Bergedorf. In Hamburg gilt weiter Maskenpflicht, in Schleswig-Holstein nicht mehr. Was machen die Fahrgäste? Beobachtungen im Grenzgebiet.

Maske auf! Wer regelmäßig mit Bahnen und Bussen unterwegs ist, hat diesen Handgriff verinnerlicht. Im öffentlichen Personennahverkehr gelten noch immer vergleichsweise strenge Corona-Schutzmaßnahmen. Seit Jahresbeginn allerdings nicht mehr flächendeckend. Wer Hamburg nach Schleswig-Holstein verlässt, darf seine Maske abnehmen; wer aus dem Umland in die Hansestadt fährt, muss sie unterwegs aufsetzen. Was halten Bahnfahrer von dieser neuen Regelung? Und vor allem: Wie verhalten sie sich? Wir haben nachgesehen.

In Zügen der S 21 gilt nur noch teilweise die Maskenpflicht: Streckenabschnitte in Schleswig-Holstein sind seit dem 1. Januar 2023 von der Regelung ausgenommen. 
In Zügen der S 21 gilt nur noch teilweise die Maskenpflicht: Streckenabschnitte in Schleswig-Holstein sind seit dem 1. Januar 2023 von der Regelung ausgenommen.  © BGDZ | Luis Bolte

S 21 von Hamburg-Bergdorf nach Reinbek. Eine Fahrt dauert drei Minuten, wir fahren am 2. Januar von 10.46 Uhr an dreimal hin und her. Auf den drei Fahrten nach Reinbek sitzen insgesamt 78 Menschen im Waggon. 70 von ihnen tragen eine Maske, und zwar bis nach Reinbek. Die acht Fahrgäste, die keine Masken tragen, fahren von Anfang an ohne – auch auf Hamburger Gebiet. Auf den drei Fahrten in die entgegengesetzte Richtung treffen wir 58 Fahrgäste. 38 von ihnen tragen die ganze Zeit eine Maske, 20 gar nicht. Auf der Landesgrenze setzt niemand seinen Mund-Nasen-Schutz auf oder ab.

Masken in Bus und Bahn: Passagiere haben Argumente dafür und dagegen

Nikhil Samanta (51) arbeitet in Reinbek. Die Maskenpflicht hätte seiner Meinung nach auch bleiben können.
Nikhil Samanta (51) arbeitet in Reinbek. Die Maskenpflicht hätte seiner Meinung nach auch bleiben können. © BGDZ | Luis Bolte

Nikhil Samanta fährt zur Arbeit, der 53-Jährige arbeitet in Reinbek als Chauffeur. „Ich werde die Maske weiterhin tragen“, sagt er. Dass jetzt irgendwo hinter Bergedorf keine Maskenpflicht mehr gilt, habe Vor- und Nachteile. „Die S-Bahn hätte die Pflicht auch bestehen lassen können. Immerhin sind die Züge geschlossene Räume, in die täglich viele Menschen ein- und aussteigen.“ Man müsse darauf achten, die Gesundheit zu schützen, sowohl die eigene als auch die der Mitfahrer. Dass viele Leute die Maske jetzt absetzen, könne er trotzdem verstehen: „Oft ist es ohne Mundschutz doch einfach bequemer.“

Bequemer – das bestätigt Tanja S. (51) aus Wentorf, die später in umgekehrter Richtung unterwegs ist. „Man bekommt so schnell ein schwitziges Gesicht, und ich werde unter der warmen Maske so schnell müde.“ Das Hin und Her, das jetzt rund um die Maskenpflicht herrsche, sei merkwürdig. „Wenn ich von Reinbek nach Bergedorf fahre und da keine Maske tragen muss: Wieso muss ich es dann ab Bergedorf tun?“ Es fehle der Sinn. „Man darf sich nicht verrückt machen lassen“, sagt sie. Schon vor der neuen Regelung sei sie gelegentlich ohne Maske gefahren.

Ministerpräsident Günther wollte einheitliche Regel

Eine einheitliche Regelung hätte sich auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) gewünscht. „Bei unseren Entscheidungen in Schleswig-Holstein haben wir immer auf den Rat der Expertinnen und Experten gehört und sind damit im Vergleich wirklich gut durch die Pandemie gekommen. Und in diesem Fall war das Urteil der Fachleute eindeutig: In Schleswig-Holstein ist die Voraussetzung für die Maskenpflicht im ÖPNV nicht mehr gegeben, weil wir hier einen sehr hohen Immunisierungsgrad durch überstandene Infektionen, vor allem aber aufgrund der hohen Impfquote haben. Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern eine gemeinsame Lösung gefunden hätten“, so der Regierungschef kürzlich im Interview mit unserer Redaktion. Hamburg habe den Weg Schleswig-Holsteins jedoch nicht mitgehen wollen.

Triebwagenführer Robert Ruetz (59) kritisiert die neue Maskenregel. Schon vergangenes Jahr haben nach seiner Einschätzung rund 30 Prozent der Fahrgäste keine Maske getragen. „Das war damals schon nicht gut, und ohne Maskenpflicht wird es ganz bestimmt nicht besser. Es geht dabei ja um die Gesundheit der Menschen“, sagt Ruetz. Dass die Bahnfahrer jetzt selber in die Verantwortung genommen werden, gefällt ihm nicht. „Der HVV sollte da rigoroser sein, sich nicht an den Bundesländern orientieren, sondern selbstständig handeln.“

HVV ist an die Vorschriften der Länder gebunden

HVV-Sprecher Rainer Vohl erklärt, warum das nicht möglich ist: „Der HVV ist an die Vorschriften der Länder gebunden, die Entscheidungen der Politiker müssen wir mittragen.“ Deshalb sei es auch nicht das erste Mal, dass innerhalb des HVV-Streckennetzes unterschiedliche Regelungen gelten. „Zwischendurch musste man in Hamburg eine FFP2-Maske tragen und in anderen Ländern nicht. Mal war die Maskenpflicht an die Inzidenzwerte gekoppelt, mal galt sie an verschiedenen Orten nicht. Trotzdem konnten wir unsere Maßnahmen überwiegend gut durchsetzen.“ Die Maske sei 2022 in über 90 Prozent der Fälle getragen worden.

Ähnliche Zahlen verzeichnete auch Christina Sluga, Sprecherin der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH). Jetzt werde die Quote, zumindest in Schleswig-Holstein, voraussichtlich sinken. Damit sich dieses Phänomen nicht auf Hamburg ausweitet, werde weiterhin stichprobenartig kontrolliert. „Dazu können Busfahrer Ansagen abspielen, um Fahrgäste an die in Hamburg und Niedersachsen geltende Maskenpflicht, zu erinnern.“ Trotzdem gilt die Empfehlung: „Wer sich nicht sicher ist, sollte weiterhin einen Mund-Nasen-Schutz tragen.“

Ein Verstoß gegen die Maskenpflicht kostet 40 Euro

Wann genau die Masken auf- beziehungsweise abgesetzt werden darf, ist für Fahrgäste oft nur schwer erkennbar: Laut HVV-Sprecher Vohl wechseln die Regeln zwar eindeutig an der Landesgrenze, doch abgesehen von Ortsschildern, die nur aufmerksame Busfahrgäste wahrnehmen mögen, gibt es keinerlei Hinweise, wann diese erreicht ist. Innerhalb Hamburgs gelten weiterhin die Regeln von 2022. „Wer ohne Maske erwischt wird, muss eine Vertragsstrafe von 40 Euro zahlen“.