Hamburg. Jetzt hilft nur noch, Energie zu sparen und Geld zurückzulegen. Warum der Mieterverein davon abrät, freiwillig mehr zu zahlen.

Die Explosion der Energiepreise, vor allem für Gas, verunsichert die Menschen. Mieter fürchten sich als Resultat dieser Steigerung vor deutlich höheren Mietnebenkosten. Doch Verunsicherung gibt es auch auf der anderen Seite, bei den Vermietern. Nach einer Umfrage unserer Redaktion gibt es keine einheitliche Linie im Umgang mit den zu erwartenden höheren Nebenkosten. Von einer abwartenden Haltung bis zu doppelter Erhöhung ist alles vertreten.

Bei der Baugenossenschaft Bergedorf-Bille hängt es davon ab, ob die Wohnungen mit Gas oder mit Fernwärme geheizt werden. Etwa zwei Drittel der rund 7500 Wohneinheiten im Bezirk Bergedorf werden per Gas geheizt, berichtet Sabine Semprich, Projektmanagerin Marketing und Kommunikation. „Es bestehen gut ausgehandelte Verträge mit Gasversorgern, welche die Preise über das Jahr 2023 hinaus festgeschrieben haben“, erläutert sie. Folge: In diesem Jahr habe das gemeinnützige Unternehmen keinen Anlass, die Heizkostenvorauszahlungen der gasversorgten Wohnanlagen zu erhöhen.

Energiepreise: Fernwärme wird teurer, Gas bleibt teilweise stabil

Anders sieht es bei der Fernwärme aus. „Hier steigen die Preise – je nach Anbieter – bereits im Jahr 2022 für unsere Wohnungen deutlich. Daher wird im Zuge der jährlichen Heizkostenabrechnungen derzeit eine Erhöhung der Vorauszahlungen von circa 40 Prozent angenommen“, sagt Sabine Semprich. Separate Erhöhungen der Vorauszahlungen solle es nicht geben, solange keine neuen Entwicklungen dies erfordern.

Deutlich anders handhabt die Saga das Thema. Dort wurden gleich zweimal die Nebenkosten erhöht. „Um hohe Nachzahlungen für die Abrechnungsperiode 2022 zu vermeiden, haben wir die Vorauszahlungen entsprechend der entstehenden Kosten zum 1. Januar 2022 und noch einmal zum 1. August 2022 bei einem Teil der Mieterinnen und Mieter und in Abhängigkeit des individuellen Verbrauchs angepasst“, sagt Saga-Pressesprecher Gunnar Gläser. Das Unternehmen hat 6800 Wohnungen im Bezirk Bergedorf in seinem Bestand.

Verwalter wollen Mieter zu höheren Vorauszahlungen bewegen

Bergedorfer Verwalter von Privatwohnungen sollen nach Informationen unserer Redaktion vereinzelt versucht haben, die Mieter zu einer freiwilligen Erhöhung der Nebenkosten zu bewegen. Gelassen kann die Situation sehen, wer einen längerfristigen Gaslieferungsvertrag ausgehandelt hat. Wer dies nicht getan hat, muss mit bis zu einer Verzehnfachung des Gaspreises rechnen. Hinzu kommt bei den Vermietern die Unsicherheit über die Auswirkungen der gerade eingeführten Gasumlage auf Lieferanten und Konsumenten.

Zwei Ratschläge hat Marielle Eifler, stellvertretende Vorsitzende des Mietervereins zu Hamburg: „Erstens Energie sparen, zweitens Geld zurücklegen.“ Mieter könnten einen eigenen Beitrag leisten, die Steigerung der „zweiten Miete“ in Grenzen zu halten, in dem sie den Energieverbrauch senken.

Erste Erhöhungen bereits in Nebenkostenabrechnungen für 2021

Aktuell werden die Nebenkostenabrechnungen für 2021 verschickt. In diesen Rechnungen hat es nach Informationen des Mietervereins bereits Erhöhungen gegeben. Die aktuellen Erhöhungen der Energiepreise werden jedoch erst in der zweiten Hälfte 2023 spürbar, wenn die Nebenkostenabrechnungen 2022 verschickt werden. „Die Vermieter müssen in Vorleistung gehen, sind deswegen sauer“, sagt sie. Sie könnten versucht sein, die Nebenkosten schon vorab zu erhöhen. Das ist allerdings rechtlich nur möglich auf der Grundlage einer bereits feststehenden Abrechnung.

Die Mietervertreterin sieht es aus einem weiteren Grund kritisch, wenn Unternehmen bereits jetzt ihre Nebenkosten erhöhen. Miete und Nebenkosten werden rechtlich unterschiedlich behandelt. Wenn Mieter unverschuldet in Not geraten und die erhöhten Nebenkosten nicht mehr zahlen könnten, gäbe es die theoretische Gefahr der Kündigung. Deswegen rät sie, Rücklagen zu bilden statt Nebenkostenerhöhungen freiwillig zu akzeptieren.

Mieterverein nimmt die Vermieter in die Pflicht

Der Mieterverein nimmt auch die Vermieter in die Pflicht. Die Heizungsanlagen müssten ordentlich justiert sein, Mieter sollten aufgeklärt werden, etwa über das richtige Lüften, sagt Marielle Eifler. Alle Akteure seien jetzt aufgerufen, ihren Beitrag zu leisten.

Das sieht die Saga ähnlich. Dort werden nach Auskunft des Pressesprechers Vorlauftemperaturen der Heizungsanlagen im gesetzlichen Rahmen reduziert. Darüber hinaus soll nach Möglichkeit verhindert werden, dass einzelne Wohnungen weit über diese Temperaturen hinaus beheizt werden – oder Heizkörper bei gekippten Fenstern extreme Wärme abgeben. „Auch damit können hohe Nachzahlungen abgemildert werden“, sagt Unternehmenssprecher Gläser.