Hamburg. Barrierefreie Bushaltestellen, gesonderte Radfahrstreifen, besserer Verkehrsfluss durch neue Kreisel. Trotzdem gibt es Kritik.

Nach 946 Tagen ist das Mammutprojekt auf einer der wichtigsten Straßen Bergedorfs so gut wie erledigt: Vom heutigen Freitag an ist der Sander Damm wieder für den Verkehr freigegeben – und damit auch das letzte Teilstück der Haupttrasse von der Landesgrenze bis zur Bergedorfer Straße.

2700 Meter lang ist der komplett erneuerte Straßenzug, der den Lohbrügger Norden mit dem Bergedorfer Zentrum verbindet und nun wesentlich fahrradfreundlicher daherkommt. Seit Beginn 2021 war der 550 Meter lange Sander Damm als letztes Teilstück eine Großbaustelle, auf dem heute wieder Autos auf vier Spuren rollen dürfen. Es bleiben bis ins Frühjahr 2022 Restarbeiten in den Nebenflächen übrig.

Verkehr in Hamburg: Auf dem Sander Damm dürfen wieder Autos auf vier Spuren rollen

Einer, der genau diese Straße vom Wohnort Reinbek zum Arbeitsplatz an der Alten Holstenstraße täglich nutzt, ist Dr. Matthias Soyka. „Der neue Sander Damm sieht ziemlich gut aus“, findet der 64-Jährige, „das urbane Feeling der 1960er-Jahre wurde gut restauriert.“

Doch im März dieses Jahres hatten die Planer des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) offenbar eines vergessen: Soyka und seine Kollegen aus der Praxisklinik Bergedorf konnten zunächst nicht in ihren Innenhof einfahren, denn die Zufahrt war durch die Baustelleneinrichtung zunächst blockiert.

Radfahrstreifen für einige zu nah am Autoverkehr

Eine Extraspur für Einsatzfahrzeuge ist nicht mehr notwendig: Der Sander Damm ist nun auch in nördlicher Richtung frei befahrbar.
Eine Extraspur für Einsatzfahrzeuge ist nicht mehr notwendig: Der Sander Damm ist nun auch in nördlicher Richtung frei befahrbar. © BGDZ | Jan Schubert

„Das war nervig“, erinnert sich der Orthopäde. „Allerdings verdienen Bauarbeiter sowie Bauleitung vor Ort, die in unserem Fall schnell reagierten und die Versäumnisse der Planer korrigierten, viel Lob.“

Ärzte und Therapeuten mussten monatelang zwar verkehrswidrig nach links über eine durchgezogene Linie und quer über die Trasse für Einsatzfahrzeuge für Feuerwehr und Polizei abbiegen. Doch Unfälle gab es nicht, und die Ärzte erreichten wieder ihren Arbeitsplatz.

Soyka fährt seinen Arbeitsweg auch mal mit dem Fahrrad. Doch da auf der sanierten Straße der Radfahrstreifen nun direkt neben der Fahrbahn verläuft, ist er skeptisch: „Da fahre ich wohl nicht mehr so gern drauf. Das ist mir zu nah dran an Autos und Lastwagen.“

Zwei neue Kreisverkehre im Bereich Binnenfeldredder

Damit spricht der Arzt eine der wesentlichen Neuerungen an: Zwischen Lohbrügger Markt und der Landesgrenze müssen sich Autofahrer mit nur noch zwei statt vier Spuren begnügen, dafür sind nun beidseitig Radfahrstreifen auf der gesamten Nord-Süd-Verbindung eingerichtet worden. Fußgänger haben die Bürgersteige komplett für sich.

Im Bereich Binnenfeldredder wurden zudem zwei Kreisverkehre neu gebaut. 80 Bäume zusätzlich wurden außerdem gepflanzt. „Nach der Sanierung profitieren ­alle Verkehrsteilnehmer von den komplett neu gestalteten und barrierefreie Flächen“, meint LSBG-Sprecherin Edda Teneyken.

Verkehrsexperte: Lange Bauzeit hat sich gelohnt

Ob die Radfahrer denn auch alles annehmen werden, daran zweifelt indes Jörg Froh (CDU). „Ich frage mich, wie häufig die Polizei kontrolliert, ob nicht doch auf dem Gehweg gefahren wird. Und ich bin auch ­gespannt, wie sich der Autoverkehr oberhalb des Lohbrügger Markts verteilen wird.“

„Die Sanierung des Straßenzuges war unumgänglich“, meint wiederum Andreas Tilsner. Der SPD-Verkehrsexperte aus Lohbrügge hat viel Gutes auf der ehemaligen Großbaustelle gesehen: barrierefreie Bushaltestellen, gesonderte Radfahrstreifen, besserer Verkehrsfluss durch die Kreisel, rückläufige Unfallzahlen. „Die lange Bauzeit hat sich gelohnt“, urteilt der Sozialdemokrat. Ob die Zuversicht bleibt, wird die Zukunft zeigen – wenn ab heute die Autos wieder über den Sander Damm rollen.