Bergedorf. Bauernpräsident Martin Lüdeke aus Curslack baut die Körnerfrucht selbst an. Er verrät, wofür 90 Prozent der Ernte verwendet werden.
Als die massiven Regenfälle vom Juli und August die Arbeit auf den Feldern zum Erliegen brachten, drohten Weizen, Raps, Roggen, Erbsen und Triticale, eine Kreuzung aus Weizen und Roggen, zu vergammeln. Die Landwirte fürchteten Totalschäden. Doch dann wurde es heiß und trocken und das über Wochen. „Der Spätsommer war und ist überdurchschnittlich warm und trocken. Das war und ist hilfreich. Nach dem Starkregen sind die Pflanzen schnell wieder getrocknet“, sagt Bauernpräsident Martin Lüdeke.
Der Winterweizen, der in den Vier- und Marschlanden bereits im Sommer geerntet wird, habe allerdings unter dem vielen Regen gelitten, betont Lüdeke: „Wir hatten erhebliche Einbußen bei der Qualität.“ Das Getreide mache rund ein Drittel der Ackerkultur in den Vier- und Marschlanden aus – und damit in ganz Hamburg, da die meisten landwirtschaftlichen Flächen sich im Bezirk Bergedorf befinden.
Bauern ernten nun Mais für ihre Rinder und Schweine
Noch nicht geerntet sind Schnittblumen, Gemüse und Mais, berichtet Lüdeke. „Das Wetter ist nun gut dafür geeignet, auch weil mit weniger Pilzbefall beim Gemüse zu rechnen ist. Außerdem bekommt alles nochmal einen Wachstumsschub.“ Und: Die Landwirte und Gärtner kommen – anders als in den Zeiten des Starkregens –mit ihren schweren Fahrzeugen auf die Felder, um zu ernten.
Mais mache ebenfalls rund ein Drittel der Ackerkultur in der Hansestadt aus, weiß der 58-jährige Landwirt aus Curslack. Lüdeke baut selbst Mais an, als Tierfutter. Er muss täglich etwa 100 Mutterkühe und rund 250 Mastrinder sattbekommen.
Schönes Wetter bedeutet weniger Dreck auf den Straßen
Etwa 90 Prozent des Maises in Hamburg werde zu Tierfutter verarbeitet, berichtet Lüdeke. „Mais hat durch den Klimawandel gewonnen, weil es sich um eine subtropische Kultur handelt. Deshalb waren die Feuchtigkeit und die Wärme im Juli und August für den Mais eher von Vorteil.“ Wenn das Wetter noch zwei, drei Wochen trocken und milde bleibt, sei das für die Abreife bis zur Ernte ideal – „und auch was den Zustand der Straßen betrifft“. Denn bei schönem Wetter wird nicht so viel Erde von den Feldern auf die Straßen getragen. „Verschmutzte Straßen stören alle, die Anwohner, die Autofahrer und die Landwirte, die sie wieder saubermachen müssen“, sagt Lüdeke und fügt hinzu: „Gerade, wenn es nun früher dunkel wird, stellt der Schmutz auch eine Gefährdung der Verkehrssicherheit dar.“ Insofern wäre es schade, wenn sich das Wetter auf den letzten Drücker doch noch ändert, bemerkt Lüdeke.
Mais wird auch als Brennstoff, zum Befeuern von Biogasanlagen zur Stromerzeugung, oder als Ethanol, einer Beimischung zum Benzin zum Antrieb von Kraftfahrzeugen, verwendet. Diese Varianten spielten aber in Hamburg keine große Rolle, weiß Lüdeke. „Wir brauchen hier viel Tierfutter.“ Der frisch geerntete Mais ist energiereiches Winterfutter. Er wird gehäckselt und als Silage eingelagert. Durch das luftdichte Einlagern unter Folie entwickelt sich eine Säure, die den Mais lange haltbar macht, „wie Sauerkraut“, sagt der Landwirt.
Ernte dauert noch bis Mitte Oktober
Die nun begonnene Maisernte sei spätestens Mitte Oktober beendet, sagt Lüdeke. Etwa die Hälfte der Vier- und Marschländer Landwirte baut Mais an, nutzt ihn als Rinder- und Schweinefutter, weiß der Bauernpräsident. Die Obstbauern im Alten Land und die Pferdebauern im Westen der Stadt benötigten kaum Mais.
Lüdeke baut Futtermais (nicht so süß wie Gemüsemais) auf 20 Hektar an. Er soll am 7. Oktober geerntet werden – parallel zur Aussaat des Wintergetreides, das im Sommer 2024 geerntet wird. „Früher steht mir kein Häcksler zur Verfügung.“ Zwar sei nicht klar, ob dann das Wetter noch so schön ist, „aber immerhin kann der Mais dann noch weiter reifen“. Die Maschine häckselt zwei Hektar pro Stunde, sodass die Gesamtfläche an einem Tag abgeerntet wird. Dafür seien mindestens fünf Arbeitskräfte notwendig: Einer auf dem Häcksler, drei Treckerfahrer, die den Mais mit Anhängern zum Hof transportieren, und ein Mann, der den Mais in einer Betonwanne platt walzt und mit Folie abdeckt.
Maissilage ist zwei Jahre haltbar
Wenn es gut läuft, erntet Lüdeke pro Hektar 60 Kubikmeter, also insgesamt 1200 Kubikmeter. In schlechteren Erntejahren war es nur die Hälfte oder zwei Drittel. Das in einem Silo gelagerte Futter reiche für etwa ein Jahr. Haltbar sei es sogar bis zu zwei Jahre. „Vergangenes Jahr war es etwas weniger, deshalb füttern wir seit einem Monat nur noch mit Grassilage und Schrot aus eigener Ernte.“ Sollte das gesamte Futter knapp werden, kaufe er Futter dazu, sagt Lüdeke, „oder ich verkaufe einige Tiere“.
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Lüdeke wird von seinem Sohn Johannes (24) als Mitinhaber des Betriebs, von einem fest Angestellten und zwei Aushilfen verstärkt. Er baut neben Mais auch Weizen, Raps, Gerste und Erbsen an – „insgesamt 140 Hektar, relativ gleichmäßig verteilt“. Um die natürliche Fruchtfolge einzuhalten, baut er im jährlichen Wechsel mindestens drei verschiedene Kulturen auf der gleichen Fläche an. Dadurch regeneriert sich der Boden, haben die Pflanzen weniger Krankheiten. Jährlich werden wechselnde vier Prozent der Fläche gar nicht bewirtschaftet, „um der Natur freien Lauf zu lassen“. Fast alle Landwirte in den Vier- und Marschlanden bewirtschafteten ihre Felder und Äcker so – auch weil die Europäische Union diese Anbauweise subventioniert.