Bergedorf. Das Kultur- & Geschichtskontor prangert Spekulanten und Gleichgültigkeit der Behörden an. Wie das zu schönen Postkarten passt.

Mit einem Stück heile Welt von gestern will das Kultur- & Geschichtskontor sensibel machen für die bedrohte Unverwechselbarkeit Bergedorfs heute: „Immer wieder werden wir bei unseren Stadtrundgängen angesprochen auf den drohenden Abriss historischer Gebäude oder völlig unpassende, optisch gewaltsam in die Umgebung eingezwängte Neubauten“, sagt Kontor-Chefin Caroline Bergen, deren Team jetzt den historischen Kalender 2023 fertiggestellt hat.

Stadtentwicklung aufzeigen mit einem Blick auf Gebäude aus der Vergangenheit

Die zwölf kolorierten Postkarten aus dem 19. und 20. Jahrhundert zeigen Häuser und Straßenzüge, die überwiegend verschwunden sind. Die „Villa Eggers“ etwa, 1910 auf einem kleinen Hügel am Höperfeld in Lohbrügge vom Bürgervereinsvorsitzenden Carl Eggers erbaut, fiel 2015 zwei Mehrfamilienhäusern zum Opfer. Ähnlich das legendäre Tanzlokal Jägersbronnen gleich jenseits der Landesgrenze an der Bille in Reinbek, wo viele der heutige Senioren in ihrer Jugend Stammgäste waren. Es musste teuren Wohnhäusern weichen.

Das 1886 erbaute Gasthaus Jägersbronnen mit seinem markanten Turm fiel für Wohnhäuser.
Das 1886 erbaute Gasthaus Jägersbronnen mit seinem markanten Turm fiel für Wohnhäuser. © Kultur- & Geschichtskontor | Kultur- & Geschichtskontor

Neben Kritik gibt es auch bildliches Lob für Erhaltungsmaßnahmen

„Hamburg fordert von Bergedorf Jahr für Jahr Hunderte von Wohnungsneubauten. Das öffnet Spekulanten Tür und Tor, die weder an Bergedorfs Geschichte und Einzigartigkeit, noch an seinen Bewohnern Interesse haben“, sagt Caroline Bergen. „Leider treffen sie hier auch noch auf Behörden, denen offensichtlich der Weitblick fehlt, um den Bestandsschutz zu achten und diesem Raubbau entgegenzutreten.“

Vierländer Deichpartie mit Kutsche. Die Deichstraßen wurden hier erst in den 1930er-Jahren gepflastert.
Vierländer Deichpartie mit Kutsche. Die Deichstraßen wurden hier erst in den 1930er-Jahren gepflastert. © Kultur- & Geschichtskontor | Kultur- & Geschichtskontor

Seit 40 Jahren kämpft die „Initiative zur Erhaltung historischer Bauten“ gegen diesen Ausverkauf der Bergedorfer Seele. Sie ist Träger des Kultur- & Geschichtskontors, das mit dem neuen Kalender neben Kritik aber auch bildliches Lob für gelungene Erhaltungsmaßnahmen ausspricht. Für das ehemalige Ausflugslokal „Zum Gojenberg“ etwa, das die Titelseite und den September schmückt. Heute ist es Wohnhaus.

Der Kalender ist für 9,80 Euro im Buchhandel und beim Kontor im Reetwerder 17 zu haben.