Bergedorf. Wenn das Haustier krank wird, kann das schnell teuer werden. Ein Verein hilft Bedürftigen – bittet aber auch selbst um Spenden.

Die Operation eines Kreuzbandrisses kann locker 800 Euro kosten – für einen liebgewonnen Hund. Teuer war auch die Behandlung von Kater Dickie, dessen Schilddrüse für 1000 Euro mit einer Radiojodtherapie therapiert wurde. „Und die Reinbeker Hündin Gina hatte entzündetes Zahnfleisch samt komplett verfaulter Zähne, die für 500 Euro saniert werden mussten“, berichten Kirsten Weitendorf und Thomas Rapp.

Das Bergedorfer Ehepaar gründete im März 2018 den Verein „Sozialfelle“, konnte bislang 200 kranken Tieren helfen – und ihren bedürftigen Besitzern. Letztere melden sich seit der Corona-Pandemie immer häufiger: „Die Zahl der Anträge hat sich fast verdoppelt, allein im ersten Halbjahr waren es schon 60“, sagen die Tierschützer, die von Kurzarbeit hören, von Kündigungen und Erwerbsunfähigkeitsrenten.

Verein für "Sozialfelle" braucht dringend Unterstützung

„Aber die Tiere sind wichtig und oft der einzige Bezugspunkt dieser Menschen, die arm und einsam sind“, sagt die Steuerfachangestellte Weitendorf (55) und weiß, dass auch Kinder trauern: „Da gibt es etwa diese kranke Wüstenrennmaus, die operiert werden muss. Aber die Eltern leben von Hartz IV und können das nicht bezahlen.“ Inzwischen stehen 15 Dauer-Patienten auf der Liste, die für monatlich 30 bis 50 Euro Medikamente brauchen, dazu eine regelmäßige Blutkontrolle. Diabetes, Niereninsuffizienz oder auch Blasenentzündungen werden diagnostiziert.

Das alles kann von den 36 Fördermitgliedern des Vereins nicht bezahlt. werden. „Zum Glück zehren wir noch von einer Großspende über 14.000 Euro, die wir am Jahresanfang durch ein Charity-Event der Gamer-Szene erhalten haben. Aber wir brauchen dringend mehr Unterstützung“, wirbt IT-Fachmann Thomas Rapp (56) und gibt gern das Vereinskonto DE 34 2019 0109 0001 0367 50 bei der Volksbank Stormarn bekannt.

Unterstützt werden kann auch mit Patenschaften für Tiere

Sehr willkommen sind auch Patenschaften: So unterstützt etwa Juwelierin Tanja Zieroth aus Bergedorfs Fußgängerzone Sachsentor regelmäßig den Labrador-Mischling Benni. Das 14-jährige Tier leidet an Arthrose und ist dankbar für seine Physiotherapiestunden auf dem Unterwasserlaufband.

Nicht immer ist Geld entscheidend, auch Zeitspenden werden gebraucht: Derzeit 20 Ehrenamtliche kümmern sich um Tiere wie Randa aus Lohbrügge. Die Französische Bulldogge hat bösartige Tumore an der Säugeleiste, braucht Spezialfutter und Gassigänger. „Ihr Frauchen ist leider selbst krank und schafft keine langen Spaziergänge mehr“, erklären die Helfer. Zusätzlich fahren sie monatlich zum „Hamburger Gabenzaun“ am Hauptbahnhof, um Futterspenden abzugeben. „Auf Anfrage bringen wir auch Leinen, Spielzeug, Fressnäpfe oder Transportboxen zur Abgabestelle im Karoviertel“, sagt Thomas Rapp.

Mehrfach schon hatten Fernsehproduktionen angefragt, um über den Bergedorfer Verein zu berichten. Aber ein für Spenden so wichtiger TV-Dreh kam nie zustande: „Viele Halter schämen sich, wenn sie ihr Tier nicht gut versorgen können. Und eine Frau mochte ihren Hund nicht im Fernsehen zeigen, weil sie vom Ex-Freund gestalkt wird.“ So komme eben selten ein Elend allein – aber gerade zu Corona-Zeiten seien Alleinstehende, arbeitslose Familien, psychisch Kranke oder auch Obdachlose auf die Hilfe des Vereins angewiesen.

Besonders in den Ferien werden Haustiere ausgesetzt

Spontan und unüberlegt wurden zu Corona-Zeiten oft Hunde-Welpen im Internet gekauft. Viele Halter sind nun überlastet, empfinden die Tiere gerade in Sommerferien als lästig. Und so fürchtet der Hamburger Tierschutzverein, dass wieder viele Tiere in Wäldern, auf Raststätten oder Parkplätzen ausgesetzt werden: Allein bis Juni zählte der Verein bereits 100 so „entsorgte“ Tiere in und um Hamburg. „Vier Pfoten“, eine Stiftung für Tierschutz, fordert eine bundesweite Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht. Sie könnte das Aussetzen von Tieren reduzieren und die Verantwortlichen schneller ermitteln.