Hamburg. Einzelhändler müssen sich warm anziehen – Boutique La Cara kämpft ums Überleben. Es gibt Probleme mit dem Überbrückungsgeld III.
Die Damen-Boutique „La Cara“ ist weit mehr als ein Geheimtipp für qualitative Damenbekleidung unweit des Sachsentors in Bergedorf. Karin Krenzien hat in den 13 Jahren unter ihrer Leitung Stammkunden etabliert, die von viel weiter her als nur aus Bergedorf kommen, die bei ihr fündig werden auf der Suche nach Mode für die Frau ab 40. Doch bei der 56-Jährigen aus der Bergedorfer Schlossstraße 33 wachsen aktuell die Sorgen und der Frust über versprochene Staatshilfen, die sich in der Realität als eben solche nicht erweisen. Es geht um ihre Existenz. Karin Krenzien sagt: „Die finanziellen Hilfen reichen bei Weitem nicht aus, um alle Zahlungsverpflichtungen einzuhalten.“
Hauptgrund dafür sind die nicht ausreichenden Mittel aus dem Überbrückungsgeld III der Bundesregierung für die Monate Januar und Februar, also die Zeit, in welcher der Einzelhandel wegen des zweiten Lockdowns komplett daniederlag. Als Berechnungsgrundlage für die staatlichen Gelder wird der Jahresstart 2019 genommen – und genau darin besteht für Karin Krenzien die Problematik. Denn damals waren die Umsätze maximal Durchschnitt. Diese Methode ist aus Sicht der Geschäftsfrau „eine klare Fehlentscheidung der Politik“.
Krenzien bleiben Schulden im hohen fünfstelligen Bereich
Die Modeexpertin legt ihr Zahlenbeispiel vor, um zu veranschaulichen, was sie meint: Krenzien erhielt für die ersten beiden Monate nur 4374 Euro. Dramatisch wenig, denn: Der Umsatzeinbruch für die Monate Januar/Februar betrug 21.000 Euro, gewerbliche und privaten Fixkosten liegen pro Monat bei 5500 Euro, zudem gibt es offene Forderungen für neu eingekaufte Ware von 18.000 Euro. „Und mein Steuerberater, der ja den Antrag für die Überbrückungsgelder stellen musste, bekommt auch noch mal 1000 Euro“, berichtet Karin Krenzien, „selbstverständlich ist die Summe auch steuerpflichtig.“
Somit bleiben Schulden im hohen fünfstelligen Bereich. „Jedem ist doch klar, dass es sich hier auf keinen Fall um eine Hilfe handelt“, kommentiert Krenzien ketzerisch, „man fühlt sich alleingelassen, weil keiner aus der Politik weiß, wie es ohne monatliche Einnahmen ist“.
Hamburger Handelskammer bietet Beratungen an
Die Handelskammer Hamburg kennt die Misere vieler Geschäftsleute und Unternehmen und mahnt die Politik immer wieder an, nicht durch verspätete Auszahlungen Liquiditätsengpässe zu verursachen. Diese Verspätungen kämen aber durchaus vor, sagt eine Sprecherin der Handelskammer auf Anfrage. Sie schildert Fälle, bei denen Unternehmen „durch das Netz staatlicher Hilfe fallen“ würden. Zur Auskömmlichkeit der Staatshilfen oder zur Anzahl der bedrohten Unternehmen durch zu geringe Corona-Hilfen kann sich die Sprecherin nicht äußern, sie nennt aber einen Grundsatz: „Kein vor der Krise gesundes Unternehmen darf durch Corona unverschuldet in die Insolvenz getrieben werden.“ Die Handelskammer verweist in Not geratene Firmen auf eigene Beratungsangebote zur Überwindung der Corona-Krise.
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Was bleibt also für Modeunternehmer wie Karin Krenzien, die bei „La Cara“ zwei Aushilfen und eine Teilzeitkraft beschäftigt? Die Hoffnung, dass der Einzelhandel bald wieder seine Türen öffnen darf. „Click&Meet“ funktioniere maximal bei der Stammkundschaft, sagt Krenzien.
„Mit Bauchweh“ die neue Kollektion bestellt
Sie hat bereits Kollektionen für Herbst und Winter 21/22 geordert – mit „Bauchweh“, wie die gelernte Einzelhandelskauffrau gesteht. „2020 war trotz Corona ein gutes Jahr. Die Leute hatten nach dem Ende des ersten Lockdowns richtig Lust auf Einkaufen“, sagt Karin Krenzien, die auch in der Pandemie spürte, wie wichtig ihren Kunden die persönliche Beratung ist. Die größtenteils liegengebliebene Winterware 20/21 wird die Bergedorferin einlagern und in der nächsten Saison anbieten – und dann zu 50 Prozent des eigentlichen Verkaufspreises anbieten.