Hamburg. Hamburgweit sinkt die Anzahl junger Tatverdächtiger um 9,5 Prozent, im Bezirk Bergedorf um 4,7 Prozent. Gibt es kriminelle Hotspots?
Großes Aufatmen bei den Jugendhilfe-Politikern in Bergedorf: Zuletzt reagierten sie entsetzt über die große Zunahme gewalttätiger Kinder im Bezirk, allein bei den Rohheitsdelikten waren die Taten der unter 15-Jährigen um zwölf auf 90 gestiegen, so die Polizei, die von einem „massiven, aggressiven Fehlverhalten“ sprach. Jetzt aber, mit Blick auf die neue Polizeistatistik aus dem Jahr 2020, kann André Vollmer in Sachen Kinder- und Jugenddelinquenz grünes Licht geben: „Die Tendenz ist deutlich sinkend. War es zuletzt ein Plus von 15 Prozent an tatverdächtigen Kindern, konnten wir im vergangenen Jahr sogar ein Minus von 20 Prozent verzeichnen.“
Insgesamt gab es im Bezirk 3213 Tatverdächtige (123 mehr als im Vorjahr). Während darunter 160 Kinder und 290 Jugendliche an Straftaten beteiligt waren, waren es 257 in der Gruppe der Heranwachsenden (18 bis 21 Jahre), deren Beteiligung im Vergleich zum Vorjahr um 4,5 Prozent stieg – das sind genau elf Taten.
Im Bezirk Bergedorf gibt es weniger junge Tatverdächtige
Bleiben wir bei den Heranwachsenden, so zeichneten sie 2020 für 13 Raubdelikte verantwortlich, zwei mehr als im Vorjahr. Kinder hingegen verübten zwar acht Raub- oder so genannte „Abziehdelikte“ (sieben mehr als im Vorjahr). Anschließend jedoch folgen im Vollmers Statistik nur noch Zahlen in schönster, „grüner Schrift“: Bei Körperverletzungen (auch schwerer), etwa auf Straßen, Wegen und Plätzen ist in sämtlichen Altersklassen unter 21 Jahren ein deutliches Minus verzeichnet.
„Das sind erfreuliche Zahlen, aber nun sind wir seit 14 Monaten mit der Pandemie beschäftigt. Ist die Senkung an Straftaten vielleicht einfach nur ein Grund an Mangel an Gelegenheiten?“, fragte Petra Petersen-Griem (SPD) im Jugendhilfe-Ausschuss. Das sei eher spekulativ, entgegnetet André Vollmer, der ebenso wenig eine erfolgreichere Präventionsarbeit bescheinigen mag. Schließlich hat es auch die angesichts von Homeschooling weit weniger als üblich gegeben. Es sei wohl eine Gemengelage aus beiden Perspektiven, so der Polizist.
Im Landgebiet geht es nicht immer betulich zu
Auf Nachfrage der CDU konnte er indes versichern, dass es keinen kriminellen Hotspot im Bezirk gebe: „Wir haben keinen besonderen Fokus auf einen bestimmten Bereich.“ Interessant ist aber doch ein Blick auf die vier Regionen, die von der Polizei unterschieden werden: Im Bergedorfer Kern-Gebiet wurden 942 Tatverdächtige gezählt, davon 187 unter 21 Jahren, somit 22 weniger als im Vorjahr.
Neuallermöhe geht mit 662 Tatverdächtigen in die Statistik ein, 216 von ihnen sind jung, das ist bloß einer weniger als 2019. Hier reißen vor allem die Heranwachsenden heraus, die sieben Raubdelikte und 16 Körperverletzungen verübten.
887 Tatverdächtige gab es im Stadtteil Lohbrügge, davon 187 unter 21 Jahren – das sind zwölf weniger als zuvor. Auch die Vier- und Marschlande blieben ruhig: Von insgesamt 771 Tatverdächtigen waren 128 jünger als 21 Jahre (vier weniger als im Vorjahr). Dabei geht es nicht immer betulich zu im Landgebiet: Erst vorgestern musste die Polizei vermelden, dass sich Jugendliche Auf dem Sülzbrack gestritten haben. Ein 18-Jähriger aus Kirchwerder geriet mit zwei Lohbrüggern (15) aneinander. Der Ältere hatte ein Messer dabei und musste eine Kopfplatzwunde im Krankenhaus behandeln lassen, weitere Details werden noch ermittelt – und fließen in die nächste Statistik ein.
Zahl aller Tatverdächtigen steigt im Bezirk Bergedorf
Doch mit Statistiken ist das immer so eine Sache, wenn man genau hinschaut: Während im Großen und Ganzen stadtweit gejubelt wird, weil die Jugendkriminalität insgesamt um 9,5 Prozent auf 11.587 Tatverdächtige gesunken ist, hinkt der Bezirk deutlich hinterher, sieht es hier nicht ganz so friedlich aus: Zwar ist die Zahl der jugendlichen Tatverdächtigen hier von 742 auf 707 gesunken – aber das macht im Vergleich zum Vorjahr nur ein Minus von 4,7 Prozent aus – also gerade mal die Hälfte. Es gab folglich genau 35 junge Tatverdächtige weniger als 2019.
„Das ist ja aber trotzdem nicht schlecht und immerhin ein Rückgang“, meint der Polizei-Jugendbeauftragte André Vollmer.
Auch das Gesamtbild aller Tatverdächtigen (inklusive der Erwachsenen) ist im Bezirk ein anderes: Währen in ganz Hamburg die Zahl um 3,4 Prozent zurückging, stieg sie im Bezirk Bergedorf um 3,4 Prozent.