Bergedorf. Bergedorfer Tafel verteilt 600 Tonnen Hilfsgüter. Ein Stopp des Betriebs droht nur bei 2G- oder 3G-Pflicht für Lebensmittelhandel.

Mit großer Sorge schaut das Team der Bergedorfer Tafel jeden Tag auf die Entwicklung der Corona-Zahlen: Müssen die mehr als 2600 Bedürftigen, die jede Woche mit Lebensmitteln versorgt werden, wie im Frühjahr 2020 wieder auf unbestimmte Zeit ohne die Tafel auskommen?

„Ich hoffe sehr, dass es dazu nicht kommt“, sagt Vorsitzender Peter Kuczora. „Wir haben den Umgang mit Corona gelernt, die Abläufe in den Ausgabestellen umgestellt und natürlich Abstands- sowie Maskenpflicht in Innenräumen eingeführt. Aber wenn für unsere Ausgabestellen 2G oder auch nur 3G vorgeschrieben würde, müssten wir dicht machen. Die dafür erforderlichen Überprüfungen sind bei unseren Kunden nicht durchführbar.“ Eintreten würde dieser Fall, sobald entsprechende Vorgaben für den Lebensmittel-Einzelhandel gelten: „Die nehmen wir als Maßstab für unsere Tafel“, sagt Kuczora, dessen Vorstand Anpassungen an die Corona-Lage stets donnerstags festlegt.

Menge der verteilten Lebensmittel hatte sich halbiert

Tatsächlich läuft die Arbeit heute fast wieder wie vor Corona: Nachdem sich die verteilten Lebensmittel 2020 auf 370 Tonnen halbiert hatten, sind es in diesem Jahr wieder gut 600 Tonnen. Die Zahl der ehrenamtlichen Helfer, die ein- bis zweimal pro Woche in den Ausgabestellen oder beim Fahrdienst einige Stunden im Einsatz sind, hat sich von 150 auf 160 erhöht.

Die Zahl der Kunden hat Corona allerdings auch erhöht: „Wir haben 186 neue Ausweise vergeben, also nachweislich Bedürftige in die regelmäßige Lebensmittel-Unterstützung durch unsere Ausgabestellen aufgenommen“, sagt der Tafel-Chef. „Weil hinter ihnen oft Haushalte mit mehreren Personen stehen, gehen wir von etwa der doppelten Anzahl an Versorgten aus. Hinzu kommen rund 60 Menschen, die jede Woche ohne Ausweis bei unseren Ausgaben anstehen. Denn wir schicken niemanden weg. Wer häufiger kommt, wird aber um einen Nachweis seiner Bedürftigkeit gebeten.“

Insgesamt 825 Ausweise hat die Tafel aktuell in ihrer Kartei, wobei einige dieser Kunden nicht mehr kommen. „Vielleicht, weil sie wieder einen Job haben. Wir fragen da nicht nach“, sagt Kuczora, der deshalb eher von einem moderaten Anstieg ausgeht. Neben den vier eigenen Ausgabestellen und zwei Kooperationspartnern beliefert die Tafel auch 25 soziale Einrichtungen von Seniorenheimen über Jugendtreffs bis zu Spielhäusern.

Hohe Benzinpreise belasten den Etat der Tafel

Sorgen machen die explodierenden Benzinpreise: „Wir werden wohl nicht mehr mit den 70.000 Euro auskommen, die wir bisher als laufende Betriebskosten im Jahr veranschlagen. Der Betrieb unserer vier Lieferwagen, die die Waren von Supermärkten, Bäckereien und Lebensmittelproduzenten holen, wird deutlich teurer“, sagt Kuczora mit Blick auf die Adventszeit, die die wichtigste Zeit für Spenden ist. „Wir sind komplett auf Unterstützung durch Bürger und Unternehmen angewiesen. Das ist in den 23 Jahren seit Gründung unserer Tafel zum Glück sehr gut gelaufen. Und ich bin optimistisch, dass es so auch weitergeht, denn die Bergedorfer schätzen unsere Arbeit, sind spendabel und sehr kreativ: Unter anderem unterstützt uns die Belegschaft mancher Firma jetzt mit dem Geld, was eigentlich für ihre ausgefallene Weihnachtsfeier vorgesehen war.“

Noch optimierbar sei dagegen der Draht ins Bezirksamt: „Wir sind fünf Tage pro Woche im Einsatz und haben eigentlich immer irgendwelche Anliegen. Ein direkter Ansprechpartner im Rathaus würde sehr helfen. Schließlich arbeiten wir alle ehrenamtlich“, sagt Peter Kuczora (67), der bereits seit fünf Jahren Vorsitzender der Tafel ist, die unter den 940 in Deutschland zu den ganz großen gehört.