Bergedorf. Gut 1,5 Millionen Euro sollen in Bergedorfer Teiche und Gräben investiert werden, um die EU-Wasserrahmenrichtlinie zu erfüllen.
Weil das Wasser zu dreckig war, wurde in der Oberen Bille jahrhundertelang keine Meerforelle entdeckt. Bis die Umweltbehörde jährlich 3500 Jungfische aussetzte, schon dreimal in Folge. Die Tiere mögen zunächst zwei bis vier Monate lang in Richtung Nordsee schwimmen und dann zum Laichen zurückkommen.
Aber schaffen sie das auch? „Das Problem ist, dass die Meerforelle gern gegen den Strom schwimmt, die Bille aber sehr träge fließt“, sagt Uwe Wehling. Der Abteilungsleiter der Bergedorfer Wasserwirtschaft wünscht sich, dass die Fließgeschwindigkeit bei Trockenwetter von zehn auf mindestens 30 Zentimeter pro Sekunde gesteigert wird.
Dauerströmung durch eine ausgebaggerte Schlickrinne
Eine Idee zur Aufwertung gilt der mäandernden Bille in Höhe der Brauereiteiche an der Chrysanderstraße. Hier könnte auf 300 Metern die Strömung beschleunigt werden, indem in den Kurven vor beiden Ufern ein Kies-Depot angelegt wird.
Zudem möge eine Kiesbank quer durch den dann eingeengten Fluss führen, mit einem Hinweis an die Kanuten natürlich: „Der Kies müsste gut 60 Zentimeter hoch sein, aber nicht aus dem Wasser ragen“, sagt Knut Larsen.
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Mehr Insekten, Fische und Amphibien sollen angelockt werden
Der Wasserbau-Ingenieur kam Ende 2019 ins Bergedorfer Bezirksamt und aktualisiert gerade die Machbarkeitsstudie der Umweltbehörde von 2017: Noch in diesem Jahr hofft er auf eine wasserrechtliche Genehmigung. Ende 2022, wenn Fauna und Flora ruhen, soll das Projekt umgesetzt werden.
Um eine breite Biodiversität zu gewinnen, mehr Insekten, Fische und Amphibien anzulocken, gilt das Augenmerk ebenso den beiden Brauereiteichen. Übrigens ist es eigentlich nur ein Teich, der durch einen Damm in zwei Bereiche getrennt ist, die durch eine Fußgängerbrücke verbunden werden.
Die Teiche stehen unter Denkmalschutz
Das Gewässer, das der Bergedorfer Anglerverein gepachtet hat, wirkt bei Überschwemmungen „als Entlastung, wie ein Bypass“, erklärt Wehling. Er will den Abfluss im Oberlauf nicht verändern, wohl aber den Einlauf etwas tiefer legen, „wobei die Anlieger natürlich keinen Rückstau merken dürfen“, betont er.
Damit die unter Denkmalschutz stehenden Teiche eine leichte Dauerströmung bekommen, müssen sie nicht komplett entschlammt werden, da reiche eine ausgebaggerte Schlickrinne. Aber müssen wirklich Lastwagen 3000 Kubikmeter Schlamm durch die schmale Chrysanderstraße fahren?
Gut 1,5 Millionen Euro sollen insgesamt investiert werden
„Wir prüfen noch, ob wir eine Filterpresse einsetzen können und somit – ohne Wasser – nur 1000 Kubikmeter auf die Sonderdeponie müssen“, sagt Larsen, der mit 800.000 bis eine Million Euro für das gesamte Projekt kalkuliert.
Und es wird nicht die einzige Maßnahme im Rahmen der europäischen Wasserrahmenrichtlinie sein, die bis 2027 umgesetzt wird: Auch die hohen Uferkanten vom Schleusengraben sollen für etwa 700.000 Euro umgestaltet werden, und zwar auf knapp 400 Metern in Höhe des Schilfparks. „Mit einer Flachwasserzone könnte das Ufer breiter und interessanter werden“, so der Wasserbau-Ingenieur.
Ein neues Refugium für Tieren und Pflanzen, nicht für den Menschen
Aber Vorsicht: Auch mit einer so genannten Berme, einem 30 bis 70 Zentimeter flachen Absatz, werde es keine Badebucht im Schleusengraben geben – wohl aber eine größere Vielfalt mit Schilf, Libellen und Fischen.
Ein Denkmal der Bergedorfer Industriegeschichte
Die unter Denkmalschutz stehenden Brauereiteiche gibt es seit dem Bau der Bergedorfer Actien-Bierbrauerei 1863/64. Weil sie neben den Bergedorfer Gasthäusern vor allem für den Export nach ganz Europa und sogar Afrika und Asien ausgelegt war, wurde am Ende der Chrysanderstraße ein mächtiges Brauhaus errichtet.
Daran erinnern bis heute die riesigen Gewölbe des Eiskellers, der das Bier auf konstant acht Grad kühlte. Das Eis für diese Kühlung wurde auf natürliche Art gewonnen: Die Brauerei legte gleich neben der Bille Teiche an, die mit Flusswasser geflutet wurden. Sie waren so flach, dass sie bei Frost schnell durchfroren und somit Eisblöcke entstanden.
Die Geschichte der Bergedorfer Brauerei, die seit 1874 den Namen Vereins-Brauerei der Hamburg-Altonaer Gastwirte trug, kurz Vereinsbrauerei, endete 1914. Die Holsten-Brauerei kaufte sie auf und legte sie still.
Die Gebäude verfielen, ihre Reste wurden in den 1970er-Jahren endgültig beseitigt und die Fläche mit Wohnhäusern überbaut. Als deren Fundament dient der wegen seiner an vielen Stellen über einen Meter dicken Mauern nie entfernte Eiskeller.