Hamburg. Der Beitrag wird heute in der Sendung „Akte“ auf Sat.1 gezeigt. Die Meinungen der Befragten gehen weit auseinander.
„Heute geöffnet“ verkündet ein Schild auf dem Deich. Und tatsächlich: Menschen sitzen auf der Terrasse der Marschländer Elblounge, prosten und speisen in der Sonne – eigentlich kein ungewöhnlicher Anblick. Doch stopp! Das ist doch in Hamburg wegen Corona seit Monaten nicht mehr erlaubt.
„Eintritt nur für Geimpfte!“ steht auf einem weiteren Schild vor dem Eingang des Restaurants. Inhaber Arne Meyer kommt vor die Tür und begrüßt eine Seniorin, die die Ansage mit einem Stirnrunzeln liest. Er fragt nach dem Impfpass. Die Frau verneint und schaut den Restaurantbetreiber verdutzt an. „Sorry, dann kann ich Sie leider nicht hineinlassen“, sagt er. Als die Seniorin kopfschüttelnd gehen will, kommt Torsten Stahlhut dazu, gefolgt von zwei Kameramännern und einem Tontechniker, die Mikrofon und Objektiv auf die 69-Jährige richten. Reporter Stahlhut klärt sie auf, fragt sie nach ihrer Meinung.
Dreharbeiten in der Elblounge: Polizei, Gesundheits- und Bezirksamt eingeweiht
Ein Fernsehteam wagte für die Münchner Produktionsfirma in der Marschländer Elblounge ein Experiment. Es wird am heutigen Montag, 3. Mai, um 22.25 Uhr in der Sendung „Akte“ auf Sat.1 ausgestrahlt. Dafür wurde das Restaurant am Spadenländer Elbdeich 40 am Sonntag, 25. April, zum Schein geöffnet. Die vermeintlich geimpften Gäste auf der Terrasse waren in Wirklichkeit zehn ungeimpfte, aber frisch getestete Statisten. Sie bekamen Essen aus der Küche der Elblounge – und blieben unter sich, denn den wenigen zweifachgeimpften Besuchern, die auch noch ihren Impfausweis vorzeigen konnten, blieb der Zutritt ebenfalls aus Sicherheitsgründen verwehrt.
Das eigentliche Geschehen spielte sich also ausschließlich draußen vor dem Eingang ab. Dort regte sich Brigitte Broszeit, Seniorin aus Harburg, vor laufender Kamera auf: „Haben wir jetzt eine Zwei-Klassen-Gesellschaft? So etwas ist nicht in Ordnung, denn es gibt Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können.“
Pärchen aus Eimsbüttel wäre gern in die Elblounge gegangen
Auch Lena (32) und ihr Freund Florian (33) aus Eimsbüttel, die ihre Nachnamen nicht nennen möchten, spazierten auf dem Deich vorbei und sahen die Menschen auf der Terrasse und die Deckenbeleuchtung in der Gaststube. „Wir wollten eigentlich nur an der Elbe spazieren gehen, aber dann dachten wir ,Oh, dort oben herrscht normales Leben’“, sagt Florian. Die beiden hätten aus der „traurigen Normalität ausbrechen“ wollen.
Bei dem „Regelwirrwarr“, das derzeit das Land bestimme, sei das Paar verwirrt gewesen. „Schließlich ist in Schleswig-Holstein in einigen Landkreisen Außengastronomie unter bestimmten Bedingungen ja erlaubt“, sagt Lena. Ihr Freund findet es „grundsätzlich okay“, Geimpfte wieder in Restaurants zu lassen. Seine Freundin würde es erst erlauben, „wenn alle die Chance zur Impfung gehabt haben“. Trotzdem wäre sie mit ihrem Freund reingegangen, wenn sie es als Geimpfte gedurft hätte, sagt die 32-Jährige.
Geimpfte sollen weiterhin Maske tragen und Abstand halten
Peter Enslin aus Bergedorf sagte, dass er „grundsätzlich unentschlossen“ sei, fände es aber „schön für die Gastronomie“, wenn Restaurants wieder öffnen dürften. „Was ist, wenn wir einen aktuellen Schnelltest vorweisen?“, habe er sich gefragt, als zwei Statisten mit Impfpässen ins Restaurant durften, während er mit seiner Frau draußen abgefertigt wurde.
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Das zweifach Geimpfte in ein normales Leben zurückkehren dürfen, sei absolut gerechtfertigt, betonen Stefan (54) und Anja Klein (56) aus Uhlenhorst. „Bei allem Verständnis für die Corona-Maßnahmen: Wer zweimal geimpft ist, dem dürfen die Grundrechte nicht länger abgesprochen werden“, sagt Stefan Klein. „Dann entfällt die Grundlage.“ Allerdings, fügt seine Frau hinzu, müssten auch für Geimpfte die Schutzmaßnahmen wie Maske tragen und Abstand halten gelten. Sonst würde Schindluder getrieben. „Dann könnten Nicht-Geimpfte ohne Maske unterwegs sein und behaupten, sie seien geimpft.“
Viele abgewiesene Gäste reagierten entspannt
Die Kleins waren mit dem Motorrad am Fähranleger Zollenspieker, hatten den Betrieb in der Elblounge schon auf dem Hinweg gesehen. „Am Fähranleger war die Schlange vor dem Imbiss lang. Da dachten wir uns, dass wir auf der Hinfahrt was Besseres gesehen hatten. Außerdem hatten wir Pommes und Currywurst in den vergangenen Monaten genug“, sagt Anja Klein.
Die meisten abgewiesenen Gäste hätten entspannt reagiert und verschiedene, durchdachte Ansichten zu dem Thema preisgegeben, berichtet Reporter Stahlhut.
Bezirksamt überzeugte sich von Ungefährlichkeit des Experiments
Die vor der Tür abgewiesenen Besucher können sich nicht nur darüber freuen, dass sie vielleicht ins Fernsehen kommen: Sie bekamen von Arne Meyer auch Kaffee oder andere Getränke „to go“ spendiert – als kleinen Trost.
Der Beitrag in der Sendung „Akte“ wird etwa 15 Minuten lang sein. Das Fernsehteam war – inklusive Testung aller Beteiligten im Testzentrum Wein- und Friesenstube in Ochsenwerder – zwischen 9.30 und 17.30 Uhr in den Marschlanden im Einsatz. Bevor die Restauranttüren (für die Statisten) geöffnet wurden, überzeugten sich Verantwortliche von Polizei und Gesundheitsamt sowie Bezirksamtsleiter Arne Dornquast vor Ort persönlich von dem Hygienekonzept und von der Ungefährlichkeit des Experiments.