Hamburg. Kaum ein Aktenordner Luft zur Brücke: 350 Tonnen schwerer Trafo erreicht Oststeinbek. Massive Behinderungen im Berufsverkehr.

Der Mega-Schwertransport mit dem ersten von vier bis zu 350 Tonnen schweren Transformatoren hat am Montagmittag sein Ziel, das Umspannwerk in Oststeinbek, erreicht. Die Fahrt hatte mit rund 16 Stunden deutlich länger gedauert als geplant. Die Polizei musste die Genehmigung für den nächtlichen Transport bin in die Vormittagsstunden verlängern. Da der Koloss sich teilweise nur im Schneckentempo vorwärts bewegte, sorgte er im Berufsverkehr in Glinde und Oststeinbek für massive Behinderungen.

Dabei war der 75 Meter lange, fast fünf Meter breite und 5,70 Meter hohe Transporter am Sonntagabend sogar eine Viertelstunde früher, kurz vor 20 Uhr, in Geesthacht gestartet. Es war die zweite Etappe, die - eigentlich für Mittwoch geplant - dann aber wegen erkrankter Fahrer verschoben werden musste.

Beim Start in Geesthacht verfolgten bereits mehrere Hundert Schaulustige das Ausparken an der Sportanlage an der Berliner Straße. Auf der B404 und der B5 kam der Transport vergleichsweise zügig voran. Um 22.40 Uhr gab es den ersten längeren unplanmäßigen Stopp in Escheburg, weil eine Ampel zu niedrig für die Durchfahrt war.

Schwertransport fährt durch Bergedorf – im Schneckentempo

Kurz nach 23 Uhr überquerte der ungewöhnliche Transporter auf seinen 4384 Reifen die Landesgrenze. Der „G2 K600“ ist für diese Fahrt 75 Meter lang. Jede der 48 Achsen, die alle einzeln beweglich sind, verfügt über eine Traglast von 14,7 Tonnen. Die dann folgende Durchfahrt durch die Bergedorfer City und Lohbrügge dauerte wesentlich länger als geplant. Für die rund acht Kilometer lange Strecke benötigte der rollende Riese gut sechs Stunden – immer wieder wurde er durch Engstellen und Hindernisse aufgehalten.

Der Schwertransport hat das Zentrum von Bergedorf durchquert.
Der Schwertransport hat das Zentrum von Bergedorf durchquert. © Carsten Neff

Dies ging schon am Mohnhof los: Der Transporter benötigte zwei Anläufe, um die für ihn enge Kreuzung zu passieren. Zunächst versuchten die Fahrer, das Gefährt auf der korrekten Richtungsfahrbahn um die Fußgängerinsel herumzusteuern. Zu eng! Dann ging es in Ideallinie über die Gegenfahrbahn. Dort mussten allerdings zuvor einige Äste eines großen Baums von einem Hubsteiger aus mit der Motorsäge gekappt werden. Das brauchte Zeit.

Die nächste Herausforderung war die Überquerung der Brücke über den Schleusengraben am CCB. Diese erreichte der Transporter um 0.45 Uhr. Mit dem 350 Tonnen schweren Transformator wiegt der Koloss insgesamt rund 700 Tonnen – grenzwertig für die Brückenkonstruktion. Die Lösung: Der Schwertransporter befuhr „aufgeklappt“ diagonal alle Fahrbahnen, um die Brückenstruktur gleichmäßig zu belasten.

Mega-Schwertransport zieht Hunderte Schaulustige an

Etwa hundert Schaulustige bestaunten das Spezialfahrzeug, fotografierten und filmten mit ihren Smartphones vom Balkon des CCB und dem Fußweg aus. Auch Freya Kellingusen aus Kirchwerder war extra gekommen: „Ich als Rentnerin muss ja morgen nicht arbeiten und das ist doch ein tolles Spektakel.“ Begeistert hielt sie mit ihrem Smartphone die Brückenquerung fest. „Das muss ich doch zeigen, wie sich diese Riesenschlange auf Rädern verwinden kann – beeindruckend!“ Sicherheitshalber mussten alle Zuschauer die Brücke verlassen, als der Transformator darüber rollte – die Brücke hielt.

Der Mega-Schwertransport konnte teils nur im Schneckentempo durch Bergedorf fahren.
Der Mega-Schwertransport konnte teils nur im Schneckentempo durch Bergedorf fahren. © Christoph Leimig

Die Bahnschienen unterquerte der Transport nicht auf der B5, sondern unter der deutlich höheren Bahnbrücke am Sander Damm bei OBI. Dazu musste der Transporter zunächst in den Weidenbaumsweg einfahren. Auch diese Ecke war äußerst eng, der Riese kam auf der Abbiegespur für den Gegenverkehr knapp am Bauschild des Bergedorfer Tors vorbei. Die Zeit: 1.24 Uhr. An der Kreuzung zum Sander Damm wechselte der Transporter die Fahrtrichtung. Vorne wurde zu hinten.

Für das mit mehreren Mann per „Joystick“ über Fernbedienungen bediente Fahrzeug kein Problem. Allerdings stand das Straßenschild „Weidenbaumsweg“ beim Abbiegen böse im Weg. Zunächst versuchten drei starke Männer sich an den Schilderpfahl zu hängen und diesen aus dem Weg zu drücken. Schließlich griffen sie doch zur Flex und legten das Schild um. Jedem Beobachter wurde klar: Was auch immer sich diesem Transport in den Weg stellt – es wird aus dem Weg geräumt.

