Hamburg. Beim Tag des Segelfliegens in Boberg kann jeder für zehn Minuten abheben. Was der Rundflug über das Naturschutzgebiet kostet.

Heute starten sie am anderen Ende der Wiese und fliegen in Richtung Bergedorf: „Wir starten immer in den Wind, das gibt eine höhere Zielsicherheit. Außerdem will man beim Landen keinen Rückenwind haben“, sagt Marcel Rast. Er ist der Vize-Vorsitzende des Hamburger Aero-Clubs (HAC), der mit seinen 280 Mitgliedern zu den größten Vereinen Deutschlands zählt. 2018 konnten sie immerhin ihren 50. Geburtstag feiern: „Deutschland ist weltweit die Wiege des Segelfliegens. Das liegt daran, dass die Alliierten zunächst verboten hatten, dass die Deutschen Motorflugzeuge bauen“, erklärt der 29-Jährige.

Schon mit 14 Jahren hatte ihn diese Leidenschaft gepackt, inzwischen ist er einer von gut 30 Fluglehrern, die sich mit den elf Segelfliegern des Vereins auskennen. Dazu kommen ein Schleppflugzeug und zwei Motorsegler. „Mit denen kann man schon mal zum Fischbrötchenessen auf eine Insel fliegen“, meint Rast. Doch zuletzt flog er lautlos über den Brocken – bei bester Thermik. Anfänger übrigens treffen sich auch gern mal morgens um 7.30 Uhr in Boberg, wenn es noch keine Thermik gibt. „Dann können sie ohne äußere Störeffekte erst mal den Flieger kennenlernen“, so der Vereinsvize.

So sieht es aus, bevor die Luke schließt, das Seil stramm gezogen wird und der Flieger sanft abhebt.
So sieht es aus, bevor die Luke schließt, das Seil stramm gezogen wird und der Flieger sanft abhebt. © BGZ | strickstrock

Segelflugplatz Boberg: Manchmal dürfen auch Neulinge allein in die Luft steigen

Wenn es auch bis zum Flugschein meist zwei Jahre dauert, so dürfen Neulinge doch oft schon nach einem halben Jahr allein in die Luft steigen und über das Boberger Naturschutzgebiet gleiten. „Aber nur wenn zwei Lehrer das befürworten“, betont Henry Lübberstedt. Der 56-Jährige kam erst vor drei Jahren zu seinem neuen Hobby: „Ich bin ein Spätberufener und habe gelernt, dass es echt eine mentale Arbeit ist“, sagt er lachend. Lübberstedt übernimmt inzwischen gern die Einweisung am Boden: Kommandos befolgen, Seile richtig halten, bloß nicht im Weg herumstehen.

„Hier lernt der 14-Jährige von den Erfahrungen des 75-Jährigen, es ist ein cooler Teamsport.“ Denn immerhin fünf Leute braucht es, damit einer abheben kann: an der Winde, an den Seilen, beim Einklinken. Dazu kommen Flug- und Startleitung. Bei jedem Flugbetrieb muss schließlich noch am Flughafen in Fuhlsbüttel angerufen und nach der Höhenfreigabe gefragt werden. Meist sind es 1300 Meter – wobei man sogar bis 3000 Meter schaffen könnte, ohne Sauerstoff-Zusatz.

Nur auf nicht markierten Flächen darf geflogen werden: Der rote Bereich zeigt zum Beispiel die Einflugschneisen des Flughafens.
Nur auf nicht markierten Flächen darf geflogen werden: Der rote Bereich zeigt zum Beispiel die Einflugschneisen des Flughafens. © BGZ | strickstrock

Sicherheit hat immer oberste Priorität, ein Fallschirm ist stets dabei

Auf dem Platz steht gerade ein Eigenstarter mit Motor. Der braucht also keine Winde. So ein moderner Flieger kostet fast eine Viertelmillion Euro – kein Wunder, dass es viele Haltergemeinschaften gibt. „Wir haben gut 50 private Segelflugzeuge hier, manche mit einem E-Propeller. Das ist ein guter Back-up, um nach Hause zu kommen. Denn eine Außenlandung will man allein schon deshalb vermeiden, um nicht stundenlang warten zu müssen, bis man abgeholt wird“, sagt Marcel Rast.

Zwar lasse sich bei diesem Hobby das Risiko nie auf null reduzieren, aber die Sicherheit habe immer Priorität: Ein Fallschirm ist stets dabei, ebenso ein Kollisionswarngerät auf GPS-Basis. „Und wir haben helle LED-Blitzer“, sagt Marcel Rast, „damit der weiße Flieger auch vor weißen Wolken auffällt.“

Etwa 70 Prozent der Vereinsmitglieder sind männlich und verbringen die Winter gern mit Theorie und in der Werkstatt. Im Frühjahr kommen meist die Neugierigen vorbei, manche werden erst mal Schnupper-Mitglied für zwei Monate und dürfen zehn Flüge mit einem Lehrer erleben. Das kostet 350 Euro, für Jugendliche 175 Euro. Man kann aber auch einfach nur einen 15-minütigen Gastflug für 40 Euro anmelden, am „Tag des Segelfliegens“ ist das Angebot sogar etwas günstiger.

Informationen im Internet: www.hac-boberg.de

Selbst testen am Tag des Segelfliegens, 18. September

Am Sonntag, 18. September, werden neugierige Gäste beim „Tag des Segelfliegens“ am Weidemoor 21 erwartet. Von 10 Uhr an stellen der HAC und der benachbarte Hamburger Verein für Luftfahrt ihre Flugzeuge vor und kommentiere Kunstflüge wie Loopings in der Luft (der leichteste Segelflieger wiegt immerhin 200 Kilogramm). Es dürfen Fragen gestellt und der Simulator ausprobiert werden, außerdem gibt es eine kleine Ausstellung von Modellfliegern. Und es kann abgehoben werden: Zehn Minuten im Segelflieger kosten 20 Euro, 20 Minuten im Motorflugzeug werden mit 50 Euro berechnet.