein autofreier Stadtteil wird“, der motorisierte Individualverkehr solle vorzugsweise in den elf Mobility Hubs verschwinden. Parkende Autos soll es auf den Straßen nicht oder nur in geringem Maße geben. Priorität genieße der Fuß- und Radverkehr sowie neue Mobilitätsangebote, den Autos komme eine Gastrolle zu.
Der Fahrplan: Das Bebauungsplanverfahren soll 2023 abgeschlossen sein. , Flächen dann im Zeitraum von 2023 bis 2026 hergerichtet werden. Wohnungen sollen ab dem Jahr 2024 vermarktet, der Hochbau auf dem Gelände ab 2026 begonnen werden. Ab 2027/28 können erste Bewohner einziehen. Wann Oberbillwerder fertig sein könnte, auch dafür liefert Karen Pein eine Prognose: „Ich hoffe, wenn ich in den Ruhestand gehe, im Jahr 2040.