Hamburg. Direktor Prof. Dr. Robi Banerjee kämpft für professionelle Öffentlichkeitsarbeit – auch damit die Bewerbung um den Titel klappt.
Sternwarten-Direktor Prof. Dr. Robi Banerjee hat ein Tabu gebrochen. Der 54-jährige will seinem Observatorium auf dem Gojenberg in Bergedorf nämlich jenen Ruhm verschaffen, den die fast 110 Jahre alte Hamburger Sternwarte nach Meinung etlicher Experten längst verdient hätte: den Titel „Weltkulturerbe“.
Sternwarte Bergedorf: Konkreter Etat gefordert, statt politischer Begeisterung
Davon sprechen zwar auch Politiker wie die zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank oder Kultursenator Dr. Carsten Brosda, spätestens seit sie im Juni 2019 den für 3,5 Millionen Euro sanierten Kuppelbau „Großer Refraktor“ auf der Sternwarte einweihten. Aber Robi Banerjee schwingt keine großen Reden. Er fordert einen festen Etat.
Ganz praktisch hat der Experte für theoretische Astrophysik deshalb ein 21 Seiten langes Konzept geschrieben, das Wege zur Professionalisierung der für die Entscheider der Unesco so wichtigen Öffentlichkeitsarbeit aufzeigt. Bisher basiert die in Bergedorf allein auf Ehrenamtlichen und dem freiwilligen Engagement etwa der Wissenschaftler.
37.000 Sternwarten-Besucher pro Jahr, Tendenz steigend
Unter dem Titel „Astronomie-Campus Hamburger Sternwarte“ belegt Robi Banerjee detailliert, dass diese Konstruktion angesichts von jetzt schon mehr als 37.000 Besuchern pro Jahr verändert werden muss. Vor allem wenn es der Hamburger Senat ernst meint mit seiner Ankündigung, diese international einzigartige Anlage im Oktober auf den Bewerbungsweg zu Hamburgs zweitem Weltkulturerbe neben der Speicherstadt zu schicken.
„Hamburg besitzt im Gegensatz zu vielen anderen Großstädten wie Berlin oder München keine Volkssternwarte“, schreibt Banerjee. „Unser Observatorium ist aber wesentlich besser ausgestattet als jede dieser Einrichtungen.“ Zudem wachse das Interesse der Öffentlichkeit rasant, vor allem bei jungen Menschen. Kein anderes Observatorium sei mit dem Bergedorfer vergleichbar: „Hier steht trotz des Alters von über 100 Jahren eine voll funktionsfähige Sternwarte, die zudem Arbeitsplatz der Astrophysiker der Universität Hamburg ist.“ Genau das sei die Basis, eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit die Kür, um Hamburg in seiner Vision als „Standort der Wissenschaft“ voranzubringen – und nebenbei die Vorgaben der Welterbe-Juroren der Unesco für ein lebendiges Technikdenkmal zu erfüllen.
Konzept fordert eine Vollzeitstelle und zwei geringfügig Beschäftigte
Angesichts der großen Ziele, sind Banerjees finanzielle Wünsche klein: Nur eine Vollzeitstelle sowie zwei geringfügig Beschäftigte plus einen kleinen Werbe- und Honorartopf stehen im Konzept, dazu Investitionen in einige Räumlichkeiten. Eine genaue Summe wird nicht genannt. Allerdings kann sich der Sternwarten-Direktor den Hinweis auf die üppige Ausstattung etwa der Stiftung Planetarium Berlin nicht verkneifen, zu der unter anderem die Sternwarte Potsdam gehört: Der Jahresetat liegt dort bei 2,46 Millionen Euro, es gibt 28,5 Vollzeitstellen, bei rund 300.000 Besuchern.
Wie weit Hamburg von solchen Verhältnissen entfernt ist, zeigt ein kleines Detail in Banerjees Konzept: Es stammt bereits aus dem September 2019, wurde kurz nach der feierlichen Wiedereröffnung des „Großen Refraktors“ mit den vielen Politiker-Reden geschrieben. Und genauso lange kämpft der Wissenschaftler schon um Gehör bei der Universität und der Behörde für Wissenschaft sowie der für Kultur. „Niemand fühlt sich verantwortlich. Seit eineinhalb Jahren werde ich immer von einem zum nächsten geschickt“, bedauert der Professor.
Kulturbehörde: „Öffentlichkeitsarbeit kein entscheidender Faktor“
Das bestätigt eine Anfrage unserer Zeitung, die wir diese Woche in identischem Wortlaut an alle drei Institutionen geschickt haben. Die Wissenschaftsbehörde schreibt, dass schon die Sanierung des „Großen Refraktors“ ein Bekenntnis der Stadt für die Sternwarte gewesen sei. Die Universität antwortet, dass „bei der Finanzierung der Sternwarte verschiedene Akteure involviert“ seien. Und die Kulturbehörde ergänzt, dass über die Frage der Bewerbung als Welterbe noch ein Expertengutachten ausstehe, die Qualität der Öffentlichkeitsarbeit aber „kein entscheidender Faktor“ für die Chancen im Verfahren sei.
Derweil drängt die Zeit: Die umfangreichen Bewerbungsunterlagen müssen bis 31. Oktober bei der Kultusministerkonferenz eingegangen sein, soll die Sternwarte bis 2035 eine Chance auf den Titel Weltkulturerbe haben.