Bergedorf. Ein 90 Jahre altes Backsteinhaus in Bergedorf muss weichen. Denkmalexperte fordert Umdenken in Hamburger Wohnungsbaupolitik.

Jetzt leistet der Abrissbagger ganze Arbeit: Seit Montag knabbert er am rund 90 Jahre alten Mehrfamilienhaus an der Dietrich-Schreyge-Straße. Von dem Gebäude, das Denkmalexperten als „quartiersbildgebend“ einstufen, war am Dienstagmorgen schon fast die Hälfte zu einem großen Schuttberg geworden.

Im Einsatz ist ein 60 Tonnen schwerer sogenannter Longfront-Bagger, wie vor drei Jahren schon beim Abriss der alten Bergedorfer Post. Als Neubau planen private Bauinvestoren nach Informationen unserer Zeitung an gleicher Stelle ein viergeschossiges Wohnhaus mit zusätzlichem Staffelgeschoss und Platz für 20 Wohnungen.

Haus mit 20 Wohnungen an der Dietrich-Schreyge-Straße geplant

Bereits vergangenen Freitag hatten Mitarbeiter der Firma Hermann Garbers aus Kirchwerder Wasser- und Abflussleitungen aus dem Erdreich vor dem Haus entfernt. In den Wochen zuvor war das Gebäude entkernt und auf eventuelle giftige Bauschadstoffe untersucht worden. Der rote Klinkerbau stand bereits seit Ende vergangenen Jahres leer.

Im gesamten Quartier zwischen Dietrich-Schreyge-Straße, Am Hohen Stege und Wachsbleiche dominiert genau diese Haustypologie: Backstein, Spitzdach mit kleinen Wohnungen, die selten größer als 60 Quadratmeter sind. Eben moderner Wohnungsbau aus den späten Jahren der Weimarer Republik.

Denkmalexperte fordert Erhalt der historischen Viertel

Alteingesessene Bergedorfer hatten den geplanten Abriss vehement kritisiert und ein Umdenken in der Genehmigungspraxis des Bergedorfer Bauamts gefordert. So auch Denkmalexperte Dr. Geerd Dahms, der unserer Zeitung Anfang Januar sagte: „Hier werden Abbruchgenehmigungen erteilt, bloß um das Hamburger Plansoll an neuen Wohnungen zu erreichen.“ Dahms und andere fordern für solche historischen Viertel das Aufstellen von städtebaulichen Erhaltungsverordnungen, um den Charakter der Gebiete zu sichern.

Doch nun wird trotzdem angerissen. Bis Ende dieser Woche ist die Dietrich-Schreyge-Straße zwischen Vierlandenstraße und Wetteringe vollständig gesperrt. Seit Dienstag türmen sich hier Berge aus Schutt und Bauholz. Der soll bis Freitag, 17 Uhr, verschwunden sein.

Einbahnstraßenregelungen wurden wegen Baustelle geändert

Die Baustelle sorgt für einiges Chaos auf den insgesamt sehr engen Kopfsteinpflasterstraßen dieses Viertels, das sich zwischen Vierlandenstraße und Schleusengraben quetscht: Mehrere Einbahnstraßenregelung mussten geändert werden. So ist in der Straße Am Hohen Stege jetzt der Gegenverkehr zugelassen, in der Wetteringe die Einbahnstraße umgedreht. Zahlreiche der ohnehin knappen Parkplätze im Quartier sind weggefallen. Ob das auch für die Zeit des Neubaus gelten wird, ist bisher offen.