Hamburg. S-Bahnen von und nach Bergedorf waren bisher häufig verspätet, das ist passé – und nach den Sommerferien legt die Bahn noch eins drauf.
Der Chef der Hamburger S-Bahn ist sichtlich erleichtert. Soeben hat er die aktuellen Halbjahreszahlen mit den Verspätungen der S 21 auf den Tisch bekommen. „Der neue Zaun, den wir an der Strecke zwischen Berliner Tor und Bergedorf gezogen haben, verfehlt seine Wirkung nicht“, freut sich Kay Uwe Arnecke. Für 1,5 Millionen Euro hat die Deutsche Bahn den zehn Kilometer langen Zaun Anfang 2021 errichtet, im Mai 2021 wurde er fertig.
Der Erfolg: Waren im Jahr 2020 noch 20 Fälle registriert, bei denen Personen aufs Bergedorfer S-Bahn-Gleis kletterten und dabei insgesamt 1600 Verspätungsminuten verursachten, so verringerte sich diese Zahl 2021 auf 13 Fälle und 800 Minuten Verspätung. Im ersten Halbjahr 2022 wurden siebenmal Leute auf den Schienen entdeckt, die insgesamt für 300 Minuten Verzug sorgten. „Dieser massive Störfaktor im S-Bahnbetrieb hat sich also etwa halbiert“, freut sich Arnecke.
S-Bahn Hamburg: Auf den Linien S 21 und S 2 waren lange ältere Waggons unterwegs
Insgesamt waren im vergangenen Jahr mehr als 96 Prozent der Züge der Linie S 21 pünktlich. Und das war beileibe nicht immer so. Jahrelang waren auf den Linien S 21 und S 2 überwiegend ältere Waggons der S-Bahn unterwegs, denn auf diesen Strecken verkehrt nur etwa ein Fünftel aller Fahrgäste. Häufige Ausfälle oder Verspätungen waren die Folge, etwa weil im Herbst die Räder auf dem nassen Laub durchdrehten.
„Dann kamen seit 2019 Zug um Zug die neuen ET 490-Fahrzeuge auf die Strecke, und alles sollte besser werden. Aber die funktionierten nicht einwandfrei“, erinnert der S-Bahn-Chef sich nur ungern. Die Sensoren fürs automatische Türöffnen und -schließen waren oftmals defekt, manchmal dauerte es Minuten, bevor der Zug abfahren konnte. Und immer gab es Probleme mit dem Antrieb.
Auf dem Bergedorfer Bahnhof wird nicht mehr gekuppelt
„Diese Kinderkrankheiten haben wir gemeinsam mit dem Hersteller nun kuriert, und wir sind auf der Bergedorf-Strecke gut in der Spur“, freut sich Kay Uwe Arnecke. Was nach seinen Worten auch daran liegt, dass seit Ende 2020 im Bergedorfer Bahnhof nicht mehr gekuppelt wird. Die Zeit der Kurzzüge mit drei Waggons ist vorbei, auch zwischen Bergedorf und Aumühle behält jeder Zug seine sechs Wagen.
„Das spart jedes Mal bis zu zwei Minuten Zeit ein, die dann zur Verfügung stehen, wenn an Stationen wie Reinbek oder Allermöhe das Fahrgastaufkommen sehr hoch ist und die kalkulierte Zeit zur Abfertigung nicht reicht“, beschreibt Arnecke. „Die Zeit des S-Bahn-Frusts ist für die Bergedorfer und ihre Nachbarn vorbei“, sagt der Eisenbahner und merkt dies auch an einem deutlichen Rückgang der Beschwerden über die Züge von S 21 und S 2.
Fahrgäste sind zufrieden
„Zwar kommen jetzt keine Dankes- oder Lobesbriefe bei uns an, aber glücklicherweise kenne ich eine Reihe Fahrgäste auf der Strecke persönlich, und die sind schon seit vielen Monaten sehr zufrieden.“ Auch die sukzessive Verlängerung der 5-Minuten-Takt-Phasen im Morgen- und Feierabendverkehr mit der Verstärkerlinie S 2 werde goutiert.
Wenn erst einmal die Vollsperrung der Strecke Bergedorf-Berliner Tor ab Donnerstag und die darauf folgende Sperrung der Strecke Berliner Tor – Hauptbahnhof überstanden sind, legt die S-Bahn auf der Linie S 21 noch mal kräftig eins drauf. Gleich nach den Sommerferien gehen vier hochautomatisierte Züge nach einer ausgiebigen Testphase in den Regelbetrieb. Sie verkehren eigenständig und digital gesteuert, allerdings nicht ohne Lokführer. Der sitzt weiterhin im Führerstand, damit er bei Bedarf eingreifen kann.
S-Bahn Hamburg: Energieverbrauch wird durch Digitalisierung gesenkt
„Im Regelfall entscheidet also nicht mehr der einzelne Lokführer, mit welcher Geschwindigkeit er auf ein rotes Signal zufährt, sondern das digitale System errechnet anhand der Bedingungen auf der Gesamtstrecke den optimalen Wert und setzt diesen um“, beschreibt der S-Bahn-Chef.
Studien hätten ergeben, dass ein digital gesteuertes S-Bahn-Netz etwa 30 Prozent mehr Potenzial für Zugverkehr bietet, und auch der Energieverbrauch wird gesenkt: Das System verhindert, dass mehrere Züge gleichzeitig anfahren und vermeidet so Stromverbrauchspitzen. Vor Corona beförderte Hamburgs S-Bahn jährlich 250 Millionen Fahrgäste, derzeit sind es 225 Millionen.