Hamburg. Prof. Wolfgang Hochstein forscht über den 1699 geborenen Komponisten Johann Adolf Hasse. Was er herausgefunden hat.
Kaum eine Lebensphase bietet mehr Aktivität als der Ruhestand. Prof. Wolfgang Hochstein, Vorsitzender der Bergedorfer Hasse-Gesellschaft, kann ein Lied davon singen. „Vorträge, Kongresse, Forschungsaufträge – für die nächsten zwei Jahre bin ich ausgebucht“, sagt der 72 Jahre alte frühere Chef des Instituts für Schulmusik an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater, der bereits im vergangenen Sommer auch die Leitung des Geesthachter Barbara-Chors nach 30 Jahren abgegeben hat.
Frisch aus dem Druck ist jetzt der vierte Sonderband der „Hasse-Studien“ auf den Markt gekommen. Das von Hochstein und Saskia Woyke herausgegebene Werk enthält die Referate, die im April 2018 beim Internationalen Symposion anlässlich der Wiedereröffnung des Markgräflichen Opernhauses in Bayreuth gehalten wurden. „Da bei diesem Ereignis die Oper ,Artaserse‘ von Johann Adolf Hasse aufgeführt wurde, drehen sich die Referate auch ausnahmslos um unseren 1699 in Bergedorf geborenen Komponisten“, sagt Hochstein. Der Band ist im Stuttgarter Carus-Verlag erschienen und kann in jeder Buchhandlung bestellt werden.
Referat bei Mozart-Konferenz in Prag
Am heutigen Montag hat Ruheständler Hochstein schon wahre Frühaufsteher-Qualitäten an den Tag gelegt: Um 6.50 Uhr startete in Fuhlsbüttel sein Flug über Wien nach Prag, wo er auf der turnusmäßigen Mozart-Konferenz über Hasses Einfluss auf die Kompositionen Mozarts referiert. „Mozarts Oper Don Giovanni wurde einst in Prag uraufgeführt, daher hat Tschechiens Metropole noch heute eine hohe Affinität zu Mozart“, sagt Wolfgang Hochstein.
Vor der Prager Expertenrunde wird er nachweisen, dass „die eine oder andere musikalische Redewendung“ des Salzburger Wunderkindes dessen Auseinandersetzung mit dem rund 60 Jahre älteren Hasse geschuldet sind. „Als Mozart sieben Jahre alt war, schenkte sein Vater ihm ein Notenbuch, das auch mehrere Stücke von Hasse enthielt“, sagt Hochstein. „Und in einer eigenen Veröffentlichung von Sonaten schrieb Mozart als Neunjähriger im Vorwort, er wolle einmal so berühmt werden wie Händel und Hasse.“
Johann Adolf Hasse führte ein Leben wie heute der musikalische Jetset
Im September geht es für Wolfgang Hochstein noch einmal nach Tschechien, dann ins südböhmische Krumau, wo ein im Original erhaltenes Barocktheater steht. Mit Bühnenkulissen, die mittels simpelster Mechanik noch von Hand verschoben werden, öffnet sich dort in jedem Herbst der Vorhang zu einer barocken Oper.
Thema eines begleitenden Kongresses ist die italienische Oper des 18. Jahrhunderts an Höfen nördlich der Alpen. Wolfgang Hochsteins Vortrag fokussiert Johann Adolf Hasses Zeit als Hofkapellmeister in Dresden, die immerhin 30 Jahre währte. „Etwa die Hälfte dieser Zeit weilte Hasse aber nicht in Dresden, sondern war in Europa unterwegs, meist in Italien und in Wien“, sagt Hochstein. „In Venedig hatte er lange Zeit seinen zweiten Wohnsitz, wo er 1783 im Alter von 84 Jahren starb. Es war ein Leben, wie es heute der musikalische Jetset führt.“