Lohbrügge. Eine Lampe aus Treibholz oder eine Heckklappenbar fürs Auto? Die Bergedorfer sind Tüftler. Und die Firma seit 75 Jahren erfolgreich.
Ihre Kompetenz liegt schon seit den Anfangstagen auf der Herstellung von Produktions- und Designmodellen sowie Prototypen. Auftraggeber sind etwa bekannte Gießereien und Maschinenbauer, die zum Beispiel Modelle für Guss- oder Tiefziehteile benötigen. Seit Kurzem ist diese Firma auch der richtige Ansprechpartner für den individuellen Möbelbau, fertigt auf Wunsch Lampen aus Treibholz ebenso wie Holzesstisch oder eine Heckklappenbar für das Auto an.
Das Leistungsportfolio der Tischlerei Vogel Modellbau ist vielfältig. „Wir haben uns Nischen gesucht“, erklärt Peter Müller das Erfolgsgeheimnis des kleinen Betriebs an der Osterrade 8. In der Corona-Hochphase bauten sie sogar Schlitten. Diesen Monat feiert das Unternehmen, das seit Kurzem generationenübergreifend geführt wird, 75. Geburtstag.
26-Jährige Birte Lena Meier führt die Tischlerei Vogel Modellbau:
Seit Anfang 2021 hat die frisch eingetragene Tischlermeisterin und Betriebswirtin Birte Lena Meier (26) das Sagen als Inhaberin über die Tischlerei Vogel Modellbau, sie übernahm von Stiefvater Peter Müller. Gegründet wurde der Betrieb am 1. Juli 1947 von Helmut Vogel als Tischlerei und technische Modellbau-Firma in der Töpfertwiete.
Peter Müller blickt zurück: „Der Dresdner Vogel kam aus der Kriegsgefangenschaft und etablierte sein Unternehmen Helmut Vogel Modellbau zunächst mit einem Partner.“ Der musste aber bald gehen, Helmut Vogel machte allein weiter.
Nach fünf Jahren verlagerte der Betrieb seinen Standort an den Lohbrügger Weg. Dort übrigens begann der damals 16-jährige Peter Müller seine Lehre als Modellbauer im Jahre 1967. Die Liebe zum Beruf war sofort da: „Nach einer Woche Praktikum war mir spätestens klar, dass ich das machen will.“
Stiefvater und Tochter tüfteln an Wochenenden im Werkraum
Nachdem er ausgelernt hatte, wechselte er zunächst in einen anderen Betrieb, während seine Ausbildungsfirma im Jahre 1971 an den heutigen Standort zog. 1973 kehrte Peter Müller zu Vogel zurück, vier Jahre später übernahm er die Chefrolle – gerade einmal 25 Jahre alt.
In der 25er-Tradition steht dem heute 70-Jährigen seine Nachfolgerin in nichts nach, denn auch Birte Lena Meier war in diesem Alter, als sie den Betrieb am 2. Januar 2021 übernahm. Birte Lena Meier hat in der Nähe bei der Tischlerei Willi Curdt und Co GmbH gelernt. Zuerst versuchte sie sich übrigens als Physik-Studentin, brach das Studium aber nach kurzer Zeit („zu theoretisch“) ab.
Schon im zweiten Lehrjahr begann der Stiefvater, das weibliche Handwerkstalent langsam aber sicher für das eigene Haus zu begeistern. „Mein Papa hat gefragt, weil er gesehen hat, dass ich Spaß an dieser Arbeit habe.“ Manchmal hockten Peter und Birte an Wochenenden im Werkraum, tüftelten herum, drehten Kerzenständer, bauten sogar mal eine ökologische Kühlbox aus Kork und Schafwolle. Bei diesen Sessions erkannte Peter Müller schnell, „dass sie die Richtige ist, wenn ich mich zurückziehe“.
Angebotspalette der Tischlerei Vogel Modellbau in Hamburg exklusiv
Dafür meisterte Birte Lena Meier neben ihrer Ausbildung auch noch ein BWL-Studium, darf sich außerdem staatlich geprüfte Holztechnikerin nennen und hat auch den Tischlermeister in der Tasche. Saxofon spielen kann die Frau aus Kirchwerder auch noch: „Das ist mein Ausgleich“, sagt Birte Lena Meier.
Sie ist die einzige Frau unter sechs Mitarbeitern bei Vogel und erinnert sich zurück an ihre Berufsschulklasse, bei der es in der 25er-Klasse nur fünf weibliche Auszubildende gab – keine sei „im Job geblieben“. Nicht jede lassen anzügliche bis verächtliche Sprüche des anderen Geschlechts kalt – doch Birte Lena Meier kann es: „Wenn man einmal gezeigt hat, dass man etwas kann, ist man auch akzeptiert.“
Zu Jahresbeginn 2021 gab es indes keine komplette Revolution im Hause Vogel. Birte Lena Meier ist zwar hauptverantwortlich für den Tischlereibetrieb, doch Peter Müller managt weiterhin Büro und den Modellbereich. „An der Werkbank stehe ich aber nur noch im äußersten Notfall“, sagt der 70-Jährige. Auch der Modellbau veränderte sich laut Peter Müller massiv: „Früher brauchte man Werkzeug, heute wird computergesteuert gefräst.“
Tischlerei Vogel Modellbau sucht weitere Mitarbeiter zur Verstärkung
Die Angebotspalette der Tischlerei Vogel Modellbau sucht auf Hamburger Boden ihresgleichen, etwa zehn ähnliche Unternehmen (was den technischen Modellbau angeht) sind aus der Hansestadt vollständig verschwunden und ins Umland abgewandert. Auch eine Modellbau-Innung existiert seit 2018 nicht mehr.
Was steht für die nahe und etwas fernere Zukunft bevor? „Wir peilen erst einmal das 100-jährige Firmenjubiläum an“, frotzelt Peter Müller herum. Seine Stieftochter sagt: „Die Werkstatt vergrößern, ein bis zwei feste Leute mehr einstellen, für Qualität stehen, die man nicht überall bekommt. Und wir versuchen weiter, jedes Projekt anzugehen.“