Hamburg. Die VHH stellt sich hinter ihre Busfahrerin und spricht von einer „Verkettung unglücklicher Umstände“. Richter sehen das anders.

Die Busfahrerin, die am 13. Mai 2020 einen Linienbus in den gläsernen Vorbau des ZOB Bergedorf steuerte und dabei Mauerwerk und Rolltreppe bis hinunter zum Bahnhof Bergedorf zerstörte, ist vom Amtsgericht Bergedorf zu einer Geldstrafe in Höhe von 3600 Euro verurteilt worden. Der 58-Jährigen bleibt damit ein mögliches öffentliches Verfahren vor Gericht erspart.

Nach ausgiebiger Auswertung der Aktenlage beantragte die Staatsanwaltschaft am 25. Januar 2021 einen Strafbefehl „wegen fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen“ beim hiesigen Amtsgericht. Zwei Wochen hätte der Arbeitgeber der 58-Jährigen, also die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH (VHH), dagegen Einspruch erheben können, bevor ein Richter den Strafbefehl erlässt.

Bus-Unglück in Bergedorf: "Menschliches Versagen"

Doch darauf wurde verzichtet, denn: „Wenn Einspruch eingelegt worden wäre, hätte es auch einen Termin zur Hauptverhandlung gegeben“, weiß Dr. Kai Wantzen, Sprecher des Hamburger Landgerichts. Das wollten die VHH offenbar vermeiden.

Grund für den Strafbefehl: Die Hamburger Staatsanwaltschaft sah es als erwiesen an, dass die VHH-Fahrerin an jenem Mittwoch um 13.45 Uhr „leicht zu schnell“ aus dem Wartebereich zur Abfahrinsel am ZOB Bergedorf vorgefahren und aufgrund „menschlichen Versagens“ die Kontrolle über ihr Gefährt verloren hatte.

Bus war in der Mauer steckengeblieben

Der Bus schoss über die 20 Zentimeter hohe Bordsteinkante hinweg, durchbrach die Glaskuppel und blieb in der Mauer über der Rolltreppe stecken. Technisches Versagen als Ursache konnte sehr schnell von der Kriminaltechnik ausgeschlossen werden.

Bei dem Unfall wurden damals ein VHH-Azubi, der mit im Bus fuhr, sowie ein Kollege (49), der vor der Kuppel wartete und vom 18-Tonnen-Bus gestreift wurde, leicht verletzt. Auf der Rolltreppe befand sich zum Unglückszeitpunkt kein einziger Mensch. Erst vor rund zwei Wochen wurde die Fahrtreppe ausgetauscht, sie war seit dem Unfall nicht in Betrieb gewesen.

Zivilklagen sind nicht bekannt

Strafrechtlich ist der Fall abgeschlossen, mögliche zivilrechtliche Klagen beispielsweise der Deutschen Bahn als Betreiber des Gebäudes bezüglich Schadenersatzforderungen sind nicht bekannt. Die Busfahrerin ist zurück im Fahrdienst, nachdem sie sich psychologischen und medizinischen Tests unterzogen und auch eine Fahrprüfung in der hauseigenen Fahrschule bestanden hat.

„Wir machen unser Busfahrerin keinen Vorwurf und stehen hinter ihr“, sagt VHH-Sprecherin Christina Sluga. Diese Einschätzung werde auch durch die Analyse der Videoaufnahmen gestützt, „es konnte kein Fehlverhalten festgestellt werden“.

Bus-Unglück sei Sonderfall, der nur selten vorkommt

Aus Sicht der VHH sei der Unfall eine „Verkettung unglücklicher Umstände, die zu diesem bedauerlichen Vorfall geführt haben“, so Christina Sluga, die betont: „Ein Sonderfall, der nur sehr selten vorkommt.“ Ansonsten möchte sich das Beförderungsunternehmen nicht zum Strafmaß äußern – auch nicht zu der Frage, ob es die Geldstrafe selbst bezahlt hat.