Kaum ein Aktenordner passte zwischen Brücke und Schwertransport

Über die Transportkosten schweigt das Unternehmen. Bei dem Aufwand, einem Dutzend Männer Personal und eben so vielen Begleitfahrzeugen im Konvoi dürfte dies aber eine mittlere sechsstellige Summe sein.

Nun folgte der brisanteste Teil des Transports, die Durchfahrt unter der Eisenbahnbrücke am Sander Damm. „Das passt doch nie!“, waren sich fast alle Beobachter einig, drei Dutzend harrten trotz der frühen Morgenstunde aus. Peter Klein war sogar extra aus Uelzen gekommen und hatte seine Kamera aufs Stativ gestellt: „Nie und nimmer passt der da durch“, war auch er eindeutig skeptisch. Doch die besondere Konstruktion des Transporters machte die Durchfahrt möglich.

Der „G2 K600“, eine sogenannte Tragschnabel-Brücke mit Selbstfahrer-Modulen, kann seine Last bis auf Fahrbahnniveau absenken. Für die Brückenpassage konnten die Hydraulikarme, an denen der Trafo befestigt ist, soweit gesenkt werden, dass der Trafo nur noch wenige Zentimeter über dem Boden schwebte. Dies dauerte alleine mehr als eine Stunde. Am Ende war zur Unterseite der Brücke und zu Fahrbahn jeweils kaum ein Aktenordner breit Luft. Ein Raunen und Staunen bei den Beobachtern als der Transporter um 3.04 Uhr die Bahntrasse passiert hatte.

Auch Ampeln müssen demontiert werden

Nun ging es bergauf nach Lohbrügge-Nord in entgegengesetzter Richtung durch die Einbahnstraße der derzeitige Baustelle. Arbeiter mussten dafür auf der gesamten Länge zwischen Feuerwache und Lohbrügger Markt die Baustellenabsperrung verschieben – und nach der Durchfahrt wieder neu ausrichten. Die Behelfsfahrbahn war einfach zu schmal für den Transport-Riesen. Auf der Steigung hörte man dem Gefährt sein Gewicht nun auch an. Der G2 K600 lärmte wie eine Diesellok. Auch wenn es kaum noch Zuschauer auf der Straße gab, so lockte der Lärm doch so manchen Anwohner im Schlafanzug an die Fenster.

Als der Transport den Lohbrügger Markt erreicht, ist es 3.20 Uhr. Die Fahrer, die ob der Engstellen mit ihren Fernbedienungen schon stundenlang und kilometerweit neben dem Trafo hergelaufen sind, sind sichtlich müde. Diskussion mit der Polizei: Pausieren oder weiterfahren? Eigentlich gilt die Genehmigung nur bis zum Einsetzen des Berufsverkehrs. "Der lange Transporter kann hier nirgendwo geparkt werden", sagten begleitende Polizeibeamte: "Das müssen wir jetzt durchziehen. Der fährt heute so lange, bis er sein Ziel erreicht hat!"

Auf dieser Strecke rollt der Mega-Schwertransport durch die Region.
Auf dieser Strecke rollt der Mega-Schwertransport durch die Region. © HA

Das sollte noch einige Stunden dauern. Die Ampel am Bornmühlenweg musste erst demontiert werden, ehe der Trafo vorbei passte. Erst um 4.30 Uhr am frühen Morgen erreichte der Transport den Kreisverkehr an der Habermannstraße, mehr als eine Stunde Später die Landesgrenze nach Schleswig-Holstein.

Massive Beeinträchtigungen im Berufsverkehr

Inzwischen setzt der Berufsverkehr ein. Auf der Weiterfahrt über die K80 nach Glinde und auf der Möllner Landstraße zwischen Glinder Markt und Oststeinbek sorgte der Mega-Transporter in der Folge für kilometerlange Staus und massive Behinderungen auch auf den Ausweichstrecken. Der Transport konnte schließlich nicht überholt werden. Am Glinder Markt war wieder eine Ampel nicht hoch genug, dann musste der Transport auch noch einen Tankstopp einlegen. Gegen 10.30 Uhr erreichte der Transporter schließlich Oststeinbek.

Doch es dauerte eine weitere Stunde, bis er am vorgesehenen Parkplatz einparken konnte. Dort hatte nämlich ein Camper sein Wohnmobil ungünstig abgestellt. Der Transporter musste vor der letzten Kurve zunächst umgebaut werden. „Wir fahren mit zweimal 24 Achsen. Davon nehmen wir jeweils sechs Achsen raus, damit wir die letzte Kurve kriegen. Die ist ziemlich eng. Da kommen wir sonst nicht rum“, sagte ein Sprecher des Transportunternehmens. Zurück nach Lauenburg fährt der „G2 K600“ dann wieder nachts, unbeladen und in zwei Teilen.

Dreimal soll die Aktion in den kommenden Wochen noch wiederholt werden, um die restlichen drei neuen Trafos vom Hafen Lauenburg zum Umspannwerk nach Oststeinbek zu befördern. Da sich der ursprüngliche Zeitplan beim ersten Transport mehrfach verzögert hat und die 47 Kilometer lange Strecke offenbar nur schwer in zwei Nächten zurückzulegen ist, könnte es neue Planungen und Auflagen für die verbleibenden drei Trafotransporte geben.

Lesen Sie hier den Liveblog zur bisherigen Fahrt des Schwertransports nach Bergedorf