Hamburg. Vier Schläge sollten in Bergedorf sollten eine Überpopulation und Hunger beenden. Doch nicht nur das Geld fehlt.

Mal werden sie abwertend als „Ratten der Lüfte“ bezeichnet, mal gejagt und vertrieben. Dabei sind viele Mythen über Stadttauben längst widerlegt, leiden diese zudem wegen des Hamburger Fütterungsverbotes unter Hunger oder Krankheit. Taubenschläge sollten deshalb in Bergedorf helfen, die Tiere zu schützen und gleichzeitig ihre Population zu kontrollieren. Doch die Suche nach Standorten für vier Taubenschläge in der City ist gescheitert: Der Runde Tisch, der – wie mehrfach berichtet – seit einem Jahr eine Lösung für das Taubenproblem in Bergedorf sucht, hat aufgegeben. Seine Auflösung war jetzt Thema im Wirtschaftsausschuss der Bezirksversammlung.

Sowohl die Standortsuche als auch die mögliche Finanzierung der Taubenschläge erwiesen sich offenbar als Sackgasse. So wollte das Marktkauf-Center zwar einen Taubenschlag errichten, allerdings unter der Bedingung, dass es wenigstens zwei weitere Schläge in der City gibt – so wie es auch von Taubenexperten als sinnvoll angesehen wird. Sowohl die Betreiber des CCB als auch die Deutsche Bahn hätten aber „aufgrund technischer Widrigkeiten und aus Platzgründen keine Möglichkeit für eine Aufstellung derselben“ gesehen, heißt es im Protokoll des letzten Runden Tisches von Anfang November. Auch die Finanzierung scheiterte.

Die Stadt Hamburg setzt – anders als alle anderen Großstädte – auf Fütterungsverbote und sieht keinen Bedarf. Die Bezirke hingegen können Fütterung, Pflege und Unterhalt auf Dauer nicht allein sicherstellen.

In Berlin ist das Thema sogar im Koalitionsvertrag festgeschrieben

„Es wäre nicht ehrlich, auf dieser Basis Taubenschläge zu betreiben“, sagte Bernd Capeletti (CDU), der auch am Runden Tisch teilnahm. Bei fehlender Aufsicht und Pflege drohe sonst „Tierquälerei“. Stephanie Pelch (CDU) sieht die Aufgabe ohnehin als hamburgweites Problem: „Deshalb wollen wir den Ball an die Bürgerschaft weiterspielen“, hofft sie von dort auf eine Neuausrichtung der Hamburger Straßentauben-Politik. Auch Stephan Jersch (Die Linke) – selbst Bürgerschaftsabgeordneter – sieht die Aufgabe in Hamburg. Die Stadt müsse die Bezirke zumindest finanziell „in die Lage versetzen“, Taubenschläge zu schaffen.

Die Stadt Berlin ist bereits viel weiter, wie Susanne Gentzsch vom Bergedorfer Verein „Gandolfs Taubenfreunde“ feststellt. Dort sei das Thema jetzt sogar im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Dass sich der Runde Tisch in Bergedorf nun mit Verweis an die Hamburger Politik auflöse, sieht sie zumindest als „nicht ganz falsch“. Denn: „Es gibt inzwischen Gutachten und verschiedene Stellungnahmen, die bescheinigen, dass es erstmal eine Infrastruktur in der Verwaltung und in der Finanzpolitik geben muss“. Heißt: Ehe sich einzelne Bezirke mit dem Thema abmühen, braucht es einen übergeordneten Plan der Stadt – also einen Etat und Experten in den Behörden.

Tierheime und Vereine in der Region sind überlastet

Denn das vermeintliche Randproblem wird oft in seiner Wirkung unterschätzt. Die Stadttauben selbst – Nachkommen etwa von Hochzeits- oder Zuchttauben – leiden enorm unter der Überpopulation und Hamburgs Fütterungsverbot. 4000 verwahrloste, verletzte oder halb verhungerte Tauben werden jährlich abgegeben. „Die Tierheime und Vereine sind überlastet“, stellt Gentzsch fest. Die Tauben nerven nicht nur viele Menschen, wenn sie hungrig in Bäckereien flattern oder ihren Kot auf den Sitzbänken der Fußgängerzonen hinterlassen. Sie verursachen eben auch hohe Reinigungssummen an Gebäuden. Susanne Gentzsch versteht deshalb nicht, dass das Thema in Hamburg so vernachlässigt wird: „Das müsste ja gar nicht sein“, meint sie. Die Investition in Taubenschläge sei am Ende deutlich günstiger als die Reinigungskosten. „Man könnte das Problem im wahrsten Wortsinne auf ,einen Schlag’ lösen.“

In den Schlägen sollen die Tiere nicht nur Nahrung erhalten. Es soll vor allem ihre Population kontrolliert werden. Das geschieht, indem die Taubeneier durch falsche Eier ersetzt werden. Susanne Gentzsch: „Hunger und Mangel würden so gar nicht erst entstehen.“