Hamburg. Es ist ein heftiger Streit entbrannt: SPD, Grüne und FDP gehen am Donnerstag ohne eigenen Antrag in die Bezirksversammlung.
Die Tagesordnung der Bezirksversammlung am kommenden Donnerstag macht es überdeutlich: Es gibt einen heftigen Krach in der Koalition aus SPD, Grünen und FDP. So heftig, dass sich die drei Fraktionen auf keinen einzigen Antrag einigen konnten, um ihn fristgemäß für die April-Sitzung anzumelden. Die fast 50 Tagesordnungspunkte haben nun alle CDU, Linke und AfD bestimmt, die seit Gründung der Koalition im Januar 2020 auf der Oppositionsbank sitzen.
Zur offiziellen Begründung ihrer Arbeitsverweigerung zieht Bergedorfs politische Mehrheit einen gut sechs Monate alten einstimmigen Beschluss der Bezirksversammlung hervor: „Wir haben uns verpflichtet, in der Corona-Pandemie nur wirklich dringliche Anträge einzubringen, um die Verwaltung in dieser schwierigen Zeit nicht unnötig zu belasten.
Bergedorfer Koalition ist zerstritten - kein Antrag eingereicht
Und aktuell gibt es nichts Dringliches“, sagte Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Joachim Schöfer am Freitag auf intensive Nachfrage unserer Zeitung. Die Fraktionsvorsitzenden Frauke Rüssau und Heribert Krönker meldeten sich gar nicht.
Tatsächlich geht nach unseren Informationen ein tiefer Riss durch die Koalition, den vor allem die Grünen zu verantworten haben. Nachdem es in der Vergangenheit schon mehrere nicht abgesprochene öffentliche Vorstöße gegen Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag gab, hat jetzt offenbar die sperrige Basisdemokratie der Grünen das Fass zum Überlaufen gebracht.
Jeden politischen Vorstoß der Koalition will die Öko-Partei erst im Kreis ihrer erweiterten Fraktion erörtern und beschließen, bevor sie mit SPD und FDP auf einen Antrag geht. Umgekehrt sollen die aber akzeptieren, was die grüne Basis für gut befindet. Ein Demokratieverständnis, das jetzt vor allem der SPD der Kragen platzen ließ.
Auch Katja Kramer (SPD) beruft sich auf die Corona-Vereinbarung
Dass es sich Anfang April so zugetragen hat, als die Koalition beim Versuch scheiterte, ihre Themen für die Bezirksversammlung abzustimmen, lässt SPD-Fraktionschefin Katja Kramer offen. Auch sie beruft sich auf die Corona-Vereinbarung und ergänzt: „Ich muss die Opposition enttäuschen: Unsere Koalition wird es weiter geben.“
Ähnlich zuversichtlich äußert sich FDP-Kollegin Sonja Jacobsen: „Natürlich hat eine Koalition aus drei Partnern viel Diskussionsbedarf. Aber wir werden auch diese Hürde nehmen – allein schon aus Verantwortung für Bergedorf. Nur eine klare politische Mehrheit kann verhindern, dass der Hamburger Senat bis hierher durchregiert.“ Ihr Ziel sei es, die Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode Mitte 2024 zu erhalten.
Geschäftsordnung der Bezirksversammlung wurde geändert
Die Opposition sieht das natürlich anders. Sie wirft der Koalition vor, ihre 25:20-Stimmenmehrheit zu nutzen, um den anderen drei Fraktionen jegliche Hintergrundinformationen vorzuenthalten. Sämtliche traditionellen Arbeitskreise mit dem Bezirksamt, etwa zur Entwicklung von Bergedorfs City oder der Vier- und Marschlande, seien ausgesetzt.
Sogar die Geschäftsordnung der Bezirksversammlung wurde so geändert, dass Anträge nicht mehr einfach in den Ausschüssen eingebracht, sondern zuvor von der Mehrheit in der Bezirksversammlung genehmigt werden müssen. „Verantwortung für Bergedorf sieht anders aus“, sagt CDU-Fraktionschef Sven Noetzel.
Ob die Koalition platzt, wird das erste Mai-Wochenende zeigen
Ob die Koalition tatsächlich platzt, wird das erste Mai-Wochenende zeigen: Die ohnehin angesetzte Online-Klausurtagung ist zum Koalitions-Ausschuss hochgestuft worden, um grundsätzlich über die Zukunft zu diskutieren.
Wie tief der Riss bereits ist, dürfte bei der Bezirksversammlung zu beobachten sein, wo natürlich alle Abgeordneten von SPD, Grünen und FDP dabei sind. Interessant ist, wie sie die Anträge der Opposition diskutieren und abstimmen. Die Online-Sitzung beginnt um 18 Uhr und wird auf YouTube übertragen unter „Bezirksversammlung Bergedorf“.