Hamburg. SPD vorn, kurz danach die Linke? Wo liegen die Grünen? Kinder- und Jugendliche haben bei der U-18-Wahl abgestimmt.
Noch vier Tage ist es hin bis Bergedorf am Sonntag zur Bundestagswahl in die Wahllokale strömt. Doch nicht alle, die ihre Stimme gerne abgeben würden, dürfen schon: 634 Bergedorfer Kinder und Jugendliche haben dafür am vergangenen Freitag bei der U-18-Wahl (Unter-18-Wahl) gewählt.
Die Ergebnisse standen am Dienstagmorgen fest: Genau wie in den Hamburger Wahlprognosen für die Erwachsenen, liegt die SPD auch hier vorn – 162 Jugendliche haben für die Sozialdemokraten gestimmt (25,6 Prozent), bei den tatsächlich in Hamburg Wahlberechtigten wären es laut Hochrechnung derzeit 33 Prozent. Dicht gefolgt wird Scholz’ Partei bei der Jugendwahl von den Linken, die 23 Prozent erhielten (allgemein 9 Prozent). Mit großem Abstand folgen bei der U-18-Wahl dann CDU (12,8 Prozent) und Grüne (12,3 Prozent).
U-18-Wahl erbringt ganz andere Zahlen als die aktuellen Umfragen
33 Stimmen der Bergedorfer Jugendlichen gab es für die AfD – das sind hier knapp über fünf Prozent. Sozialpädagoge Torben Köhler vom Awo Jungentreff sagt dazu: „Ich denke, es ist eine Mischung: Manche Jugendliche machen sich einen Spaß daraus, diese Partei zu wählen, bei anderen kommt es sicherlich von zu Hause.“ Worüber dort am Esstisch geredet werde, habe schließlich großen Einfluss auf das Wahlverhalten der Kinder. Die anderen Parteien kamen insgesamt auf 11,8 Prozent.
Abgestimmt wurde im Jugendtreff Clippo in Lohbrügge, im Awo Jungentreff, in der Bergedorfer Bücherhalle und an der Stadtteilschule Richard-Linde-Weg. Auch Arian Sondiry und Maya Schuster aus Boberg haben ihren Zettel in die Wahlurne im Clippo geworfen. Zwischen 14 und 18 Uhr stand hier vergangenen Freitag die selbst gestaltete Wahlurne bereit. Auf den Stimmzetteln konnten dieselben 22 Parteien angekreuzt werden, wie bei der richtigen Bundestagswahl. „Wir überprüfen auch die Personalien, damit niemand zweimal wählt“, erklärt Arian Sondiry, der die Wahl mit Maya Schuster betreut.
Wahl-O-Mat und Parteivideos standen als Entscheidungshilfen zur Verfügung
Wer noch nicht wusste, welcher Partei er seine Stimme schenken möchte, konnte an den Laptops im Jugendtreff den Wahl-O-Mat nutzen oder Parteivideos angucken. „Für die Jüngeren gibt es Plakate, auf denen das Wählen kindgerecht erklärt wird“, sagt Maya Schuster. Da viele Jugendliche vor allem die Parteien kannten, gab es nur eine Zweitstimme. Die Direktkandidaten waren bei der U-18-Wahl nicht aufgelistet.
Maya Schuster und Arian Sondiry sehen sich selbst beide „Mitte links“. Wen sie gewählt haben, möchten sie nicht verraten. „Mir ist wichtig, dass die Ziele der Parteien realistisch sind. Es ergibt keinen Sinn, eine Utopie anzustreben. Dann sind am Ende alle Wähler enttäuscht“, sagt die 17-Jährige.
Armin Laschet hat bei den Jugendlichen keine Lobby
Dieses Problem sehe sie bei vielen radikalen Parteien. Klimaschutz sei beispielsweise ein wichtiges Thema, aber niemand dürfe dabei zurückgelassen werden. Wenn sich durch hohe Spritkosten nur noch die Menschen mit viel Geld das Benzin leisten könnten, sei das einfach ungerecht. „Es müssen Alternativen geschaffen werden.“
Und wer sollte ihrer Meinung nach das Kanzleramt übernehmen? „Auf jeden Fall nicht Armin Laschet.“ Da sind Arian Sondiry und Maya Schuster sich einig. Die anderen Kandidaten hätten beide ihre Stärken und Schwächen. Der 16-Jährige meint, dieses Jahr sei „taktisches Wählen“ angesagt: Er würde auch danach gehen, welche Koalition er sich am besten vorstellen könne.
Wählen ab 16 Jahren fänden die Jugendlichen für alle Wahlen richtig
Von der Politik wünschen sich die Bergedorfer Schüler mehr Mitbestimmung für Jugendliche. „Viele junge Menschen haben im Alter von 16 schon mehr Ahnung von Politik als einige Erwachsene“, sagt Arian Sondiry, der gerne Jura studieren möchte. Ein Wahlrecht ab 16 Jahren fänden die beiden auch bei der Bundestagswahl angebracht.
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Auch Jendrik Mattar (17) ist Klimaschutz sehr wichtig: „Schließlich betreffen mich die Folgen mein Leben lang.“ Außerdem sollten die Menschen ruhig den Mut haben, kleinere Parteien zu wählen. Denn, so hat er recherchiert, sobald diese einen Stimmanteil von mehr als 0,5 Prozent erreichen, bekommen sie einen Teil der Wahlkampfkosten erstattet. „Das könnte für viele ein Ansporn sein, weiterzumachen.“
Jugendliche an die Politik heranführen
Wie wichtig Jugendwahlen sind, beschreibt Clippo-Sozialpädagogin Mirka Lavrnja (33): „Es ist unsere Aufgabe, die Jugendlichen an Politik heranzuführen. Sie sollen schon jetzt begreifen, dass sie die Möglichkeit zum Mitgestalten haben.“