Hamburg. Franziska Schubert hat zunächst viel Kritik von den Menschen im Bezirk gehört. Doch dann kippte offenbar die Stimmung.

Für die Hamburger Stadtschreiberin waren ihre Tage in Bergedorf wie ein Theaterstück: „Beim Schlussapplaus, wenn die Premiere gespielt ist, freut sich das Regieteam über einen Applaus, der beides enthält: Bravo- und Buh-Rufe, Begeisterung und Ablehnung, eben eine gesunde Mischung des Publikums aus pro und contra“, sagte die studierte Schauspielerin Franziska Schubert am Freitag bei ihrer Abschiedslesung in der Bibliothek der Sternwarte. „Insofern ist mit Bergedorf alles in bester Ordnung. Es gibt hier eine bunte Gesellschaft, die engagiert, interessiert und begeistert ist – oder aber auch das Gegenteil.“

Ein halbe Stunde lang hatte sie zuvor mit literarischer Finesse zusammengetragen, was in ihrer Woche im öffentlichen Büro im Einkaufszentrum CCB so alles passiert ist. „Ich habe unzähligen Gästen in meiner grünen Stadtschreiberinnen-Box zugehört. Das waren Geschichten aus dem Leben, der Liebe – und besonders viel über Bergedorf“, berichtete sie ihrem Publikum in der Sternwarte. Auffällig sei gewesen, dass in den ersten drei Tagen vornehmlich Männer mittleren und älteren Alters bei ihr saßen, um ihrem Ärger über Bergedorfs Straßen, Gebäude, Linienbusse, Natur und vielem mehr Luft zu machen.

Stadtschreiberin hörte auch viel Positives über Bergedorf

Doch als unsere Zeitung von diesem negativen Flair berichtete, sei die Stimmung gekippt – ins Positive: „Ab Tag vier kamen immer mehr Besucher zu mir, viele davon gezielt, um Bergedorfs Bild wieder gerade zu rücken. Jetzt überwog die Begeisterung, wenn auch weiter noch einige kritische Worte dabei waren.“

Stadtschreiberin Franziska Schubert (43) bei ihrer Lesung in der Bibliothek der Sternwarte. Thema: die Bergedorfer.
Stadtschreiberin Franziska Schubert (43) bei ihrer Lesung in der Bibliothek der Sternwarte. Thema: die Bergedorfer. © Ulf-Peter Busse | Ulf-Peter Busse

Besonders in Erinnerung geblieben ist Franziska Schubert eine Frau Mitte 50, die zwar von den Vorzügen des alten Bergedorf mit seiner menschlichen Nähe schwärmte, aber auch den Wandel der City mit großem Interesse verfolgt. „Sie war sogar so guter Stimmung, dass sie strahlte wie ein ganzes Sonnensystem. Denn ganz nebenbei hatte ihr Mann nach 21 Jahren wilder Ehe ihr gerade einen Heiratsantrag gemacht. Und von ihrem Sohn sollte sie mir ausrichten, dass auch er Bergedorf ,schwer in Ordnung’ finde.“

Abschiedslesung in der Bibliothek der Sternwarte

Die Frau konnte nicht zur Lesung in die Sternwarte kommen, weil sie exakt zur gleichen Zeit den Termin zur Brautkleid-Anprobe hatte. „Das alles macht Bergedorf so echt und liebenswert“, fasste Franziska Schubert im Publikumsgespräch nach ihrer Lesung zusammen.

Nächster Auftritt der Stadtschreiberin ist am Sonnabend, 22. Oktober, um 16 Uhr bei freiem Eintritt im Kultur-Hotel Wedina an der Gurlittstraße 23 in St. Georg.

Zum Abschluss des Stadtschreiberinnen-Stipendiums wird sie den ganzen November über dann in der Galerie der Gegenwart der Hamburger Kunsthalle arbeiten. Dort gibt es am Sonntag, 27. November, von 15 bis 16.30 Uhr auch ihre Abschluss-Lesung.

In der Sternwarte traten neben ihr auch die Autoren Torsten Dörp und Daniel Trommer auf. Für die Musik sorgten Multitalent O’Shane und das Duo Kaisa Rya mit Sängerin Aylin Ejder und Gitarrist Leander Paul. Die Moderation übernahm Katelijne Gillis, Managerin des Stadtschreiber-Stipendiums.