Hamburg. Im Interview spricht der Kabarettist darüber, warum die Partei für ihn ein großes Thema ist, und über seinen Auftritt in Bergedorf.
Wer den Namen Florian Schroeder bei Google eingibt, der gerät ganz schnell ins Staunen. So lang ist die Liste seiner Auftritte, Projekte, Auszeichnungen, Bücher und CDs, dass sich die Frage stellt, wie das alles in nur 44 Lebensjahre passen konnte. Doch dem Kabarettisten scheint die Power nie auszugehen: Mal streitet er vor der Kamera mit Ex-Bild-Chef Julian Reichelt, mal nimmt er sich in seiner ARD-Sendung „Schroeder darf alles“ Reizthemen wie Wokeness und Gendern vor, mal tourt er durch die Republik.
Nun können sich die Bergedorfer auf den wortgewaltigen Berliner freuen. Am Sonntag, 28. April, beendet Florian Schroeder im Lichtwarktheater im Körberhaus die Spielzeit, zeigt dort sein Programm „Neustart“. Wir sprachen mit Florian Schroeder über Gut und Böse, Schwarz und Weiß – und den neuen Messias, den wir uns doch alle wünschen.
bz: Herr Schroeder, Wikipedia schreibt Ihnen ziemlich viele Berufsbezeichnungen zu: „Kabarettist, Autor, Kolumnist, Hörfunk- und Fernsehmoderator“, eigentlich fehlen auch noch Philosoph, Welterklärer und Meister-Rhetoriker. Wie sehen Sie selbst eigentlich Ihre Rolle?
Florian Schroeder: Ich sehe mich zuerst in der Rolle des Unterhalters, der die Menschen zum Lachen und damit dann zum Andersdenken, Weiterdenken, zum Nachdenken bringen möchte. Und das tue ich sowohl in der Form der Satire als auch in der Form des Kommentars, des Buchs. Mal ist es ein lustiges Bühnenprogramm, mal ist es eher ein Essay, je nachdem, was das Thema und die geeignete Form ist.
Ihre Themen sind aber schon sehr politisch, zum Beispiel beschäftigen Sie sich auch sehr intensiv mit der AfD. Haben Sie eigentlich je damit geliebäugelt, sich auch politisch zu engagieren?
Nein. Das habe ich nie getan. Das ist nicht mein Feld. Mein Feld ist das des beobachtenden Kommentators. Ich würde auch in dieser ganzen Parteiendisziplin mutmaßlich untergehen. Ich habe mich bewusst für die Rolle des Solisten entschieden. Ich reflektiere mit meinen Mitteln die Welt, die mich umgibt, und da spielt Politik eben auch eine Rolle. Für mich gilt aber auch der schöne 68er-Satz: Das Private ist das Politische. Also das, was im Privaten, im Zwischenmenschlichen abläuft, kann ja eine allgemeinere politische Qualität bekommen.
Aber mein Eindruck ist schon, dass zum Beispiel die AfD ein relativ großes Thema für Sie ist?
Klar, auf jeden Fall. Das liegt daran, dass ich mich seit Jahren für Extremismus interessiere. Was ist das, was Menschen daran fasziniert? Warum engagieren sich Menschen für diese Partei? Warum laufen sie ihr hinterher? Der Rechtsextremismus ist weltweit, genau wie sein Bruder, der Nationalismus, in meinen Augen die größte Gefahr für Freiheit und Demokratie. Da ist es natürlich wichtig, dass man sich gerade in der Position des Künstlers da reinwirft und Farbe bekennt.
Das ist Ihnen gelungen. Sie haben sich ja auch mit Ex-Bild-Chef Julian Reichelt an einen Tisch gesetzt und ausgiebig mit ihm diskutiert. Der Satz „Jeder AfD-Wähler ist ein Nazi“ hat Ihnen danach in einigen Kreisen Schelte eingebracht.
Ja, wobei ich das differenziert habe. Ich habe gesagt, jeder AfD-Wähler ist ein Nazi – nicht, weil er zwangsläufig Nazi-Überzeugungen hat, sondern weil er Leuten wie Björn Höcke den Boden bereitet. Also Leuten, die gesichert rechtsextrem sind. Und wer diese Partei wählt, der muss wissen, dass er mitverantwortlich ist dafür, dass solche Leute nach oben kommen. Ich halte wenig davon, Menschen aus ihrer Verantwortung zu nehmen. Ich kann dieses Opfer-Narrativ nicht ertragen: Die AfD-Wähler, die muss man mit Samthandschuhen anfassen und zu denen muss man ganz lieb sein und sie streicheln. Ja, klar muss man sie zurückholen. Aber mittlerweile ist klar, was die AfD will, und jetzt kann man auch nicht mehr davonlaufen und sagen, huch, ich wollte einen Protest wählen, weil ich etwas frustriert war, das habe ich ja gar nicht gewusst, wie die drauf sind.
In Bergedorf sind Sie ja nun mit Ihrem Programm „Neustart“ zu Gast. Was genau erwartet die Zuschauer denn da?
Das Programm beschäftigt sich mit der Frage: Wer könnte unser neuer Messias sein? Denn das ist ja die große Sehnsucht unserer Zeit: Menschen wünschen sich einen, der uns endlich von allem erlöst, was uns seit Jahrzehnten umgibt. Das heißt, wir werden im Laufe des Abends gemeinsam einen neuen Messias suchen. Die Zuschauerinnen und Zuschauer können auch mitmachen, die können Karten ausfüllen in der Pause, die ich dann vorlese. Ganz am Schluss gibt es dann einen neuen Messias und der wird, ich sage mal, das Land in einer Weise verändern, wie es vor ihm keiner getan hat. Und was der dann genau tut, das kann ich jetzt leider noch nicht verraten...
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Dann wollen wir die Spannung gern aufrechterhalten.... Sie sind ja schon immer auch in der Rolle des Welterklärers unterwegs, aber lassen Sie sich ihrerseits auch gern mal die Welt von jemandem erklären – und wenn ja, von wem?
Ja, ständig! Meine Arbeit besteht ja nur zu einem kleinen Teil aus dem, was die Leute sehen, im Output. 80 bis 90 Prozent der Zeit gucke ich zu, beobachte ich, lese ich, um möglichst viel aufzusaugen, woraus ich dann ein Kondensat mache. Deswegen ist es ganz wichtig, dass ich mir permanent die Welt erklären lasse. Und zwar von unterschiedlichsten Stimmen, also von Leuten, denen ich vertraue, aber auch von Leuten, von denen ich gar nichts halte. Wenn ich das nicht tun würde, hätte ich ja gar nichts mehr zu erzählen. Es gibt auch viele Situationen, in denen ich sage: Ich weiß überhaupt nicht, wie meine Position dazu ist und wie ich dazu denke.
Vielleicht muss man sich auch nicht zu allem eine klare Meinung bilden, weil es nicht zu allem ein klares Ja oder Nein gibt.
Ja, genau. Es gibt ganz selten ein Ja oder Nein, ein Schwarz oder Weiß, Gut oder Böse. Im Gegenteil, es gibt ganz oft Graustufen. Und ich finde es mittlerweile fast spannender, wenn ich selber keine abgeschlossene Meinung zu etwas habe, sondern wenn Dinge in mir einfach lebendig sind – und lebendig bleiben.
„Neustart“ mit Florian Schroeder ist am Sonntag, 28. April, ab 18 Uhr im Lichtwarktheater/Körberhaus an der Holzhude 1 zu sehen. Restkarten ab 20 Euro gibt es unter anderem unter theater-bergedorf.de.