Hamburg. Wie Helfer von Feuerwehren und Technischem Hilfswerk gegen das Binnenhochwasser an Dove- und Gose-Elbe kämpfen.
Der Regen peitscht den Feuerwehrleuten ins Gesicht. Sie stehen auf der Reitbrooker Mühlenbrücke und stoppen den Verkehr. Ein Kleinboot der Freiwilligen Feuerwehr Altengamme wartet unterhalb der Brücke. Es muss mit einem Wechsellader aus der Dove-Elbe geholt werden. Das Umheben mitsamt der dreiköpfigen Besatzung an Bord funktioniert ohne Probleme, die Aktion dauert rund 15 Minuten. Dann wird das Boot auf einen Anhänger geladen, zum Ufer der Gose-Elbe gefahren und dort wieder zu Wasser gelassen. Die Besatzung soll von dem Seitenarm der Stromelbe aus nach Schäden und überfluteten Grundstücken schauen. Mehrere Kleinboote sind zu diesem Zweck unterwegs.
Nachdem Sturm und Wind die Rettungskräfte von Donnerstag bis Sonntag in Atem gehalten haben, sind es nun Überschwemmungen. An Dove- und Gose-Elbe stehen viele Grundstücke unter Wasser. Deshalb sind seit Sonntagabend immer wieder Feuerwehren im Einsatz.
Am Curslacker Deich in Höhe Haus Nummer 214 haben die Helfer an einem Stichkanal zur Dove-Elbe einen Schutzwall aus Sandsäcken errichtet, um die benachbarten Grundstücke vor den Wassermassen zu schützen. Weitere Stichkanäle werden überprüft. Die Einsätze dauern bis spät in die Nacht. Die Feuerwehrleute werden von Kameraden mit Essen versorgt.
Starke Pumpen befördern Wasser aus der Dove- in die Stromelbe
In der Tatenberger Schleuse pumpen Mitarbeiter des Technischen Hilfswerk Bergedorf und Eimsbüttel in Zusammenarbeit mit dem Schleusenbetreiber, der Hamburg Port Authority, seit Sonntag mit drei Hochleistungspumpen Wasser aus der Dove- in die Stromelbe. Parallel kann über das benachbarte Siel seit Sonntag, 11 Uhr, Wasser in die Stromelbe gelassen werden, weil der dortige Pegel niedriger ist als der der Dove-Elbe. Auch am Übergang der Gose- in die Dove-Elbe am Ochsenwerder Norderdeich kommen Pumpen zum Einsatz, berichtet Holger Feldmann, Einsatzleiter der Feuerwehr.
Zahlreiche Gebäude in Gewässernähe werden dieser Tage mit Sandsäcken vor dem Binnenhochwasser geschützt. Feuerwehr und THW bekommen Säcke, die am Betriebshof der Stadtreinigung am Kampweg bereitstehen. Einige Hauseigentümer setzen auf Eigeninitiative: So ließ sich der Betreiber des MyBed-Appartementhauses am Kurfürstendeich an der Dove-Elbe am Sonnabend vorsorglich Sandsäcke vom Baustoffhandel liefern, um Eingänge und ein Garagentor im Souterrain abzusichern.
Hausboot am Moorfleeter Deich droht abzudriften
Und immer wieder sind die Feuerwehr-Kleinboote unterwegs, um von Dove- und Gose-Elbe aus Risikostellen ausfindig zu machen und nach Schäden zu suchen. Dass das Boot der Freiwilligen Feuerwehr Altengamme nicht auf dem Wasserweg, sondern mit dem Wechsellader von Dove- in Gose-Elbe gelangt, ist der besonderen Situation geschuldet. „Weder der Weg über die Schleuse Ochsenwerder noch über den Neuengammer Stichkanal ist frei“, sagt ein Feuerwehrmann.
Ein weiteres Boot ist am Moorfleeter Deich im Einsatz. Dort droht ein Hausboot nahe der Bootsvermietung Hamburg abzudriften. Helfer der Feuerwehren Reitbrook und Allermöhe-Billwerder sichern es mit provisorischen Dalben. Für das arbeitsintensive Unterfangen muss eigens ein Container mit Holz- und Rüstmaterial von der Hamburger Feuerwehr geliefert werden.
Katastrophendienst-Stab sitzt im Bergedorfer Rathaus
Die Einsatzleitung der Feuerwehr ist im Feuerwehrhaus am Curslacker Deich eingerichtet worden. Dort steht die Feuerwehrführung in Kontakt mit dem Regionale Katastrophendienst-Stab im Bergedorfer Rathaus. In der Stadtteilschule Kirchwerder hat die technische Einsatzleitung der Deichverteidigung Stellung bezogen. Sie lässt die Deiche kontrollieren. Probleme am Hauptdeich gibt es aber nicht.
Mit Lautsprecherwagen sind die Anwohner im Landgebiet vor dem Hochwasser gewarnt worden. Allein am Montagnachmittag sind dort acht Wehren mit rund 100 Helfern im Einsatz.
Bürgerschaftsabgeordneter Gladiator (CDU) fordert Bau von Schöpfwerken
In ganz Hamburg fuhr die Feuerwehr am Freitag und Sonnabend rund 1400 Sturmeinsätze – zusätzlich zu den etwa 2600 „normalen“ Alarmierungen. „Wegen des Sturms gingen bei uns mehr als 2000 Anrufe ein“, sagt Einsatzleiter Feldmann. Für Montag, 19.52 Uhr, war eine weitere Sturmflut angekündigt. Ihr Pegel sollte bis zu 4,15 Meter über Normalnull liegen.
Der Bergedorfer CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Dennis Gladiator hat unterdessen eine Kleine Anfrage an den Senat gestellt: Er fordert, dass die Schöpfwerke, deren Planung der Politik bereits vor acht Jahren vorgestellt worden ist, „jetzt endlich gebaut werden“. Die Umweltbehörde hatte dem Regionalausschuss erst im Januar mitgeteilt, dass die Finanzierung der Schöpfwerke noch nicht stehe und mit ihrem Bau deshalb erst in vier Jahren begonnen werden könne.